Ein weiterer Bäcker wirft das Handtuch: Tim Bergheim schließt seinen Laden in Sülz zum Ende des Monats.
„Wir haben eure Kinder aufwachsen sehen“Kölner Bäckerei-Institution muss schließen
Die Fangemeinde trauert. In den sozialen Medien gibt es bekümmerte bis geschockte Kommentare, nachdem Bäcker Tim Bergheim dort bekannt gegeben hat, dass er sein Geschäft an der Ecke Zülpicher Straße/Sülzgürtel schließen wird: „Liebe Leute, Kunden, Nachbarn, Weggefährten, liebe Freunde…, ab Ende Mai bleibt der Ofen aus!!!!“, schreibt er dort. Schon im September vergangenen Jahres hatte Engelbert Schlechtrimen von der gleichnamigen Traditionsbäckerei in Kalk dicht gemacht. Entkräftet, entnervt und von den steigenden Kosten gebeutelt.
Ähnlich geht es nun seinem Sülzer Kollegen. „Nach neun Jahren verabschieden wir uns von euch. Wir haben wirklich viel erlebt mit euch, gelacht, geweint, gefeiert, geschimpft, uns vertragen. Wir haben eure Kinder aufwachsen sehen. Die Kleinen haben eben ihr erstes Weckchen gegessen und stehen auf einmal zum Praktikum in der Backstube. Wir sehen uns selbst schon als eine kleine Sülzer Institution, aber vor allem als ein Teil dieser Nachbarschaft.“
Hohe Kosten und Personalmangel zwingen Bergheim's Meisterbäckerei in Sülz zur Schließung
Die Entscheidung sei dem Team nicht leicht gefallen, aber nach langem Abwägen, Abwarten und intensiven Gesprächen seien sie zu dem Schluss gekommen, dass sie richtig sei. Als Grund nennt er die zahlreichen Krisen der vergangenen Jahre, die Pandemie mit ihren Lockdowns, den Ukraine-Krieg und die Folgen. Sie hätten den Betrieb und auch sie als Menschen viel Substanz gekostet.
Alles zum Thema Zülpicher Straße in Köln
- Eine Woche nach dem 11.11. Zahl der angezeigten Vergewaltigungen trübt Polizei-Bilanz
- Julias Lieblingsort Imbiss-Urgestein Habibi – wo Schawarma und Falafel zur Pflicht werden
- „Karneval wird abgeschafft“ Wie der Kölner Türsteher Ramon Ademes auf den 11.11. blickt
- Karnevalsauftakt So fällt die erste Bilanz der Stadt Köln zum 11.11. aus
- „Bei der Weltlage mal nötig zu feiern“ Kölner Wirte ziehen Bilanz – so war der 11.11. in den Kneipen
- „Ist doch alles wie immer“ Ein Spaziergang durch das Kölner Univiertel nach dem jecken Wahnsinn
- Jecker Ticker zum 11.11. Feierlaune und Bierleichen in Köln – Polizei lobt „friedlichen“ Karnevalsauftakt
Die Kosten seien in allen Bereichen gestiegen. Als größtes Problem nennt Bergheim allerdings den Personalmangel, gerade in der Backstube. Bäcker zu finden, sei immer schon schwierig gewesen, mittlerweile sei die Lage aber katastrophal. So hätte das Team Schwierigkeiten, überhaupt das Tagesgeschäft zu bewältigen. Die Gefahr bestehe, dass am Ende die Qualität leide.
Und eben die zeichnete den Bäckerbetrieb aus. Anders als die Ketten setzt er auf handgemachte Produkte ohne Zusatzstoffe. Die hohe Handwerkskunst war sein Alleinstellungsmerkmal in der Bäckerlandschaft im Viertel. Vor allem am Wochenende bildeten sich oft Schlangen vor der Ladentür.
So hat „Bergheim’s - Die Meisterbäckerei“, so der offizielle Name, viele Fans im Viertel, wie die rund 50 Kommentare von traurigen Kunden auf Facebook belegen: „Wirklich sehr schade“, schreibt ein Sülzer, „vor allem, weil bei Dir, Tim, noch alles wirklich von Hand gemacht wird ohne diesen ganzen Fertigmist und Tiefkühl-Waren. Das ist schon selten geworden.“ Eine andere Kundin schreibt, was ihr nun künftig beim Frühstück fehlt: „die leckersten Dinkelbrötchen von Köln“.