Poll – Seit Jahren ist der Zustand des Marktplatzes für die Pollerinnen und Poller ein Ärgernis. Akteure aus der Politik, dem privaten Bereich und der Bürgerverein Poll bemühen sich schon seit langem um eine Lösung für den Ort, der eigentlich ein Raum für alle Bürger sein soll – und mittlerweile von vielen gemieden wird.
Offener Brief an die Stadt Köln
Jüngst machte der Poller Hans Burgwinkel, Reihmeister des Traditionsvereins Poller Maigeloog, in einem offenen Brief auf mehrere Missstände in Poll aufmerksam. An die Stadt Köln adressiert und wenig später auch an die Bezirksvertretung Porz geschickt, ist das Kernstück seiner siebenteiligen Beanstandungsliste die zunehmende Verwahrlosung des Poller Marktplatzes.
Unabhängig von Burgwinkels Initiative rief der Zustand des Marktes Ute Ahn, erste Vorsitzende des Bürgervereins Poll, auf den Plan. Sie erzählt von Frauen, die sie wegen verbaler Belästigungen auf dem Marktplatz angesprochen haben und ihn seitdem nicht mehr betreten wollen. „Auf unserem Poller Marktplatz ist ein Angstraum entstanden“, sagt sie und hofft, ebenso wie Hans Burgwinkel, auf die Unterstützung der Stadt.
„Der Marktplatz verkommt“, schreibt der in seinem offenen Brief an Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Polizeipräsident Uwe Jakob, „jetzt hat sogar jemand sein Lager mit Matratzen unter einem der Pavillons aufgeschlagen, ohne dass jemand eingreift.“ Er berichtet von Personen, die ihre Notdurft öffentlich verrichten, von Dealern, die ihre Geschäfte auf dem Marktplatz abwickeln und ihre Ware im Sandkasten verstecken. Der „vorläufige Corona-Gedächtnismaibaum“ sei abgebrochen und das dazugehörige Schild beschädigt worden, Frauen würden abends und nachts angepöbelt, sagt er.
Neben den massiven Problemen auf dem Marktplatz moniert Burgwinkel die unbefugte Fahrradnutzung auf dem unteren Leinpfad, Raser, Falschparker, „einzelne bequeme Hundebesitzer“, Bettler, Trinker sowie ausufernde Veranstaltungen am Grillpilz Poller Damm. „Wir haben im Gegensatz zu früher keinen Dorfpolizisten mehr, der von der Bevölkerung unkompliziert ansprechbar ist“, meint er. Von den Adressaten seines Schreibens wünscht er sich „Konzepte für die Minderung unserer Sorgen“.
Leerstand der Gaststätte Poller Haus
Ute Ahn erkennt den Ursprung des Problems auf dem Markt hauptsächlich im Leerstand der Gebäude von der Gaststätte Poller Haus mitsamt dem nebenstehenden Wohngebäude am Markt bis zur Volksbank Köln/Bonn auf der Siegburger Straße. „Seit Oktober 2020 liegt der Bauantrag für das Areal bei der Stadt Köln vor. Der Eigentümer würde bei einem positiven Bescheid sofort mit dem Abriss und Neubau beginnen“, erklärt sie. Wohn-und Gewerbeeinheiten sind geplant, der Bürgerverein zeigt sich von den Bebauungsplänen schlichtweg begeistert.
„Wir als Bürgerverein sehen es so, dass die soziale Kontrolle besser funktioniert, wenn der Marktplatz belebter ist“, erläutert sie, auf jeden Fall würden die Möglichkeiten für „Übernachtungen“ schwinden. „Was die Obdachlosen betrifft, sehen wir die Stadt in der Pflicht, die Leute angemessen unterzubringen“, fährt sie fort, besonders während der kalten Jahreszeit sei ihr Verbleib im Freien keine Option. „Es wäre eben schön, den Markt als Aufenthaltsort mit angrenzendem Spielplatz nutzen zu können“, sagt Ute Ahn.
Bäckerei am Marktplatz
Simon Bujanowski, SPD-Fraktionsvorsitzender in der Bezirksvertretung Porz, teilt den Standpunkt des Bürgervereins, auch er strebt eine möglichst zügige Neubebauung des Gebäudekomplexes auf dem Markt an. Einen Vollversorger in das Planungspaket zu integrieren, sei ihm von Anfang wichtig gewesen, sagt der Vertreter des SPD-Ortsvereins Poll-Ensen-Westhoven. Schön wäre eine Bäckerei, die Sitzgelegenheiten auf dem Marktplatz biete und zur Belebung beitrage, meint Simon Bujanowski. Auch Werner Marx, CDU-Vorsitzender des Ortverbandes Porz-Mitte-Eil-Finkenberg und Ratsmitglied, unterstützt die Idee eines Vollversorgers in Poll, er erwartet „ein ganz anderes Leben auf dem Marktplatz als es früher der Fall war“.
Alex Volk, Bezirksvertreter der Grünen in Porz, hält es für wichtig, die Menschen vor Ort am Lösungsprozess zu beteiligen. Der Problematik am Grillpilz und den Optionen für seine Umgestaltung widmen sich die Parteien ebenfalls schon länger, für den November ist ein Ortstermin mit dem Grünflächenamt anberaumt.
Polizei vor Ort
Zu einem runden Tisch mit Ralph Sterck, dem FDP-Fraktionsvorsitzenden im Rat der Stadt Köln, sowie dem FDP-Landtagskandidaten Martin Ozminski, hatte FDP-Bezirksvertretungsmitglied Elvira Bastian bereits vor dem Erscheinen von Hans Burgwinkels offenem Brief eingeladen. Die Porzer Bürgervereine und der Poller Bürgerverein kamen zum Thema "Sicherheit" zu Wort. Was Hans Burgwinkels Wunsch nach mehr Polizeipräsenz anging, wurde er von Frank Schäfer, dem neuem Leiter der Polizeiinspektion 6, auf den aktuellen Stand gebracht. Allein durch das Erscheinen und die Ansprache der Polizei auf dem Markt sei eine Entspannung erreicht worden, berichtete er, das Problem halte man weiter im Auge. Politik und Ordnungsdienste müssten allerdings mit eingebunden werden - so das Fazit des runden Tisches in Porz. Die Stadt Köln will Hans Burgwinkel zunächst persönlich auf seinen offenen Brief antworten.
Matratzenlager wurde geräumt
Zwar wurde das Matratzenlager mittlerweile vom Marktplatz entfernt – Bezirksbürgermeisterin Sabine Stiller und Bürgeramtsleiter Karl-Heinz Merfeld hatten Burgwinkels Bitte um Räumung an das Ordnungsamt und die AWB weitergeleitet – Übernachtungsutensilien und Müllansammlungen finden sich aber immer wieder dort. Für die Poller ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass hier tatsächlich nur ein umfassendes Konzept helfen kann.