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„Nazis Maske vom Gesicht reißen“Gegendemonstranten empören sich über Parteitag der AfD in Kölner Schule

Lesezeit 4 Minuten
Rund 120 Kölner versammelten sich zur Gegendemonstration gegen den Afd-Parteitag in einer Kölner Schule.

Rund 120 Kölner versammelten sich zur Gegendemonstration gegen den Afd-Parteitag in einer Kölner Schule.

Besonders verärgert die Gegendemonstranten, dass der AfD-Parteitag ausgerechnet in der Johannes-Gutenberg-Realschule stattfindet.

„Wir lieben Vielfalt“ ist am Sonntag auf den drei Fahnen zu lesen, die über der Johannes-Gutenberg-Realschule im Wind wehen. Davor patrouillieren dutzende Polizisten. Einsatzwagen und Drängelgitter versperren den Weg zur Schule am Kuckucksweg, in einem dörflichen Ausläufer Kölns in Godorf. Denn im Schulgebäude versammelt sich am Sonntag die Kölner AfD, um dort ihren Kreisparteitag abzuhalten. Sprechchöre wie „Nazis raus“ und „Ganz Köln hasst die AfD“ begleiten Parteimitglieder, die von Bereitschaftspolizisten begleitet den Weg in die Schule antreten.

„Wir sind hier, um zu zeigen, dass diese rassistische Partei in unserer Nachbarschaft keinen Platz hat“, sagt die Anwohnerin Saskia Roeb. „Meine Tochter geht hier um die Ecke in die Kita. Uns ist es wichtig, auch unseren Kindern zu zeigen, dass wir diese Partei ablehnen.“

AfD wollte Parteitag in Kölner Schule geheim halten

Es ist schon ein gewohntes Bild in Köln. Erst im Juni hatten sich bei einem AfD-Kreisparteitag im Gymnasium Neue Sandkaul in Widdersdorf fast 4000 Menschen vor dem Gebäude versammelt, um gegen die AfD zu protestieren.

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Wohl weil erst am Freitag öffentlich wurde, dass die AfD zwei Tage später ihren Parteitag in der Johannes-Gutenberg-Realschule abhalten will, fällt der Protest dieses Mal deutlich kleiner aus. Etwa 120 Gegendemonstranten sind am Vormittag zur Schule gekommen, um gegen den Parteitag in ihrer Nachbarschaft zu protestieren. Neben Anwohnern haben auch Initiativen wie „Omas gegen Rechts“ und die Kölner SPD spontan für die Gegendemonstration mobilisiert. Auch Bezirksbürgermeister Manfred Giesen (Die Grünen) machte sich ein Bild von der Lage.

Dutzende Manschaftswagen der Polizei waren Sonntag in Godorf zu sehen.

Dutzende Manschaftswagen der Polizei waren Sonntag in Godorf zu sehen.

Eigentlich hätte die Öffentlichkeit gar nicht über die Veranstaltung informiert werden sollen, sagt der Sprecher der Kölner AfD, Christer Cremer. Man wollte die Nachbarschaft nicht in Aufruhr versetzen. „Es ist traurig genug, dass ein Parteitag nur mit Polizeischutz stattfinden kann.“ Cremer spricht von einem „Netzwerk“, das bewusst Informationen über den Parteitag nach außen getragen habe.

Die Gegendemonstranten auf der anderen Seite der Polizeiabsperrung stören sich dagegen daran, dass der AfD überhaupt erlaubt wird, ihre Veranstaltungen in städtischen Einrichtungen abzuhalten. Eine Sprecherin der Stadt teilte allerdings schon am Freitag mit: Der verfassungsrechtlich verankerte Grundsatz der Gleichbehandlung politischer Parteien verbiete es, bestimmten Parteien den Zugang zur öffentlichen Einrichtung Schule im Rahmen parteipolitischer Zwecke durch den Rat zu verwehren. Die Stadt sei bei der Vergabe von städtischen Räumen an Recht und Gesetz gebunden.

Gegendemonstranten sehen Auswahl der Schule für Parteitag als bewusste Provokation

„Diese Partei ist nicht demokratisch, sie wollen die Demokratie unterwandern“, entgegnet Marie-Luise Quiling von „Omas gegen Rechts“. „Es kann nicht sein, dass die Stadt es duldet, dass die AfD Kölner Schulen für ihre Machenschaften nutzt.“

Auch die ehemalige Bürgermeistern Elfi Scho-Antwerpes (SPD) ist am Sonntag bei der Demonstration gegen den Parteitag der AfD. „Es ist nicht nur für Godorf, sondern für ganz Köln schmerzlich, dass so eine Partei ihren Parteitag in einer Schule abhalten kann. Gerade in einer Schule, die sich so stark für Vielfalt einsetzt. Umso wichtiger ist es, in diesen Zeiten öffentlich dagegen aufzutreten und den Nazis ihre Masken vom Gesicht zu reißen.“ Sie wünscht sich eine generelle Diskussion über ein Parteiverbot im Bundestag, um solche Veranstaltungen in Zukunft verhindern zu können.

Viele Demonstranten verstehen den Parteitag der AfD in einer solchen Schule als bewusste Provokation. Tatsächlich hat sich die Johannes-Gutenberg-Realschule im Mai auf einer Schulkonferenz mit Schülern, Lehrerinnen und Eltern ein neues Leitbild gegeben. Um es begreifbar zu machen – so erklärte es Schulleiter Andreas Koch – habe man Wertbegriffe wie Bildung, Humor, Respekt oder Gemeinschaft in allen AGs und Kunstklassen zum Thema gemacht.

Neben den Fahnen erwartete die AfD-Politiker in der Aula auch durch Kunstobjekte und bunte Bilder, die die Schüler aufgehängt hatten, eine Art stiller Protest. „Gemeinschaft“ und „Respekt“ fordern sie auf Plakaten. An einer Wand hängt ein Puzzle mit Landesfahnen aus aller Welt, zu sehen ist eine Collage zu Gerichten und Getränken aus den Herkunftsländern der Schülerinnen und Schüler. Wie die Politiker der AfD auf die Protestaktion reagiert haben, ist unklar. Auch Journalisten ließ die AfD nicht auf den Parteitag. Laut einer Sprecherin der Polizei verlief die Gegendemonstration jedenfalls friedlich.