Köln – Das Kölner Standesamt wird ab dem 5. Juni bis auf Weiteres keine Ambiente-Trauungen mehr durchführen. Das sind Trauungen außerhalb des Standesamtes, insbesondere an Samstagen in Eventlocations. Für den Juni werden derzeit keine Termine mehr vergeben, bis de Stadt eine Regelung zur Abgeltung der freiwillig geleisteten Überstunden der Standesbeamten gefunden hat. Über den Terminstopp hat die Stadt die Gastronomen bereits vor Weihnachten schriftlich informiert. Nun hagelt es zornige Proteste der Kölner Gastronomie.
Am Mittwoch fand eine Videokonferenz zwischen Vertretern der Stadt Köln und einigen Gastronomen statt. „Darin wurde uns erklärt, dass die Stadt keinen Weg finde, das Überstundenproblem zu lösen“, so Rudolf von Borries, Geschäftsführer der „Wolkenburg“. Bis eine Lösung gefunden sei, müsse man alle Ambiente-Trauungen bis auf Weiteres absagen. „Am Personalrat sei bislang eine Anpassung der Dienstpläne gescheitert.“
Hochzeits-Nachfrage in Köln hoch
Im vergangenen Jahr wurden vom Standesamt rund 1000 Trauungen am Samstag vorgenommen, teilt die Stadt mit, die Hälfte davon in rund 20 Kölner Eventlocations wie der Wolkenburg, der Severinstorburg oder der Alten Versteigerungshalle. Die Nachfrage sei für die Zeit nach Mai stark angestiegen.
„Das ist doch ein absolutes Unding“, so von Borries. Darunter hätten nicht nur die Bürger zu leiden. Die Maßnahme träfe viele Gastronomen existenziell. „Da hat doch keiner darüber nachgedacht, was das für uns für Konsequenzen hat, ausgerechnet jetzt in der Corona-Zeit. Das ist für uns das einzige Standbein. Die Business-Veranstaltungen sind völlig weggebrochen. Jetzt dreht die Stadt auch das Hochzeiten-Geschäft ab wegen irgendwelcher rechtlicher Formalitäten.“
Auf seinen Protest hin sei ihm erwidert worden: „ Wir verstehen Sie, aber es ist nun mal so“, ärgert sich von Borries. „Das ist typisch Verwaltung. Wenn ich auch nur ein vernünftiges juristisches Argument gehört hätte. Nein, es ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar. Da wiehert der Amtsschimmel.“ Das Hochzeiten-Geschäft laufe Pandemie-bedingt ohnehin erst wieder nach Ostern an. Jetzt drohe es komplett auszufallen und in die Nachbargemeinden abzuwandern. „Es ist doch ein Armutszeugnis, dass das in jeder anderen Stadt möglich ist, nur nicht in Köln.“
Kölner Severinstorburg muss 80 Brautpaaren absagen
Cornelia Jülich-Radermacher trifft die Maßnahme besonders hart. „Ich habe bis zu 80 Brautpaare, denen ich allen absagen muss. Die haben wegen Corona schon ihre Hochzeiten in dieses Jahr verschoben. Die sind alle entsetzt. Die organisieren und planen ja alle schon seit Monaten.“ Sie habe im Dezember sofort einen Brandbrief an Oberbürgermeisterin Henriette Reker geschrieben und erklärt, „dass das mein Hauptgeschäft ist. Man hat mir gesagt, man würde versuchen eine Lösung zu finden.“ Die Torburg ist mit rund 180 Eheschließungen im Jahr einer der beliebtesten Ambiente-Trauorte in Köln.
„Man kann doch den Bürger nicht verwehren, am Wochenende an schönen Trauorten zu heiraten. In jeder anderen Stadt geht das. Muss ich in Düsseldorf anrufen und fragen, ob ein Beamter in die Südstadt kommt?“
Auch Iris P., die sich im Mai vom Kölner Standesamt trauen lassen wollte, wurde vom Standesamt mitgeteilt, dass ihre Eventtrauung nicht stattfinden könne, im Februar ein Termin offen sei. „Das kommt für uns nicht in Frage. Wir wollen mit Freunden und Familie feiern“, so Iris P. „Wir haben jetzt alles abgesagt. Ich kann es überhaupt nicht nachvollziehen und bin sehr traurig.“
Hintergrund der Maßnahme ist die sogenannte „Überstunden-Affäre“ bei der Stadt (hier lesen Sie mehr). Untersucht werden mutmaßlich illegal abgerechnete Überstunden im Kulturdezernat. Als Folge der Prüfung wurde nun den Mitarbeitern des Standesamtes der übliche Pauschalbetrag für die freiwillig geleisteten Ambiente-Trauungen kommentarlos gestrichen, wie Mitarbeiter des Stadt erklären. „Uns wurde nichts gesagt. Die Zahlungen entfielen einfach. Das haben wir erst im Dezember aus unseren Abrechnungen ersehen.“
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Das Überstundenentgelt liege bei nur rund 50 Prozent des Zuschlags und werde nur ausbezahlt, wenn die Überstunden nicht durch Freizeit ausgeglichen werden konnten. „Wir haben hier schon Überstunden ohne Ende, auch durch Corona. Warum sollte ich freiwillig noch mehr Überstunden leisten!“, so der Mitarbeiter. „Nach 30 Jahren fällt denen auf, dass es da ein juristisches Problem gibt!“
Nun stehen nicht ausreichend Standesbeamte zur Verfügung. Die Verwaltung arbeite „intensiv an einem neuen Modell“, das die Zustimmung der Personalvertretung finden müsse. „Bevor das Verfahren nicht abgeschlossen ist, kann das Standesamt keine Termine zur Eheschließung an Ambiente-Trauorten zusagen“, erklärt die Stadt.