Köln – In Köln wird jetzt nicht mehr nur fürs Klima gestreikt. Angesichts von Schulbaunotstand und Sanierungsstau gehen Kölner Schüler jetzt während der Schulzeit auch dafür auf die Straße, dass in ihren Schulen endlich etwas passiert. Unter dem Motto „#KreuzgasseStattRanzgasse – wir streiken bis ihr renoviert“ zogen mehr als 150 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Kreuzgasse nach einer Kundgebung auf der Wiese vor ihrer Schule in einem offiziell angemeldeten Demonstrationszug zunächst vor die Bezirksregierung und anschließend vor das Rathaus, um auf die Lage ihrer Schule aufmerksam zu machen.
Schwänzen für die Sanierung
Unterricht schwänzen und kämpfen für bessere Bedingungen „für die Schülergeneration nach uns“ – drunter mache man es nicht, verkündete Thea Reinhardt (13) auf der Kundgebung durchs Megafon. „Schulstreik für die Kreuzgasse“ stand auf einem überdimensionalen Banner. Seit knapp 20 Jahren wartet die Schule nun auf die versprochene Sanierung. Und das, was die Schülerinnen und Schüler über den Zustand ihrer Schule im Stakkato auflisten, klingt übel: Die von Schwarzschimmel zersetzte Turnhalle wurde nach acht Jahren Sperrung kürzlich abgerissen. Im Hauptgebäude gebe es Rohrbrüche, Fenster fielen aus der Verankerung, im Bio-Raum seien letztlich Teile von der Decke gefallen, es gebe Löcher in den Wänden, das Trinkwasser in den Leitungen sei durch Colibakterien und Schwermetalle verunreinigt. Auch die Heizung funktioniere im Winter nicht mehr richtig.
„Wir müssen das jetzt selbst in die Hand nehmen, weil das nicht mehr tragbar ist“, brachte Veranstaltungsleiterin Mattea Arnold (15) die Sicht der Schülerschaft auf den Punkt. „20 Jahre hatte die Kölner Politik Zeit, hier was zu ändern. Und jetzt sind sie überfordert, weil durch Schulnotstand und Sanierungsstau viel zu viele Schulen gleichzeitig Bedarf haben. Aber da können wir der Politik jetzt auch nicht raushelfen. Die müssen jetzt einfach liefern“, fordert Arnold.
Den Termin für ihren Streik hatten sie mit Bedacht gewählt: Eigentlich soll kommende Woche im Bauausschuss darüber entschieden werden, wie es mit der Kreuzgasse weiter geht. Nun wurde das Thema allerdings auf die erste Sitzung nach den Sommerferien verschoben.
Nach Angaben der Stadt ist derzeit eine Beschlussvorlage zur umfassenden Sanierung „in Bearbeitung“. Richtig glauben wollen das die Schülerinnen und Schülerinnen nicht. Schließlich sei der Sanierungsstart schon mehrfach verkündet worden. Erst sei die Sanierung 2014 verkündet worden, dann 2018. Passiert sei nichts. Zuletzt hatte Oberbürgermeisterin Henriette Reker dafür gesorgt, dass sich die Wut in Eltern- und Schülerschaft nochmal verstärkt hatte: Sie hatte im März bei einem Besuch der Schule gesagt, die Kreuzgasse stehe „bislang nicht auf der Priorisierungsliste“, was die Elternpflegschaft bewogen hatte, sich mit einem wütenden Brief an die OB zu wenden.
De facto war Reker allerdings schlicht falsch informiert: Die Kreuzgasse steht auf der Schulbauliste mit der obersten Priorität 0 – das heißt „In Bearbeitung“. Als Termin der Fertigstellung ist in der aktuellen Schulbauliste allerdings erst das Jahr 2028 genannt. Außerdem fehlt bislang noch ein Ort für das Container-Interim, in dem bei einer Generalsanierung ein Teil der Schüler untergebracht werden müsste. Würden die Container auf dem benachbarten, von gleich mehreren Kölner Sportvereinen genutzten Sportareal gebaut, hätten diese auf Jahre keine Sportmöglichkeit mehr. Von dort gibt es bereits Proteste. Bezüglich der von dem ehemaligen Stadtschulpflegschaftsvorsitzenden Reinhold Goss ins Spiel gebrachten und von der SPD als Antrag übernommenen möglichen Alternative auf der Vogelsanger Straße gibt es noch keine Beschlüsse.
Unterstützung von den Fridays-Profis
„Wir werden jetzt nicht nachlassen mit dem Druck“, kündigte Mattea Arnold an. Ob das Modell „Schulstreik für bessere Schulbedingungen“ nun auch in anderen maroden Kölner Bildungsstätten Schule macht, bleibt abzuwarten. Es waren jedenfalls ausdrücklich weder Schulleitung noch Schülervertretung der Schule, die zu dem Streik aufgerufen hatten. Die Schulleitung habe ganz im Gegenteil bis kurz vor der Veranstaltung versucht, die Teilnahme von Schülern zu verhindern, berichteten Teilnehmer. Organisator des Streiks war eine Gruppe aus der Schülerschaft mit Kontakten zu Fridays for Future Köln.
Von deren Expertise samt Lastenrad mit Großlautsprecher und routinierter Medienarbeit konnten sie erfolgreich profitieren: Neben ausreichend Phonestärke sorgten die Unterstützer von Fridays for Future dafür, dass eine große Zahl an Medienvertretern den ersten „Kölner Schulstreik für Schulen“ in die Öffentlichkeit trug.