- Aktionismus und jahrelange Diskussionen über die immergleichen Probleme statt echten Agierens – das ist fatal für eine vulnerable Stadt wie Köln.
- Es fehlt an Führung und Mut zu klaren Entscheidungen. Anzulasten ist das aber nicht allein der Oberbürgermeisterin.
- Denn Taktieren ist vor allem auch bei anderen Verantwortlichen zum Erfolgskriterium geworden.
- Ein Kommentar.
Köln – Es ist Sommer in Köln. Fragt sich nur, der Sommer welchen Jahres? Die Klage über den Zustand der Ringe – 30 Jahre alt. Der Niedergang der Hohe Straße – ein Thema schon vor der Jahrtausendwende. Die Zustände auf dem Neumarkt – so katastrophal wie eh und je. Die Idee, den zubetonierten Brunnen wieder zu öffnen und so die Aufenthaltsqualität auf dem zentralen innerstädtischen Platz zu verbessern, wurde ebenfalls schon vor Jahren diskutiert. Eine Stadt in der Zeitschleife – und niemanden scheint es zu stören.
Köln hat es zu einer seltenen Meisterschaft gebracht, sich im Kreis zu drehen und so die vorhandenen Kräfte sinnlos zu vergeuden. Denn Kreisbewegungen führen nicht zu Fortschritten, sondern zu Stillstand.
Woran es fehlt, ist eine Führung mit dem Mut zu klaren Entscheidungen. Führung in Köln will offenbar keinem wehtun, will niemanden verprellen, erhebt das allgemeine Wohlgefühl zum ultimativen politischen Rational. Dementsprechend folgt politisches Handeln stets dem Prinzip, die Dinge offenzuhalten – damit am Ende auch das Gegenteil von dem getan werden kann, was beschlossen wurde.
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Solches Lavieren führt zwangsläufig dazu, dass strittige Themen unentwegt vor sich hin köcheln. Aktionismus statt echten Agierens – das ist fatal für eine vulnerable Stadt wie Köln, in der jetzt die Weichen für das Prosperieren und die Lebensqualität künftiger Generationen getroffen werden müssten.
Die drängenden Zukunftsthemen liegen auf dem Tisch: die Verkehrswende, die digitale Transformation, das ökologisch und sozial verträgliche Wohnen. Es genügt nicht, sich mit der Aussicht auf weiteres Wachstum der Stadtbevölkerung zu begnügen. All diesen Menschen muss Köln auch Perspektiven bieten! Doch die Stadt ist dabei, ihre Zukunft zu verschlafen.
Anzulasten ist das nicht allein – und nicht einmal zum größten Teil – der Oberbürgermeisterin. Die sie tragenden Parteien sind als dynamische Faktoren der Stadtentwicklung im Grunde ein Totalausfall. Statt dass sich aus dem reiz-vollen Bündnis von Schwarz und Grün, den derzeit auch bundesweit dominierenden politischen Kraftzentren, eine inhaltlich produktive Reibung ergibt, hat sich die CDU für das Projekt Machterhalt mit geringstmöglichem Aufwand entschieden. Und auch bei den Grünen ist das Taktieren zum Erfolgskriterium geworden.
Desolate Lage der SPD
Das lässt sich an dem sogenannten Wahlkampf ablesen, mit dem die Parteien auf die Kommunalwahl im September zugehen. Henriette Reker braucht unter den gegebenen Umständen nur keine allzu gravierenden Fehler zu machen. Dem Herausforderer Andreas Kossiski von der SPD, dessen Ambition man angesichts der desolaten Lage seiner Partei fast schon bewundern muss, ist es bisher nicht gelungen, Reker in Bedrängnis zu bringen.
Nach den Sommerferien bleiben bis zur Wahl nur noch wenige Wochen. Corona wird die Aufmerksamkeit der Menschen weiter absorbieren. So könnten die Wahlkämpfer versucht sein, sich im Windschatten der Pandemie zum Zieldatum 13. September zu dösen. Das sollte man ihnen nicht durchgehen lassen. Klare Ansagen der Bewerber sind gefragt: Wie wollen sie – endlich – mehr Wirksamkeit entfalten? Was sind ihre konkreten Ziele, an denen sie ihre Arbeit und die der Verwaltung messen lassen?
Es wäre fatal, wenn Köln bis 2025 wieder nur eine Runde in der Zeitschleife dreht.