Köln – Den Begriff „Public Viewing“ benutzt Josef Rayes nicht gern. „Gepflegtes Essen und Trinken im Biergarten und dabei Fußball gucken, würde ich es eher nennen“, sagt der Gastronom, der den Biergarten am Aachener Weiher betreibt.
„Public Viewing klingt nach Party. Die wird es bei dieser EM so nicht geben. Keiner darf stehen, alle müssen auf ihren Plätzen sitzen.“ Das Wichtigste für Rayes sei es, alle Auflagen, Hygienekonzepte und Abstandsregeln genau einzuhalten.
Biergarten am Aachener Weiher zeigt alle Spiele
„Nur so kann es funktionieren und sicher für alle sein.“ 300 bis 350 statt der sonst bis zu 900 Gäste werden sämtliche Fußballspiele auf mehreren Monitoren sehen können – und nicht wie bei der Fußball-WM auch auf einer Leinwand. Dennoch fiebern die Kölner Wirte der am 11. Juni beginnenden Fußball-Europameisterschaft entgegen. Das Großereignis, das im vergangenen Sommer der Pandemie zum Opfer gefallen war, dürfte für viele zum ersten großen Umsatzbringer nach der langen Zwangsschließung werden.
„Ob und wieviel Gewinn wir so machen können, ist nicht so wichtig. Wir müssen kleine Brötchen backen. Von früher und der Zeit vor Corona zu träumen, bringt uns nicht weiter.“ Und: „Wenn eine Partie läuft, die keiner sehen will, schalten wir die Fernseher halt aus“, sagt Rayes und lacht.
„Für uns ist Public Viewing unbedingt ein Thema“, sagt Metin Izman vom Herbrand‘s in Ehrenfeld. Hier sollen alle Deutschland-Spiele an zehn bis 13 Bildschirmen im Außenbereich zu sehen sein – sollten die Zahlen weiter fallen, sind auch Übertragungen mit Beamer auf Leinwand im Innenbereich geplant. „Wir haben uns technisch verbessert und unser Surroundsystem modernisiert, damit überall gleich guter Sound herrscht“, erzählt Izman. Eingefleischte Fußball-Fans können auch die restlichen Spiele zumindest in einem Teil des Biergartens schauen. „Damit andere Gäste ihre Ruhe haben, setzen wir dann etwa nur ein Viertel der Bildschirme ein“.
In der Außengastronomie des Stadtgartens soll ebenfalls Public Viewing stattfinden. „Es wird einen großen Screen geben“, sagt Sprecherin Christine Eitel. In jedem Falle stünden alle Deutschland-Spiele sowie alle „K.o.-Spiele“ auf dem Programm.
Public Viewing mit Blick auf den Kölner Dom im Rheinauhafen
Im Rheinauhafen stehen die Betreiber des Open-Air-Kinos, Micki Pick und Klaus Eschmann, schon in den Startlöchern. „Wir planen fest mit einem Public Viewing und sind auch sehr zuversichtlich“, sagt Micki Pick. 334 Fußballfans können nach aktuellem Stand die Spiele mit deutscher Beteiligung sowie alle Spiele ab dem Achtelfinale auf einer riesigen Leinwand anschauen – mit Blick auf den Dom.
Wenn die Inzidenz stabil unter 50 bleibt, dürfen laut Pick auch mehr Zuschauer eingelassen werden. Eintritt kostet das Open-Air-Vergnügen nicht, allerdings wird es einen Mindestverzehrwert von sieben Euro geben. Die Besucherinnen und Besucher müssen sich vorher anmelden – wegen der Kontakt-Nachverfolgung wird es Pick zufolge keine Abendkasse geben.
Kölner Lanxess-Arena plant kein Public Viewing
Die Lanxess Arena hingegen ist dieses Mal nicht dabei: „Das ist uns zu kurzfristig und zu unsicher. Der Aufwand stünde da nicht im Verhältnis“, sagt Arena-Chef Stefan Löcher. Das hieße nicht, dass man dieses Thema in Zukunft nicht wieder in Angriff nehme: Bei vergangenen Turnieren hätten jeweils bis zu 15.000 Menschen drinnen und 18.000 Zuschauer im Außenbereich der Arena Spiele live verfolgt.
Auch im Odonien in der Hornstraße hat es in der Vergangenheit Public Viewing gegeben. Der Fokus liege derzeit aber eher darauf, nach langer Pause Kunst und Kultur wieder an den Start zu bringen, sagt Mitarbeiterin Anke Dieterle. „Bei großen Deutschland- und anderen wichtigen Spielen kommt man dann vermutlich nicht drum herum, ein paar Fernseher aufzustellen, um das Ergebnis im Auge zu behalten“, so Dieterle. Das sei aber eher als Nebenprogramm zu verstehen.