Was es hingegen seit dieser Woche gibt, ist ein winziges Zusatzschildchen unter ihrem Namen, das Sie über all das aufklären würde, wenn man es denn lesen könnte. Viel ist das nicht.
Aber immerhin hat es die 1935 mit fast 90 Jahren Gestorbene geschafft, ein knappes Jahrhundert später noch einmal eine kleine Arbeiterbewegung auszulösen. Posthum sozusagen.
Erster Versuch: Ein edles Schild mit dem Namen Anna Steigers
Und das kam so: Erst ließen die Rheinauhafen-Verwalter von Arbeitern ein edles Anna-Schneider-Steig-Schild montieren. Wie sich das für ein Nobelviertel gehört. Viel schöner als schnödes städtisches Blech.
Wenig später stellten die Arbeiter, die das in der städtischen Schilderwerkstatt gefertigte Zusatztäfelchen montieren wollten, fest: Es passt nicht, will partout keine feste Verbindung mit dem Edelmetall eingehen.
Zweiter Versuch: Ein Allerweltsschild wie alle anderen auch
Diese Erkenntnis hat die Arbeiter erneut in Bewegung versetzt. Runter mit dem privaten Anna-Schneider-Steig. Weil in der Stadt Köln alle Schildernamen gleich sein müssen, wurde flugs ein schnödes neues gefertigt. Aus kommunalem Blech. Das nennt man wohl Enteignung.
Jetzt passt zusammen, was zusammengehört, hängt die schlichte Anna Schneider neben dem edlen Harry Blum und dürfte – auch wenn wir nur wenig über sie wissen – wohl darüber schmunzeln, ist sie doch zeit ihres Lebens immer wieder mit der Obrigkeit aneinandergeraten.
Zuletzt 1894, als ein höherer Polizeibeamter ihren Bildungsverein auflöste oder zwei Jahre zuvor, als sie sich heimlich unter die Mai-Umzüge der Sozialdemokraten mischte.
Kommt es zum dritten Versuch?
Warten wir ab, was die feine Verwaltungsgesellschaft im Rheinauhafen im Schilde führt. Belässt sie es beim Arbeiterschild für eine Frau, die zweifelsohne ihrer Zeit voraus war, oder veredelt sie ihr Wirken wieder?
Das könnte den Klassenkampf im Rheinauhafen aufflackern lassen, der längst als befriedet galt. Aus den Wohnungen fliegen schon lange keine Eier mehr auf Binnenschiffer, die am Kai ihre Diesel laufen lassen.