Köln – Die Fronten sind verhärtet, seit vergangenen Sommer sprechen allenfalls die Rechtsanwälte miteinander: In dem seit Jahren schwelenden Streit um die Baumängel am Rautenstrauch-Joest-Museum standen sich nun erstmals die gegnerischen Parteien vor dem Landgericht gegenüber. 21,7 Millionen Euro fordert die Stadt von den Baufirmen der „Arbeitsgemeinschaft Kulturzentrum am Neumarkt“ (Arge KAN). In insgesamt zehn Klagen und 27 Beweisverfahren macht die Verwaltung als Bauherr Hunderte von Mängeln und daraus entstandene Folgekosten geltend. Doch in der ersten mündlichen Verhandlung am Freitag machte das Gericht bereits deutlich, dass es die Höhe der Forderungen nicht für nachvollziehbar hält. Den Rechtsvertretern der Stadt schrieb die Vorsitzende Richterin außerdem ins Buch, dass ein Großteil der Mängel nicht ausreichend konkret vorgetragen wurde.
Konkret ging es am ersten Verhandlungstag um vier Klagen, darunter auch um den mit 6,7 Millionen Euro Streitwert größten Einzelposten des gesamten Verfahrens, die marode Sprinkleranlage. Das Gericht räumte ein, die Stadt habe handeln müssen, um ihre Ansprüche zu wahren, da Ende 2014 die Gewährungsfrist für viele der Arbeiten auslief. Unstrittig zwischen den Parteien sei auch, so Richterin Turid Auweiler, dass die Anlage Mängel aufweise. Diese waren nach einem Probebetrieb der Trockensprinkleranlage entdeckt worden, infolgedessen es zu einem Wasserschaden im Museum kam. Ein Gutachter hatte daraufhin bei Probeentnahmen Rost und undichte Stellen gefunden und gerügt, dass die Rohre mindere Qualität aufwiesen und teils mit falschem Gefälle verlegt seien.
Gericht kritisiert Höhe der städtischen Forderungen
Dennoch kritisierte das Gericht vor allem die Höhe der städtischen Forderungen von 6,7 Millionen Euro. So fordere die Stadt den Einbau von nicht rostendem Stahl, bestellt habe sie seinerzeit aber nur minderwertigere verzinkte Rohre. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass der Austausch der gesamten Sprinkleranlage gefordert werde. Denn bei knapp der Hälfte der 6300 Meter langen Rohre handele es sich um eine Nasssprinkleranlage, die gar nicht rosten könne, weil in ihr kein Sauerstoff enthalten ist. Diese sei also gar nicht betroffen.
Zudem sei fraglich, ob man anhand der derzeit vorliegenden Rohrproben auf das ganze System schließen könne. Das Gericht empfahl der Stadt dringend, ein von der Arbeitsgemeinschaft bereits früher vorgelegtes Sanierungskonzept zu prüfen. Dies würde die Behebung der Schäden beinhalten, nicht aber den kompletten Austausch.
Auch in einem weiteren Klageverfahren meldete das Gericht Zweifel an den Forderungen der Stadt an. Diese hatte für die Handwerker, die für Reparaturen im Museum unterwegs waren, eine Aufsicht beschäftigt. Für die Bewachungskosten machte sie 320 000 Euro geltend. „Zu pauschal“, befand die Richterin. Die Stadt müsse für jeden einzelnen Auftrag nachweisen, ob eine Bewachung erforderlich gewesen sei. Dies sei auch in einem Museum mit wertvollen Kulturgegenständen nicht per se der Fall, bei Arbeiten etwa in Büros oder Sanitärräumen schon gar nicht.
In einem dritten Verfahren ging es am Freitag um Mängel an den Böden in den für das Publikum nicht zugänglichen Bereichen wie Werkstätten oder Depot. Auf 850 000 Euro beziffert die Stadt den entstanden Schaden aufgrund von Rissen. Kratzern und ungleichmäßigem Farbauftrag. Angesichts des enormen Aufwands, den ein Einzelnachweis der zahlreichen Mängel sowie des gesamten Verfahrens bedeuten würde, empfahl die Richterin beiden Parteien dringend, die Blockadehaltung aufzugeben und zu kooperieren. „Sprechen Sie miteinander, sonst sitzen wir in 15 Jahren noch hier.“ Voraussetzung sei, dass die Baufirmen ihre Gewährungsfristen verlängerten, um so den Zeitdruck herauszunehmen. Kommenden Freitag werden die Verhandlungen fortgesetzt.