Köln – „Er kam aus dem Land der Träume und wusste nicht, was da passiert.“ So beschrieb Anwalt Gunnar Borchardt den Moment, der seinen Mandanten am Mittwoch auf die Anklagebank gebracht hatte. Ein Lagerlogistiker war der Körperverletzung angeklagt, weil er auf einen Bahnfahrer der KVB eingeschlagen hatte, nachdem der ihn an der Endhaltestelle geweckt hatte.
Kölner nach dem Feiern in KVB-Linie 7 eingeschlafen
Der 37-Jährige hatte voriges Jahr am ersten Wochenende im Juli mit Freunden gefeiert und war am Sonntagmorgen in die Linie 7 in Richtung Porz gestiegen und eingeschlafen. Relativ ruppig habe der KVB-Mitarbeiter ihn an der Endstation Zündorf geweckt, erklärte Verteidiger Borchardt beim Prozess in Saal 16 des Kölner Amtsgericht. Richtig perplex sei der Mandant gewesen.
„Der lag auf einem Vierersitz und hatte die Füße auf der Sitzfläche“, so beschrieb der 58-jährige KVB-Fahrer die Situation. Er habe den Fahrgast lediglich gebeten, auszusteigen. „Das hat er dann auch ohne Murren getan“, so der Zeuge. Für ihn sei das Thema damit erledigt gewesen. Er sei dann in den vorderen Wagenabschnitt zu einem weiteren schlafenden Kunden gegangen.
KVB-Fahrer attackiert: Täter entschuldigt sich
Doch plötzlich sei der Angeklagte erneut in der Bahn aufgetaucht, unvermittelt habe dieser ihm ins Gesicht geschlagen. „Mir ist die Brille vom Gesicht geflogen und ich hatte zwei Tage lang eine dicke Lippe“, berichtete der 58-Jährige dem Richter sichtlich erregt. Er habe dann die Polizei alarmiert, die den Täter unweit der Haltestelle auf einem Parkplatz stellen konnte.
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„Das tut mir total leid, ich bin normal nicht so“, erklärte der Angeklagte. Er sei als Kind missbraucht worden und könne mit für ihn kritischen Situationen nicht immer gut umgehen, insbesondere, wenn er angefasst werde. Laut Anwalt wurde bei dem Angeklagten eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert, er lasse sich daher therapeutisch behandeln.
Richter stellt Verfahren um Körperverletzung ein
Ausdrücklich entschuldigte sich der Angeklagte bei dem KVB-Fahrer. „Ich nehme die Entschuldigung an“, sagte dieser. Der Täter überreichte seinem Opfer außerdem 300 Euro als Schmerzensgeld. Der Anwalt regte daraufhin eine Einstellung des Verfahrens an. Sein Mandant sei wegen Drogenbesitzes bereits vorbelastet und könne sich dienstlich keine Vorstrafe erlauben.
Richter Christian Sommer und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft stimmten einer Einstellung auch aufgrund des Täter-Opfer-Ausgleiches im Saal letztlich zu. Der Angeklagte müsse aber eine spürbare Geldauflage zahlen, so Sommer. 1200 Euro muss der Täter nun innerhalb von sechs Monaten an das Bündnis „Aktion Deutschland hilft“ zahlen, dann wird die Akte geschlossen.