Die Staatsanwaltschaft Köln wirft einem der Bauleiter Totschlag durch Unterlassen in Tateinheit mit Baugefährdung vor.
Drei Männer angeklagtVerrostete Schraube sorgte für tödlichen Betonplatten-Unfall in Köln

Am 13. November 2020 war es zu dem tödlichen Unfall gekommen.
Copyright: picture alliance/dpa/Feuerwehr Köln
Am Ende war es wohl ein kleines Stück Rost, das die mehr als fünf Tonnen schwere Betonplatte auf die Fahrbahn der Autobahn 3 stürzen ließ und einer 66-jährigen Kölnerin das Leben kostete. Ein Stück Rost, das schon bald drei Männer auf die Anklagebank des Kölner Landgerichts bringt. Denn knapp zweieinhalb Jahre Suche nach Schuldigen für den tödlichen Unfall 2020 in Köln-Dellbrück haben wohl bald ein Ende: Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen insgesamt drei Beschuldigte erhoben, wie ein Gerichtssprecher bestätigte.
Einem Bereichsleiter einer Baufirma wird Totschlag durch Unterlassen in Tateinheit mit Baugefährdung vorgeworfen, zwei Mitarbeiter des Landesbetriebs Straßen NRW sind wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Nach jahrelangen Ermittlungen und mehreren Gutachten geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass die Schrauben, mit der die Betonwand befestigt war, nicht ausreichend gegen Korrosion geschützt waren. Irgendwann konnte die Konstruktion die Platte aus Stahlbeton nicht mehr tragen. Nur noch bis zu jenem Freitag, den 13. November 2020.
A3 bei Köln: Flickschusterei an Platte mit tödlichem Ausgang
Gegen 10.15 Uhr fuhr die Kölnerin mit ihrem schwarzen VW Polo auf der A3 in Richtung Norden, sie wechselte für die Ausfahrt von der Autobahn schon auf den Behelfsstreifen. In dieser Sekunde löste sich das Betonteil aus der Lärmschutzwand, kippte auf die Straße und begrub den Polo unter sich. Die Insassin war sofort tot. Der Unfall löste Bestürzung aus und zog eine politische Debatte über die Sicherheit ähnlicher Lärmschutzwände nach sich. Bereits in den Tagen und Wochen nach dem Unfall offenbarte sich durch die politische und juristische Aufarbeitung eine Kette jahrelangen Versagens bei den Behörden.
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Offenbar war die Betonplatte im Jahr 2007 mit improvisierten Haken am oberen Ende eingebaut worden, um einen Höhenunterschied auszugleichen. Die Flickschusterei diente womöglich dem Zweck, die Strecke kurze Zeit später feierlich einweihen zu können. Der Landesbetrieb Straßen NRW hatte 2008 die Genehmigung für den Einbau der Platte aber unter dem Vorbehalt gegeben, dass die Baufirma einen Sicherheitsnachweis nachreicht. Die Behörde wartete vergeblich darauf, bis es die dort zuständigen Stellen irgendwann wohl einfach nicht mehr interessierte.
Staatsanwaltschaft Köln: Platten mussten irgendwann herunterfallen
„Ich weiß schlicht und ergreifend nicht, warum da irgendwann nichts mehr passiert ist“, hatte Hendrik Wüst gesagt, damals noch Verkehrsminister, heute Ministerpräsident – und: „Da hat was nicht gepasst, und das ist dann passend gemacht worden.“ Die Staatsanwaltschaft ist nach jahrelangen Ermittlungen und mehreren Gutachten im Wesentlichen zum gleichen Schluss gekommen. Dem Bereichsleiter der Baufirma werde vorgeworfen, spätestens seit einem statischen Gutachten im September 2008 von den Sicherheitsmängeln gewusst zu haben Und trotzdem nichts getan zu haben.
Weil nach Auffassung der Staatsanwaltschaft die Betonplatten zwangsläufig irgendwann herabfallen mussten – so lautet die Anklage – habe er den Tod eines Menschen billigend in Kauf genommen. Ihm drohen fünf bis 15 Jahre Haft. Den beiden angeklagten Verantwortlichen von Straßen NRW wird vorgeworfen, die Sicherheit der Haltevorrichtung seit 2008 „nicht hinreichend kontrolliert zu haben, insbesondere eine erneut notwendige statische Begutachtung nicht eingefordert zu haben“, wie ein Gerichtssprecher sagte.
Nach Kölner Unfall: Landesweite Prüfung ähnlicher Konstruktionen
Sie müssten im Falle einer Verurteilung mit einer Geldstrafe oder bis zu fünf Jahren Gefängnis rechnen. Als Reaktion auf den Unfall wurden landesweit an mehreren Autobahnabschnitten ähnliche Konstruktionen auf ihre Stabilität überprüft und teilweise ausgebaut – auch an dem betroffenen Abschnitt auf der A3 in Köln. Die Baufirma ging in der Zwischenzeit insolvent, entsprechend schwierig gestalteten sich die Ermittlungen. Zunächst richteten sich diese gegen Unbekannt, dann gegen 17 namentlich bekannte Verdächtige.
Gegen 13 davon wurde das Verfahren mangels ausreichenden Tatverdachts eingestellt. Ein weiterer Verdächtiger ist zwischenzeitlich gestorben. Wann der Prozess stattfindet, ist noch unklar. Es dürfte angesichts der lange zurückliegenden Vorwürfe und deren Komplexität eine längere Hauptverhandlung werden. Die Beschuldigten sind derzeit auf freiem Fuß.