AboAbonnieren

Trotz guter BilanzKölner Stadtwerke müssen sparen – Verkehrswende vor dem Aus

Lesezeit 4 Minuten
Eine KVB-Bahn am Neumarkt.

Eine KVB-Bahn am Neumarkt.

Noch geht es den Stadtwerken gut, sie machen Gewinn. Doch die städtischen Firmen fordern vom Stadtrat Entscheidungen, was er bezahlen will.

Die Kölner Stadtwerke (SWK) haben 2023 ihr Jahresergebnis auf 88 Millionen Euro verbessert — trotzdem steht die Verkehrswende in Köln im angestrebtem Umfang vor dem Aus. Das ist eine der Erkenntnisse der SWK-Bilanzpressekonferenz am Freitag. Laut Stefanie Haaks, Vorstandsvorsitzender der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB), sind nur der Ausbau der Ost-West-Achse und der Nord-Süd-Stadtbahn angesichts der finanziellen Probleme der Stadt noch sicher.

Über alle anderen Projekte muss die Politik entscheiden, wofür Geld da ist — die SWK haben dem Stadtrat deshalb ein Ergebnissicherungskonzept vorgelegt. Das meint: Der Stadtrat muss entscheiden, wofür noch Geld da ist. Andreas Feicht, Chef der Rhein-Energie und Vorsitzender der SWK-Geschäftsführung, sagte: „Wir brauchen eine Entscheidung bis 2026.“ Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was bedeutet das Ergebnis?

Dass es den Stadtwerken noch gut geht, mit der Betonung auf noch. 2022 lag der Jahresüberschuss bei 68,4 Millionen Euro, im Vorjahr waren es 19,6 Millionen Euro mehr, ein Plus von 28,7 Prozent.

Warum ist das Ergebnis wichtig für die Bürgerinnen und Bürger?

Weil die SWK die städtischen Betriebe vereinen, also unter anderem die Rhein-Energie, die KVB, die Häfen und Güter AG (HGK), die Köln-Bäder und Netcologne. Und von den 88 Millionen Euro zahlen die SWK 50 Millionen Euro an den städtischen Haushalt. Verdienen die Stadtwerke weniger Geld, erhält die Stadt weniger und muss schauen, wie sie diese fehlende Summe auffängt. Die Stadt hat gerade die Aufstellung ihres Haushalts verschoben, weil sie ebenfalls stark sparen muss. Zur Einordnung der 50 Millionen Euro der SWK muss aber gesagt werden: Der Haushalt der Stadt Köln ist mittlerweile zwischen 5,5 und 5,8 Milliarden Euro groß.

KVB-Chefin Stefanie Haaks.

KVB-Chefin Stefanie Haaks.

Und wie geht es weiter?

Laut Feicht können die Stadtwerke Stand jetzt ab 2027 der Stadt kein Geld mehr ausschütten. Zum einen ist die konjunkturelle Lage schwieriger geworden und die Zinsen sind gestiegen — auf der anderen Seite steht aber ein Investitionsbedarf von rund zehn Milliarden Euro bis 2035, damit die Stadt Köln mittels Energie- und Verkehrswende die Klimaneutralität erreicht. Doch dafür fehlt den städtischen Unternehmen das Geld. Laut der SWK-Geschäftsführer Feicht, Haaks und Michael Theis ist die Politik in der Pflicht.

Was muss die Politik entscheiden?

Das lässt sich am Beispiel der KVB gut darstellen. Für das Unternehmen liegt ein ÖPNV-Netzentwicklungsplan für die Jahre nach 2032 vor. Doch wie Haaks klarmachte, sind eben nur die Ost-West-Achse und die Nord-Süd-Bahn als Ausbauprojekte gesichert, „weil beide Projekte einen extrem hohen verkehrlichen Nutzen haben und schon sehr weit fortgeschritten sind“. Damit ist die Zukunft von unter anderem der geplanten Stadtbahnverlängerung nach Niederaußem, des Bahnanschlusses Neubrück oder der Verlängerung der Linie 13 unklar.

Gab es zuletzt etwas Vergleichbares?

Ja, im Oktober 2022 legte die Stadtverwaltung eine Liste mit mehr als hundert ihrer Großbauprojekte mit einem Volumen von rund acht Milliarden Euro vor. Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) sagte damals: „Wir haben für alles, was wir vorsehen, Beschlüsse. Das heißt, man kann es umsetzen, muss es aber nicht.“ Das müsse die Politik abwägen — doch bis heute hat sich nichts Wesentliches getan und nächstes Jahr ist ein Wahljahr. Dass die „Historische Mitte“ am Dom nicht umgesetzt wird, liegt am Rückzug der Kirche als Partner und nicht an einer Entscheidung des Rates.

Können die SWK-Betriebe nicht mehr sparen?

Laut Theis haben sie das getan, kamen aber nur auf eine Ersparnis von 100 Millionen Euro, beispielsweise durch weniger Buslinien. „Das reicht aber nicht“, sagt Theis. Das Trio hofft auf Fördergelder von Bund und Land, doch auch dort ist die Situation ähnlich wie in Köln.

Wie ist die Situation der einzelnen Unternehmen?

Traditionell machen die KVB und die Bäder-Betriebe Verluste, das liegt unter anderem daran, dass bei der KVB die Preise politisch festgelegt werden. Die KVB hat 2023 insgesamt 131,4 Millionen Euro Verlust eingefahren (Vorjahr: 143,5 Millionen Euro). Bei den Bädern sind es 19,8 statt zuvor 19 Millionen Euro Verlust. Die Ergebnisse der anderen Unternehmen liegen im Plus: Rhein-Energie 164,3 Millionen Euro (Vorjahr: 168,5), Netcologne 17,9 Millionen Euro (17,6), HGK 13,3 Millionen Euro (11,9), Abfallwirtschaftsbetriebe Köln 21,7 Millionen Euro (19,8), Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft 26,2 Millionen Euro (21,8) und Moderne Stadt 2,3 Millionen Euro (1,8).

Wie viel Minus ihrer Verlustbringer können die Stadtwerke denn verkraften?

Laut Feicht sind 180 Millionen Euro Jahresverlust von KVB und Bäder machbar. Voriges Jahr waren es zusammen genommen 151,2 Millionen Euro, demnach wären noch knapp 30 Millionen Euro Luft. Doch interne Szenarien sehen deutlich höhere KVB-Verluste vor von bis zu rund 300 Millionen Euro, wenn wie geplant ausgebaut wird. Deshalb muss gespart werden.