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„Niemand soll im Dunklen sitzen”Preisexplosion bei Energiekosten trifft arme Kölner

Lesezeit 3 Minuten
Rheinenergie RAKOCZY 141221

Die Zentrale der Rheinenergie in Köln

Köln – Die Energiepreise explodieren, und das trifft zunehmend einkommensschwache Haushalte in Köln. Wie das Vergleichsportal Verivox ausgerechnet hat, muss ein Hartz-IV-Empfänger pro Jahr 139 Euro mehr bezahlen als im Regelfördersatz vorgesehen ist – das entspricht einer Deckungslücke von 32 Prozent. Pro Monat sei eine Kostenübernahme für Strom von 36,44 Euro im Monat vorgesehen, die realen Kosten beliefen sich aber im Schnitt auf 48 Euro. „Es sind tausende Kölner vom Thema Energiearmut betroffen“, sagt Ratsherr Jörg Detjen (Linke).

Jobcenter unterstellt unwirtschaftliches Verhalten

Bernd Mombauer, Geschäftsführer des Kölner Arbeitslosenzentrums, sagt, dass Beratungen zum Thema Energie schon im vergangenen Jahr zugenommen hätten. „Jede Preiserhöhung macht ärmeren Familien sehr zu schaffen.“ Besonders bei Nachzahlungen würde das Jobcenter mitunter die Rechnung nicht begleichen, sondern den Verbrauchern unwirtschaftliches Verhalten unterstellen. Die Betroffenen müssten dann nachweisen, dass gestiegene Energiekosten die Ursache für den Preissprung seien.

Armutsforscher Christoph Butterweggen kritisiert, dass die Strompreise für viele Kölner von 30 auf 72 Cent anstiegen seien. Denn besonders Menschen, die wenig Geld zur Verfügung haben, seien überproportional oft bei Billiganbietern unter Vertrag. Gerade diese lösten derzeit aber wegen der gestiegenen Weltmarktpreise ihre Kontrakte mit den Kunden auf. Die Verbraucher müssten dann als Neukunden bei anderen Anbietern oft teure Verträge als Neukunden abschließen. Zwar sei der Hartz-IV-Satz Anfang des Jahres um drei Euro auf 449 Euro angehoben worden. Dies mache aber eine Erhöhung von lediglich 0,67 Prozent aus, während die Inflation derzeit vier bis fünf Prozent betrage.

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„Wir brauchen eine Diskussion, wie man mit der Energiearmut umgeht“, sagt Linken-Politiker Detjen. „Die Preise werden sich in den kommenden Jahren verdoppeln.“ Die Politik müsse sich die Vorschläge der EU-Kommission zu eigen machen. Diese hatte in einer Mitteilung im Oktober 2021 ausgeführt, dass 31 Millionen Menschen in der EU ihre Wohnungen nicht ausreichend heizen könnten. Die Mitgliedsstaaten wurden aufgefordert, Stromsperren zu verhindern und Bedürftige mit direkten Zahlungen finanziell zu unterstützen. Detjen warb für das belgische Modell, in dem ärmere Haushalte mit Freibeträgen gefördert werden.

Stromsperren sollen ausgesetzt werden

Der Sozialausschuss berät in der kommenden Woche über einen Antrag von SPD, Linke und Die Partei, in dem ein Bündel von Maßnahmen gefordert wird, um arme Kölner Haushalte zu entlasten. So sollen Stromsperrungen ausgesetzt werden, eine Ombudsstelle gegen Energiearmut bei der Rheinenergie und ein Runder Tisch zum Thema geschaffen werden.

Stromanbieter sollen Schulden von Beziehern von Grundsicherung, Hartz-IV und Asylbewerberleistungen übernehmen oder Ratenzahlungen einräumen. Zudem soll die Nichtprüfungsgrenze, derzeit 1,30 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche, angehoben werden. Dabei handelt es sich um den Betrag, den das Jobcenter an Leistungsbezieher ohne Prüfung bezahlt. Nötig sei auch eine Ombudsstelle für soziale Härtefälle nach dem Vorbild der Stadt Wien. „Die Menschen drohen sonst in ein Loch zu fallen“, so Detjen. Beschlossen hatte der Rat bereits einen Stromsparcheck anzubieten.

Ombudsstelle nach Wiener Vorbild

In der Sache kündigen Grüne und CDU Unterstützung an, das Papier müsse aber noch überarbeitet werden, sagte der Vorsitzende des Sozialausschuss, Daniel Bauer-Dahm (Grüne). Konsens sei, dass die Nichtprüfungsgrenze angehoben werden müsse, der Stromsparcheck und ein Verbot von Stromsperren. „Niemand soll im Winter im Dunkeln sitzen und frieren.“ Allerdings wies Bauer-Dahm darauf hin, dass die Rheinenergie auch derzeit nur selten den Strom abstelle. „Man muss schon einige Mahnbriefe ignoriert haben, damit es soweit kommt.“ Ursula Gärtner (CDU) forderte, dass besonders Informationsangebote erweitert würden, damit Verbraucher nicht in Not gerieten.