Die Grünen haben vorgelegt. Ihre Dezernenten stehen bereits drei Tage vor der Ratssitzung fest. Mit William Wolfgramm und Ascan Egerer kann die stärkste Fraktion im Stadtrat zwei Kandidaten vorschlagen, die die Anforderungsprofile weitgehend erfüllen – auf dem Papier jedenfalls.
William Wolfgramm, bislang nur Insidern als stiller, aber kompetenter Macher bekannt, der weitgehend geräuschlos die Geschäfte der OB organisierte, muss nun raus ins manchmal grelle Licht der Öffentlichkeit. Und dort den Spagat vollziehen, das Megathema Umwelt mit seiner ganz besonderen Bedeutung für die Grünen gegen die vielfältigen Anforderungen seiner Mit-Dezernenten zu einem Gewinnerthema zu machen. Keine leichte Aufgabe, allerdings hat Wolfgramm den Startvorteil, dass er die Arbeit der Kollegen (und nun manchmal auch Konkurrenten) an der Stadtspitze jahrelang aus nächster Nähe beobachten konnte. Fehler wie die seines Vorgängers Harald Rau, dem die OB bei manchem Umweltthema kurzerhand Sprechverbot erteilte, wird Wolfgramm zu vermeiden wissen.
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Auch Ascan Egerer, der zweite grüne Dezernent, beackert mit dem Verkehr ein grünes Herzensthema, wenn auch ein relativ neues. Dass sich seine Karriere ausschließlich im ÖPNV abgespielt hat, passt ins Bild – auch wenn die Grünen, anders als gerade in Wahlzeiten gerne kolportiert, das Auto gar nicht völlig abschaffen wollen. Doch dass auf den Kölner Straßen ohne deutliche Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs, dessen heutige Ausdehnung und Taktung sich im Wesentlichen immer noch anfühlen wie vor 40 Jahren, der Verkehrsinfarkt droht, ist längst auch der CDU klar.
Mit Blick auf die eigene Klientel war es taktisch nicht unklug, genau das Dezernat, in dem in den nächsten Jahren die weitreichendsten und unbequemsten Entscheidungen anstehen, an die Grünen abzugeben. Zudem es Andrea Blome, Egerers Vorgängerin von der CDU, nicht vermochte, auf diesem Feld entscheidende Akzente zu setzen.
Riesiger Nachholbedarf bei der Digitalisierung
Dafür soll nun Niklas Kienitz zuständig sein. Der Noch-Fraktionsgeschäftsführer der CDU gebietet in seinem jetzigen Job über sieben Mitarbeiter, künftig sind es mehrere hundert. Doch Führung kann man lernen, auch als Stadtentwicklungsdezernent. Es sollte nur schnell gehen, denn das neu zugeschnittene Dezernat bündelt gleich mehrere Zukunftsthemen, allen voran die Digitalisierung der Stadt und ihrer Verwaltung. Hier ist der Nachholbedarf riesig – und der Frust der Kunden ebenfalls angesichts des unverändert analogen Umgangs mit den Themen in allen Bereichen, egal ob in der Meldehalle oder auf dem Bauamt.
Zudem wird Kienitz zunächst auch in die eigene Partei hineinwirken müssen. Gerade dort nämlich gab es, wie zu hören war, ernstzunehmende Vorbehalte gegen ihn. Die durch seine Unterschrift unter dem Geheimpapier zur Stadtwerkeaffäre vor drei Jahren nicht kleiner geworden sein dürften.
Hoffnung für das Kulturdezernat
Nein, es lief nicht ganz rund bei der CDU. Zwar wollte Parteichef Bernd Petelkau es eigentlich den Grünen gleichtun. Doch den zweiten Job, für den die Union sich das Vorschlagsrecht ausbedungen hatte, konnte er bis zu Ratssitzung nicht mehr besetzen. Das Kulturdezernat bleibt also erstmal vakant. Was die Hoffnung nährt, dass hier nach gezielter Kandidatensuche und intensivem Verfahren nach der Sommerpause jemand gefunden wird, bei dem Parteibücher, Stallgeruch oder innerparteiliche Machtspiele dann vielleicht mal keine Rolle spielen. Eine Expertin, ein Fachmann für Kultur, aber mit Mut und Leidenschaft. Und vor allem: jemand, dem es einzig und allein um die Sache geht.