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Hafturteil in KölnJunger Vater schüttelt sein Baby tot – „Das Weinen war für ihn schwer auszuhalten“

Lesezeit 3 Minuten
Der 20-jährige Kölner (hier im Landgericht mit seinem Anwalt Ingo Lindemann) wurde zu einer Haftstrafe verurteilt.

Der 20-jährige Kölner (hier im Landgericht mit seinem Anwalt Ingo Lindemann) wurde zu einer Haftstrafe verurteilt.

Nach der Schüttelattacke hatte das Baby keine Chance zu überleben. Das Kölner Landgericht sprach von einem schrecklichen Fall.

Drei Jahre Gefängnis, so lautet nach dem milden Jugendstrafrecht das Urteil für einen 20-Jährigen, der für den Tod eines fünfeinhalb Monate alten Säuglings verantwortlich ist. Das entschied am Donnerstag das Landgericht, das Körperverletzung mit Todesfolge annahm – der Angeklagte hatte sein weinendes Baby brutal geschüttelt. Der Staatsanwalt hatte eine Verurteilung wegen Totschlags gefordert. Ein Tötungswille konnte dem Vater aber nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden.

Köln-Nippes: Baby totgeschüttelt, weil es geweint hat

„Fälle, in denen ein Kind zu Tode kommt, sind immer schrecklich“, sagte die Vorsitzende Richterin. Wenn Eltern die Täter seien, dann stünde dahinter meist eine große Tragik. Doch der aktuelle Fall läge etwas anders. „Amira war kein Schreibaby“, so die Richterin. Und der Vater habe in der konkreten Situation auch nicht etwa stundenlang versucht, das Kind zu beruhigen. Er habe auch nicht unter Schlafentzug gelitten. Dessen damalige Überforderung sei daher nur schwer einzuordnen.

„Wie ein rohes Ei“ habe der Vater sein Baby zuvor behandelt, sich kaum an dieses herangetraut. Zwei Spaziergänge hat er allein absolviert und dies auch nur mit laufendem Videochat. Die Kindsmutter hatte am Tattag im vergangenen Dezember eingekauft und die Wohnung in Nippes nur kurz verlassen, weil sie im Supermarkt etwas vergessen hatte. Amira hatte angefangen zu weinen, ließ sich vom Fläschchen nicht beruhigen. „Das Weinen war für ihn schwer auszuhalten“, so die Richterin.

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Laut Urteil packte der Vater daraufhin das Kind mit beiden Händen unter den Achseln und schüttelte es grob, „damit sie ruhig ist“. Der Kopf des Kindes war nicht abgestützt, schleuderte hin und her. Amira gab danach keinen Mucks mehr von sich. „Der Vater merkte, dass es dem Kind überhaupt nicht gut geht und legte es ins Bett“, so die Richterin. Dann rief er seine damalige Lebensgefährtin an, die schon Momente später wieder die Wohnung betrat. Er log ihr vor, das Baby sei vom Bett gefallen.

Notarzt berichtete von sterbendem Kind auf dem Arm

Die Sturzlegende wiederholte der Angeklagte auch beim Notarzt, der ein tiefkomatöses Kind vorfand und dies mitnahm. „Auf dem Weg nach unten bemerkte er, ein sterbendes Kind auf dem Arm zu haben“, das habe der Notarzt im Zeugenstand eindringlich und ergreifend geschildert. Das Baby erlitt ein Hirnödem, zwei Tage später verstarb Amira, am 15. Dezember. „Sie war nicht mehr zu retten“, sagte die Richterin. Die Sturzversion glaubten die Ärzte nicht, der Kindsvater wurde festgenommen.

Die Kernfrage im Prozess sei es gewesen, ob der Angeklagte mit Tötungsvorsatz gehandelt habe. Dafür reiche es, wenn er den Tod des Babys zumindest billigend in Kauf genommen hätte. Das sah die Richterin bei dem lernbehinderten Mann allerdings nicht zweifelsfrei erwiesen – zumal Schütteln etwa nicht mit einem Messerstich in den Hals zu vergleichen sei, bei dem sich jeder Täter der Gefahr bewusst sein muss. Strafrechtlich bliebe somit lediglich eine Körperverletzung mit Todesfolge.

Staatsanwaltschaft prüft Revision zum Bundesgerichtshof

Die Staatsanwaltschaft hatte viereinhalb Jahre Haft wegen Totschlags gefordert und behält sich die Revision zum Bundesgerichtshof vor. Der Angeklagte nahm das Urteil noch im Gerichtssaal an und ließ dies über seinen Verteidiger Ingo Lindemann verlauten. Der 20-Jährige habe mit einer Gefängnisstrafe gerechnet, sagte Lindemann. Das Gericht hatte zwar eine günstige Sozialprognose für den Täter angenommen, die Schwere der Schuld mache aber eine Jugendstrafe unabdingbar.

Strafschärfend hatte die Richterin gewertet, dass der Angeklagte mit seiner Lüge, das Baby sei vom Bett gefallen, eine mögliche Verzögerung der Rettungsmaßnahmen verursacht hatte. Die Kindsmutter hatte nämlich zunächst ihre eigene Mutter angerufen. Dem Verurteilten riet die Richterin, den Kontakt zu seiner ehemaligen Lebensgefährtin zu suchen, bei der er sich bisher nicht entschuldigt habe. Das könne beiden helfen, das traumatische Geschehen zu verarbeiten.