Köln – Aus dem Lautsprecher tönt eine blecherne Stimme und 3000 Menschen reißen pinke Briefe auf. Wie zu jeder Wahl sind zwei Hallen der Koelnmesse an Sonntag zum Briefwahlzentrum umfunktioniert. Hunderte Gruppentische stehen wohlgeordnet in sogenannten „Sektoren.“ Freiwillig treffen sich hier Kölnerinnen und Kölner aus allen Veedeln, um gemeinsam Nordrhein-Westfalen und ganz Deutschland mit schnellen und sicheren Wahlergebnissen zu versorgen.
Zwei Stunden vorher – kurz nach 13 Uhr – waren die meisten Wahlhelferinnen und -helfer bereits vor Ort. Diese Wartezeit nutzten viele kreativ. So spielten zwei junge Männer Schach, während neben ihnen die ungeöffneten Briefe in einer Holzkiste warteten. Eine Vierergruppe suchte mit Pizzakartons in der Hand einen geeigneten Platz, um die Pizza abseits der Wahlunterlagen zu essen. Anna Schaly und Manuela Zibler spielten „Wer bin ich?“ – dabei klebt man sich gegenseitig beschriftete Zettel ins Gesicht. Durch clevere Fragen muss man dann herausfinden, welchen Namen man auf der Stirn stehen hat.
Die Freundinnen sitzen das erste Mal im Briefwahlzentrum. Schaly fühlte sich von einer Werbung in der Stadtbahn angesprochen und meldete sich daraufhin als Wahlhelferin an. Die studierte Pharmazeutin hofft, dass sie nicht bis spät in die Nacht arbeiten müssen. Zibler hingegen ist Teil der Kalker Jugendgruppe der Jugendfeuerwehr. „Von uns sind über etwa dreißig Leute da“, sagt sie.
Muhammed Enes Bodur ist der Leiter der Jugendgruppe. „Von uns helfen hauptsächlich Betreuer und Familien mit, weil man erst ab 18 Jahren mitmachen darf. Bei der Jugendfeuerwehr sind die meisten Mitglieder jünger“, sagt er. Trotzdem sei er stolz auf die Gruppe. „Wir sind die größte einzelne Gruppe heute und alle spenden das Geld“, sagt Bodur. Insgesamt macht die Gruppe durch die Hilfsaktion mehr als 2000 Euro. Diese sollen dann für Ausflüge, wie einen Besuch im Freizeitpark, genutzt werden.
Der finanzielle Anreiz ist eine zusätzliche Motivation für viele, die da sind. Denn ohne Freiwillige geht es nicht, weiß Sönke Nowak. Er sitzt außerhalb des Geschehens an einem Laptop. Seine Aufgabe: Die IT-Sicherheit. Um Manipulationen und Hackerangriffe zu vermeiden, müssen seiner Meinung nach die wichtigsten Handgriffe nach wie vor analog ausgeführt werden.
Tausende Kölner opfern für Landtagswahl ihren freien Sonntag
Um zu gewährleisten, dass an diesem wichtigen Tag für die Demokratie alles funktioniert, opfern also Tausende ihren freien Sonntag. Sie tun dies aus den unterschiedlichsten Gründen. „Ich bin eigentlich kein sehr politischer Mensch“, sagt beispielsweise Ole J. „Aber meine Oma war immer Wahlhelferin. Deshalb wollte ich das dieses Jahr auch machen.“ Gemeinsam mit fünf Freunden sitzt er jetzt an einem Tisch und sortiert Briefwahlunterlagen.
Dabei werden zuerst die pinken Briefe aufgerissen. Die Wahlhelfer prüfen dann, ob die Wahlunterlagen richtig ausgefüllt sind. Sie öffnen aber noch nicht den blauen Umschlag, in dem sich der Wahlzettel befindet. Erst werden die Wahlunterlagen erfasst, sodass am Ende verglichen werden kann, ob die richtige Anzahl an Stimmen gezählt wurde. Erst ab 18 Uhr geht es an die tatsächlichen Stimmen, die dann anonym gewertet werden.
Städtischen Mitarbeitende unterstützen die Freiwilligen dabei. Auch sie melden sich zwar freiwillig, die Arbeitszeit wird ihnen aber angerechnet. Die meisten nehmen sich dann den darauffolgenden Tag frei – denn keiner kann voraussagen, wie lange es im Briefwahlzentrum dauern wird. Oft sitzen die Freiwilligen bis nach Mitternacht, während die Parteimitglieder schon feiern. Alle Helfer hoffen aber auf einen frühen Feierabend und eine problemlose Auszählung.