Köln – Nach den tödlichen Polizei-Schüssen auf einen Mieter in Köln-Ostheim sind weitere Details über den Verlauf des Einsatzes bekanntgeworden. Bei der eskalierten Zwangsräumung sind offenbar zwei Schüsse auf den 48-Jährigen abgegeben worden.
Die Obduktion des Leichnams habe ergeben, dass ihn ein Schuss in der rechten Schulter und einer im linken Oberschenkel traf, sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer. Zwei Beamte hätten jeweils einen Schuss abgegeben, der Mieter verblutete noch in seiner Wohnung.
Ob der Mann, der die Polizisten bei dem Zwangsräumungstermin mit einem Messer angegriffen haben soll, zu dem Zeitpunkt unter Drogen- oder Alkoholeinfluss stand, solle nun ein chemisch-toxikologisches Gutachten herausfinden. Die Ermittlungen zu den Todesumständen gehen weiter. Aus Neutralitätsgründen werden sie von der Kriminalpolizei in Bonn geführt.
Zivile Beamte trugen keine Taser
Der 48-Jährige war am Mittwochmorgen von Polizisten erschossen worden. Als die beiden eingesetzten Beamten an der Wohnungstür klingelten, soll die Situation schnell eskaliert sein. Der Mieter soll mit einem Messer auf die beiden Beamten losgegangen und selbst von Pfefferspray nicht abzuhalten gewesen sein. Daraufhin sollen die Beamten den Gebrauch der Schusswaffe angedroht haben. Als auch diese Maßnahme nicht wirkte, sollen die Polizisten die Schüsse abgegeben haben. Welcher davon tödlich war, ist unklar.
Schon seit längerem soll der Mieter seine Nachbarn immer wieder bedroht und in seiner Wohnung im Alkoholrausch randaliert haben. Weil er daher im Vorfeld des Einsatzes als gefährlich galt, hatten Polizisten die Gerichtsvollzieherin zu der Zwangsräumung begleitet.
Die Polizei erarbeitete vor dem Einsatz eine sogenannte Gefahreneinschätzung. Um zu verhindern, dass der Mann schon bei deren Eintreffen die Polizisten oder den Streifenwagen sieht, wurden nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zwei Zivilkräfte eingesetzt. Diese dürfen laut Gesetz keine sogenannten Taser tragen, also Elektroschockpistolen, die Angreifer auf größere Distanz mit elektronischen Impulsen außer Gefecht setzen, ohne sie ernsthaft zu verletzen.
Selbst wenn aber uniformierte Beamte mit Tasern eingesetzt worden wären, wären diese Waffen wohl nicht die geeigneten Mittel gewesen. Bei Messerangriffen werden die Taser aufgrund der geringen Distanz zwischen Angreifer und Einsatzkräften explizit nicht als Einsatzwaffe empfohlen.
Louzef B. war nicht im städtischen Meldesystem
Der eskalierte Einsatz am Mittwoch weckte auch Erinnerungen an den tödlichen Messerangriff auf einen Außendienstmitarbeiter der städtischen Kämmerei im Dezember 2019 in Dünnwald. Der Tod des Vollstreckungsbeamten Kurt Braun löste nicht nur bundesweites Entsetzen aus, sondern war auch Grundstein für die Einführung eines städtischen Meldesystems, in dem mutmaßlich gefährliche Personen erfasst werden.
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Im sogenannten „Zemag“ (Zentrales Melde- und Auskunftssystem zum Schutz städtischer Mitarbeiter) können alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Köln Informationen einspeisen. Seit der Einführung von Zemag Ende April 2020 gab es bislang etwa 6000 Zugriffe.
Voraussetzung für eine Meldung ist, dass eine Anzeige etwa wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung, Bedrohung oder ähnlichem erstattet wurde. Bei dem am Mittwoch von der Polizei erschossenen Louzef B. trifft das zu. B. soll bereits mehrmals wegen solcher Straftaten angezeigt, angeklagt und verurteilt worden sein. Derzeit sind mehr als 200 Personen im „Zemag“ erfasst – Louzef B. war nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ aber nicht darunter. Die Einträge stammen von städtischen Mitarbeitern. Gerichtsvollzieher und Polizisten sind keine städtischen Mitarbeiter, sondern Landesbeamte, und haben damit auch keinen Zugriff auf die Datenbank – selbst das hätte aber den Verlauf des Einsatzes wohl nicht geändert, weil die Polizei den Einsatz ohnehin begleitet hat.