Die Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren gegen die 29-Jährige ein, da keine Wiederholungsgefahr bestehe und die Taten lange zurücklägen.
Geldstrafe und SozialstundenProzess um Steuerhinterziehung gegen Nagelstudio-Betreiberin eingestellt
Wenn jemand der Pflicht, eine Steuererklärung abzugeben, nicht nachkommt, ist das Finanzamt befugt, eine Steuerschätzung vorzunehmen. So war es bei einer heute 29-jährigen Frau, die sich am Montag vor dem Kölner Amtsgericht verantworten musste. Die Staatsanwaltschaft warf ihr auf Grundlage einer solchen Schätzung vor, von 2015 bis 2017 Steuern in einer Gesamthöhe von rund 50.000 Euro hinterzogen zu haben.
Bis auf die Angaben zur Person zu Beginn des Prozesses schwieg die Angeklagte. Sie ließ ihren Verteidiger reden, der sich ins Zeug legte, um eine Einstellung des Verfahrens gegen Auflagen zu erreichen. Zur Verfassung seiner Mandantin, die sich während der Verhandlung ab und an die Tränen aus dem Gesicht wischte, sagte er, das seit Jahren anhängige Verfahren nehme sie „nervlich sehr stark mit“.
Angeklagte betrieb bis zur Corona-Pandemie ein Nagelstudio
Bis zur Corona-Pandemie hatte sie im Einkaufszentrum Weiden ein Nagelstudio betrieben. Für 2015 und 2016 gab sie der Staatsanwaltschaft zufolge keine Steuererklärung ab, und diejenige für 2017 war unvollständig. Das Finanzamt schritt ein, nahm eine Betriebsprüfung vor, stellte Datensätze aus der Kasse sicher, befragte Angestellte und Kundinnen und stellte Unstimmigkeiten fest. So wich der Umsatz, den die Betreiberin des Studios erklärt hatte, deutlich davon ab, was sich einem sichergestellten Beleg entnehmen ließ.
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Die Behörde sah sich zur Schätzung veranlasst und legte dafür mehrere Daten zugrunde, von der Anzahl der Öffnungstage bis zu den Öffnungszeiten, von der Zahl der Behandlungsstühle – es waren fünf – bis zum Preis dafür, sich die Nägel machen zu lassen. Berücksichtigt wurde bei der Berechnung, dass nicht immer alle Stühle besetzt gewesen sein konnten.
Verteidigung kritisiert Schätzung der Steuerschuld
Trotzdem nahm der Verteidiger, der bemängelte, die Akten seien nicht vollständig, Anstoß am Ergebnis. Es gehe nicht an, die im Besteuerungsverfahren ermittelte mutmaßliche Steuerschuld, die sich an der „Oberkante“ orientiere, automatisch für das Steuerstrafverfahren zu übernehmen. Die Schätzung sei von Willkür geprägt, die Summe viel zu hoch. Zwar habe er nicht „per se“ etwas gegen Schätzungen, aber im vorliegenden Fall sei der Schaden „nicht ganz so schlimm“.
Die Staatsanwältin räumte ein, alle Schätzungen seien „schlecht“, doch was hätte die Behörde sonst tun sollen. Die Angeklagte sei die Einzige, die für Aufklärung hätte sorgen können. Schon allein der Umstand, keine Steuererklärung abzugeben, sei strafbar.
Die Vertreterin der Anklage hatte unter anderem deshalb Bedenken, das Verfahren einzustellen, weil die 29-Jährige an den Fiskus bisher nichts nachgezahlt hat. Nach ihren Angaben verdient sie als Servicekraft in der Gastronomie netto gut 1200 Euro im Monat.
Der Amtsrichter machte geltend, sie sei nicht vorbestraft, die Taten lägen lange zurück und es bestehe keine Wiederholungsgefahr, weil sie nun angestellt und nicht mehr selbständig sei. Nach zähem Ringen stimmte die Staatsanwältin einer Einstellung des Verfahrens zu. Im Gegenzug muss die Angeklagte 5000 Euro an die Staatskasse zahlen und 160 Sozialstunden ableisten.