Köln-Meschenich – Knapp 50 Jahre ist die „Kölnberg“ genannte Siedlung in Meschenich alt, und fast genauso lange ist sie schon das, was landläufig als „sozialer Brennpunkt“ bezeichnet wird. Nach der Fertigstellung der bis zu 26 Stockwerke messenden Gebäude liefen die Vermietungen der rund 1300 Wohnungen nur schleppend an. Nicht wenige Apartments blieben leer, offenbar schreckte die – bis heute - schlechte Anbindung an die Kernstadt Interessenten ab.
Brennpunkt Kölnberg: Wohnungen für Ramschpreise
Die Immobilienfirmen vergaben sie zu Ramschpreisen an soziale schwache Bewohnerinnen und Bewohner. Die Siedlung verkam zusehends, auch, weil einige Besitzer nur das nötigste zur Instandhaltung unternehmen.
Und weil die damalige Idee der „Großwohnsiedlung“, die fernab der Stadtzentren für viele Menschen Platz in einer Art konstruierten Urbanität bieten wollte, wohl als gescheitert angesehen werden muss. Bis heute befassen sich Stadtplaner damit, wie mit den Bausünden von damals umzugehen ist in einer Zeit, in der günstiger Wohnraum Mangelware ist.
Der CDU-Landtagsabgeordnete Oliver Kehrl reaktivierte nun die nicht ganz neue Idee, dass die Stadt den Kölnberg kaufen und modernisieren, die städtische Wohnungsbaugesellschaft GAG ihn verwalten könnte. Ähnliches ist immerhin bereits mit den Hochhäusern in Chorweiler gelungen.
Doch was im Kölner Norden nach schwierigen Verhandlungen vollendet wurde, ist im Kölner Süden etwas komplizierter. 2016 hatte die GAG in Chorweiler in einem komplizierten Verfahren und mit Hilfe des Landes NRW rund 1200 Wohnungen von einer insolventen Firma gekauft. Die Gebäude und ihr Umfeld werden im Laufe der kommenden Jahre modernisiert.
Wohnungen gehören hauptsächlich zwei Konzernen
Am anderen Ende der Stadt ist die Situation indes eine andere. Meschenich ist nicht nur schlechter an den Öffentlichen Nahverkehr angebunden. Die etwa 1300 Wohnungen befinden sich im Besitz mehrerer Eigentümer. Wie zu erfahren ist, gibt es zwei Wohnungskonzerne, denen je rund 500 Mietparteien gehören sollen. Die übrigen rund 300 Apartments befinden sich in Streubesitz.
Einer der beiden großen Konzerne scheine aber derzeit den Markt zu sondieren und biete offenbar über eine Drittfirma sein Konglomerat zu Verkauf an. Das könne eine Chance für die Stadt respektive ihrer Tochtergesellschaft GAG sein, in den Häuserkomplex einzusteigen, glaubt Kehrl. „Aufgrund der Bedeutung für den sozialen Frieden bedarf es nun einer klugen Strategie, wie man de Dinge vorantreiben kann“, sagt er. „Im Sinne einer guten Stadtentwicklung und der Entschärfung derartiger sozialer Brennpunkte“ sei es gut, „dass der Ball nun ins Rollen kommt.“ Kehrl betont, dass er sich „seit drei Jahren intensiv“ mit den Thema befasse.
Kölner FDP hält Vorstoß für „Wahlkampf-Gag“
Das sagt er, um sich des Vorwurfs zu erwehren, er platziere seine Vorschlag zwei Wochen vor der Landtagswahl aus politischem Kalkül. Diese Vermutung hegen einige im politischen Köln, zum Beispiel Ralph Sterck, Chef der FDP-Ratsfraktion. Als „Wahlkampf-Gag, der mit der Realität nichts zu tun hat“, bezeichnet der Freidemokrat Kehrls Vorstoß. Dass die Zustände in Meschenich „nicht haltbar“ seien, sei unbestritten.
Dass die Stadt nun bei sämtlichen Eigentümern der Wohnblocks ihr Kaufinteresse hinterlegen soll, halte Sterck für „das falsche Instrument.“ Und der Fraktionschef fürchtet durch Kehrls öffentliche Äußerungen noch etwas anderes: „Allein die Ankündigung wird die Preise in die Höhe treiben.“
Kölner Grüne könnten sich Kauf des Kölnbergs vorstellen
Auch Christiane Martin, Fraktionsvorsitzende der Grünen, ist skeptisch, hält die Idee des Erwerbs aber für grundsätzlich gut: „Wenn die Stadt die Wohnungen kauft, könnten die seit langem bekannten Missstände am Kölnberg sicherlich schnell und effektiv beseitigt werden. Ob dieser Weg wirklich möglich ist, muss gründlich geprüft werden.“
Ihr SPD-Pendant Christian Joisten erklärt: „Wohnungen am Kölnberg zu kaufen haben wir schon früher vorgeschlagen, dies alleine ist aber nicht die Lösung, da sich der Kölnberg in Streueigentum befindet.“ Es sei ein „Paket aus vielen verschiedenen Maßnahmen erforderlich, welches wir seit Jahren fordern“. Wie Martin habe auch Joisten Interesse daran, mit allen zusammenzuarbeiten, „die die Wohnverhältnisse am Kölnberg positiv verändern wollen, damit der Mensch zählt, nicht der Profit.“
Der Fraktionsgeschäftsführer der Linken, Michael Weisenstein, beurteilt einen Kauf des Kölnberg durch die Stadt oder die GAG als „grundsätzlich ehrenwerte Idee“, mit der sich die Verhältnisse dort „zum Besseren wenden könnten.“
Jedoch fürchtet auch er, dass ein Erwerb kompliziert werden könnte, da mit mehreren Besitzern verhandelt werden müsste. Weisenstein, der auch im Aufsichtsrat der GAG sitzt, betont aber auch, dass Kehrl seine Idee „auch nach der Landtagswahl weiterverfolgen“ müsse, damit es mehr sei als Wahlkampf.