GroßmarktgeländeEuphorie und Existenzangst dicht an dicht bei der Parkstadt Süd
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Raderberg – Planer und engagierte Bürger arbeiten an Visionen für die Parkstadt Süd: ein Quartier auf dem heutigen Großmarktgelände und ringsherum, mit dem bis an den Rhein verlängerten Grüngürtel in seiner Mitte. Was bei den einen Euphorie auslöst, sorgt bei anderen für Existenzängste. Nathalie Balthasar, 29, etwa weiß nicht, wie ihr Betrieb „BWE Balthasar Recycling Zentrum“ mit Sitz an der Bonner Straße in den kommenden Jahren überleben soll. „Ich hänge völlig in der Luft“, sagt die Geschäftsführerin.
Das Grundstück ist gepachtet bis Ende 2019. Bis dahin sollte ursprünglich der Großmarkt seinen Standort aufgeben. Derzeit wird eine Verlängerung diskutiert, bis ein Ersatzstandort gefunden ist. Die Händler haben zwar wenig Vertrauen, dass der ihnen eine lohnende Perspektive bieten wird. Doch immerhin suchen Politik und Verwaltung nach einer Lösung. Balthasar musste dagegen in den vergangenen Monaten feststellen, dass ihr Unternehmen in den Überlegungen keine Rolle spielt. Sie fürchtet, am Ende leer auszugehen.
„Man hat mir klar gesagt, dass es in Köln keine Fläche für uns gibt“, sagt sie nach Gesprächen mit der Stadt. Die gesetzlichen Vorgaben sind verschärft worden, ein ähnlicher Standort wie der heutige würde nicht mehr genehmigt. „Herausfordernd“ nennt ein Sprecher des Amtes für Liegenschaften die Suche nach einem Grundstück, das in einem Industriegebiet liegen muss. Freie Flächen seien knapp, gerade im Süden der Stadt. Gut möglich, dass die Firma die Stadt verlassen muss. Ein Umzug würde das nach eigenen Angaben schuldenfreie Familienunternehmen aber großen Risiken aussetzen: „Wir haben unseren Kundenstamm in der Südstadt“, sagt Balthasar.
Die Firma, von ihrem Vater 1989 gegründet und seit 1994 an der Bonner Straße angesiedelt, entsorgt nicht nur die Abfälle der Großmarkthändler. Für die AWB sammeln und bündeln die Mitarbeiter den Inhalt der gelben Tonnen aus dem Kölner Süden und nehmen Bauschutt an. Nach den Karnevalszügen landen die Hinterlassenschaften der Jecken in den zwei Hallen der Firma. Die Lage am Rand der Südstadt hält Nathalie Balthasar für „einwandfrei“.
Die Belastung für die Nachbarn durch Lärm, Schmutz und Verkehr hält sie für vertretbar. In all den Jahren habe sie lediglich eine Beschwerde eines Anwohners miterlebt. Den sortierten Müll holen 40-Tonner ab, weniger als ein halbes Dutzend am Tag und überwiegend tagsüber. Von den Behörden wird ihr Betrieb regelmäßig überwacht. Nach einem – glimpflich verlaufenen – Brand vor wenigen Jahren habe die Polizei keine Sicherheitsmängel ermitteln können.
Balthasar betont, dass das Unternehmen nachhaltig wirtschafte. Überschüsse seien am Standort investiert worden, fast alle Fahrzeuge aus eigenen Mitteln finanziert. 2006 haben sie eine neue Sortieranlage angeschafft – sauber und leise, wie sie versichert.
Balthasar verweist nicht zuletzt auf den Nutzen, den die Allgemeinheit aus ihrem Betrieb ziehe. Durch einen Wegzug würde der Stadtkasse die Gewerbesteuer entgehen. Die Rhein-Energie verlöre einen guten Kunden. Und auch die derzeit mehr als 30 Jobs würden den Kölnern abhanden kommen, darunter mit Mindestlohn vergütete Arbeit für Ungelernte. Balthasar fühlt sich verantwortlich – auch für die Familien der Mitarbeiter.