Köln – Die ohnehin durch Corona schwer gebeutelte Veranstaltungsbranche erwartet mit eingezogenem Kopf, welche neuen, härteren Schutzregelungen die NRW-Staatskanzlei derzeit formuliert. Die Ministerpräsidenten verständigten sich am Dienstag darauf, ab 28. Dezember Clubs und Diskotheken zu schließen, bei Fußballspielen und Großveranstaltungen keine Zuschauer zuzulassen. „Wir wüssten gerne, wo denn die Grenze zwischen 'Großveranstaltungen' und kleinen Veranstaltungen gezogen wird“, erklärt Prof. Jens Michow vom Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft e.V. Und tatsächlich wartet die Branche gespannt auf die genauen Durchführungsbestimmungen.
Aus Düsseldorf war am Mittwoch nur zu hören, dass die Beschlüsse der Bund-Länder-Beratungen „derzeit in einer neuen Fassung der nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung umgesetzt werden“. Was darin steht, darüber werde die Landesregierung „noch vor Weihnachten informieren“, so Birgit Korte von der NRW-Staatskanzlei.
„Die Perspektivlosigkeit geht weiter“
Stefan Löcher von Lanxess-Arena erklärte als unmittelbare Reaktion auf die Ankündigung: „Die Perspektivlosigkeit geht weiter“, obwohl man alle Schutzmaßnahmen getroffen und noch keinen einzigen Infektionsfall nachweislich verursacht habe. Auch Louwrens Langevoort von der Kölner Philharmonie verwies darauf, dass eine Ansteckungsgefahr in Konzerthäusern bei 2G und Maske praktisch ausgeschlossen sei.
Auch deshalb weiß noch niemand, welche neue Maßnahmen nun für noch größere Sicherhit sorgen sollen. Günter Meyer von Meyer-Konzerte erklärte am Mittwoch: „Wir recherchieren auf den Internetseiten des Landes NRW und warten auf Informationen unseres Verbandes.“ Unabhängig davon, was da kommt, hat Meyer bereits Vorkehrungen getroffen. Die Leute würden seit einiger Zeit ja ohnehin kaum mehr Tickets kaufen oder Veranstaltungen besuchen. „Wir sagen freiwillig einen Großteil unserer Veranstaltungen ab, schieben rund 400 Veranstaltungen vor uns her, die 2021 nicht stattfinden konnten.“ Es sei seit zwei Jahren eine schwierige, belastende Zeit, „da wir keinerlei Planungssicherheit haben. Wir hetzen immer neuen Verordnungen hinterher. Das ist schon sehr ermüdend.“ Dass man Maßnahmen ergreifen muss, sei klar. „Aber wir würden uns mehr Nachvollziehbarkeit wünschen, eindeutige Vorgaben, mit denen man zumindest mittelfristig planen kann. Ich hätte auch kein Problem damit, wenn man uns sagte, ihr dürft bis Ende März nichts machen. Dann wüssten wir, wo wir dran sind und könnten uns einstellen.“
„Wir fahren wie wohl alle Veranstalter und Theater auf Sicht“, erklärt Dietmar Maier von der BB Entertainment, die im Musical Dome zur Zeit das Disney Musical „Die Schöne und das Biest“ anbietet. „Falls sich die Schutzverordnung für Theater verschärfen sollte, werden wir die schriftliche Anordnung sobald vorliegend auf mögliche Auswirkungen für unsere Veranstaltungen prüfen, sprich: ob die neuen Vorgaben organisatorisch, logistisch und wirtschaftlich auch mit Blick auf den zeitlichen Vorlauf umsetzbar sind. Unser Wunsch ist dabei immer: wir wollen wenn irgendwie machbar spielen.“
Bernhard Conin vom KölnKongress ist gespannt, „was da noch kommen kann“. Im Tanzbrunnen seien erst wieder ab Mai Großveranstaltungen mit bis zu 15.000 Besuchern geplant. Bis dahin habe sich die Lage hoffentlich normalisiert. In normalen Zeiten habe man in Gürzenich, Tanzbrunnen, Flora so um die 2000 Veranstaltungen übers Jahr. „2021 waren es rund 750. Das ist vielleicht 40 Prozent unseres Normalgeschäfts.“ Sollte Karneval komplett ausfallen, sei das natürlich ein harter Schlag.
„Abwarten, was möglich ist“
Im Moment sei die Lage noch schwierig zu bewerten, sagt Andreas Möller vom Konzertbüro Schoneberg: „Bisher ist nicht klar definiert, was denn ab sofort eine Großveranstaltung ist. Wir warten also ab, was genau möglich und was nicht möglich ist. Dass uns das stark belastet, ist klar.“ Bisher sei es noch möglich gewesen, Veranstaltungen mit bis zu 1000 Besucher durchzuführen, und auch in größeren Hallen mit Kapazitätseinschränkungen bis maximal 5000 Besucher im bestuhlten Bereich. „Wir machen ja auch sehr viele unbestuhlte Veranstaltungen, die wir nicht mehr durchführen konnten und können. Wir veranstalten im Jahr zwischen 500 und 600 Konzerte. Davon haben wir in 2021 vielleicht ein Sechstel durchführen können und davon auch nicht viele Großveranstaltungen. Aber wir finanzieren ja über Großveranstaltungen die kleineren Konzerte mit.“ Viele Tourneen und Konzerte habe man von sich aus bereits vom Januar auf März, April oder noch viel weiter nach hinten verlegt: Jupiter Jones, Pohlmann, The Baseballs.
Comedia: „Für uns ändert sich nichts“
Astrid Hage sieht die Kölner Comedia nicht betroffen: „Für uns ändert sich nichts. Wir sind ja keine Großveranstalter. Wir dürfen voll besetzen, tun das aber von uns aus nicht. Wir verkaufen ein Drittel Karten weniger, kontrollieren akribisch vor der Tür, es gibt nur einen Eingang. Und die Leute reagieren positiv darauf. Sie fühlen sich sicher.“ Die Lüftungsanlagen tauschten acht Mal die Stunde die Raumluft komplett aus. Die Comedia zeige also zwischen den Jahren täglich zwei Kindertheatervorstellungen, es gebe das Silvesterprogramm mit Nessi Tausendschön. Für Januar habe die Comedia 37 Veranstaltungen disponiert.
Markus Ingmanns vom Atelier-Theater begrüßt alle Maßnahmen, die Pandemie in den Griff zu bekommen. „Aber die neuen Kontaktbeschränkungen für den Kulturbereich sollten jetzt auch zügig publiziert werden.“ Das Atelier Theater begrenze sin Kontingent auf 50 Plätze. „Aber es kommen ohnehin nicht viele Zuschauer. Die Leute sind verwirrt. Wir kennen den Stand der Corona-Schutzverordnung seitens Land und Stadt, aber die Leute tun sich da schwerer, was gilt ab wann."
Auch Gerlando Alfeo von der Volksbühne stellt fest, dass viele Veranstalter von sich aus für Januar stornieren, weil ihnen das Risiko zu groß sei. Die Volksbühne werde, Stand der Dinge, auch zwischen den Jahren das Musical „Himmel und Kölle“ spielen.
Hilfen bis Ende 2022 verlängern
Der Bundesverband der Veranstaltungsbranche BDKV mahnt an, dass die die angekündigte Verlängerung der diversen Hilfen auch für die Veranstaltungswirtschaft gelte. „Bisher sind diese aber nur bis Ende März 2022 verlängert worden. Das reicht bei weitem nicht aus. Wir müssen mindestens bis Ende des kommenden Jahres laufen.“