Köln – Eindringlich hat der Deutsche Wetterdienst (DWD) den Südwesten NRWs vor extrem ergiebigem Dauerregen gewarnt. Es ist das dritte Starkregenereignis innerhalb weniger Wochen. Parallel dazu steigt der Pegel des Rheins, weil auch in dessen Einzugsgebiet im Süden Deutschlands viele Niederschläge fallen. Was kommt auf Köln und die Region zu? Was müssen die Bürgerinnen und Bürger beachten? Ein Überblick.
Was erwarten die Meteorologen?
Bis Donnerstagmorgen rechnet der DWD mit Niederschlagsmengen zwischen 80 und 180 Litern pro Quadratmeter. Hochwasser an Bächen und kleineren Flüssen sowie Überflutungen von Straßen seien ebenso möglich wie Erdrutsche, sagen die Meteorologen. Besonders betroffen vom Dauerregen sind laut DWD die Städte Köln und Bonn, der Rhein-Sieg- und der Rhein-Erft-Kreis, die Kreise Neuwied, Ahrweiler, Heinsberg, Euskirchen, Düren, die Eifel und die Städteregion Aachen.
In Köln sind nach Angaben der Stadt-entwässerungsbetriebe (Steb) in den kommenden Tagen insgesamt bis zu 100 Liter Regen pro Quadratmeter möglich.
Wie bereitet sich die Feuerwehr vor?
Sollten wegen des Starkregens eine Vielzahl von Notrufen eingehen, wechselt die Kölner Feuerwehr von Normal- auf „Sonderalarmbetrieb“. Dann wird die Leitstelle auf volle Besetzung hochgefahren, die Freiwilligen Feuerwehren werden nach und nach in Bereitschaft versetzt. Bei Bedarf seien sogenannte „Sichter“ unterwegs, erklärt Feuerwehrsprecher Christian Heinisch.
Feuerwehrleute, die einen Notruf vor Ort einschätzen und entscheiden, wie viele Einsatzkräfte erforderlich sind. Beim Starkregen Anfang Juni gab es rund 550 Einsätze in einer Nacht. Pro Nacht können mehr als 200 Berufsfeuerwehrleute im Einsatz sein, zusätzlich können mehrere Hundert Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr aktiviert werden. In der Leitstelle stehen 60 Telefonleitungen für Notrufe (Nummer 112) zur Verfügung.
Wie kann man seine Wohnung oder sein Haus vor Starkregen schützen?
„Schließen Sie alle Fenster und Türen“, rät der DWD. Überdies empfiehlt Ingo Schwerdorf, Abteilungsleiter bei den Steb, im Keller wichtige Gegenstände hochzustellen. Zudem sollen Hausbesitzer eine Runde um ihre Gebäude drehen und Stellen suchen, wo von außen Wasser eintreten kann, und diese bei Bedarf abdichten. Zum Beispiel Kellertreppen, Kellerfenster oder Tiefgarageneinfahrten. Hauseigentümer sollten unbedingt Rückschlagklappen in Rohrleitungen einbauen. Sie verhindern, dass Regenwassermassen von der möglicherweise überlasteten Kanalisation ins Gebäude gedrückt werden.
„Das ist wirklich superwichtig. Etwa 80 Prozent der Meldungen von vollgelaufenen Keller gehen auf fehlende Rückschlagklappen zurück“, sagt Schwerdorf. Die Steb haben online einen „Wasser-Risiko-Check“ für Köln entwickelt. Darin können die User herausfinden, wie sehr ihr Wohnhaus in verschiedenen Szenarien von Starkregen, Hochwasser oder Grundhochwasser betroffen sein könnte und erhalten Tipps zum Umgang damit.
Was ist zu tun, wenn der Keller vollläuft?
Da die Feuerwehr bei Unwettern innerhalb kürzester Zeit sehr viele Anrufe bekommt, sollen Betroffene zunächst schauen, ob sie „zehn bis 20 Zentimeter Wasser im Keller vielleicht selbst wegbekommen oder ob es von selbst abfließt, wenn sich die Lage in der Kanalisation entspannt“, sagt Feuerwehrsprecher Heinisch. Ansonsten soll man die 112 wählen.
Wichtig sei es, nicht aufzulegen, wenn in der Leitstelle nicht sofort abgehoben wird, sondern in der Leitung zu bleiben. Denn bei einem erneuten Anruf rutscht man an das Ende der Warteschlange. Grundsätzlich bittet Feuerwehr darum, die Notrufleitungen nicht für Bagatellmeldungen zu blockieren. „Bei einem medizinischem Notfall, wie einem Herzinfarkt oder bei einem Brand könnten wertvolle Sekunden zur Rettung fehlen, wenn diese Notrufe nicht direkt angenommen werden können“, appelliert Heinisch.
Ist das Kanalnetz zu schlecht?
Das Kanalnetz mit seinen Rohren und Pumpen ist für einen „starken Landregen“ ausgelegt, erklärt Steb-Ingenieur Schwerdorf. „Aber wenn es schlagartig extrem viel regnet, kann das kein Kanalnetz der Welt aufnehmen.“ Beim Starkregen Anfang Juni zum Beispiel hat es in Köln in eineinhalb Stunden bis zu 57 Liter pro Quadratmeter geregnet. „So viel wie sonst im gesamten Monat Juni“, erklärt Schwerdorf. Im Gesamten Jahr 2020 hat es in Köln 631 Liter pro Quadratmeter geregnet.
Wie entwickelt sich der Rheinpegel?
„Ab Donnerstag wird der Pegel schneller steigen“, sagt Marlene Willkomm, stellvertretende Leiterin der Hochwasserschutzzentrale. „Es gibt sehr viel Niederschlag im Einzugsgebiet, nämlich dem Oberrhein, der Lahn, Neckar und Main, vor allem aber Mosel und Sieg.“ Aktuell steht der Kölner Rheinpegel bei etwa 5,50 Meter.
Willkomm erwartet, dass am Donnerstag die Sechs-Meter-Marke geknackt wird und bis zum Wochenende sieben Meter erreicht sein könnten. Eigentlich gelten Herbst und Winter als Hochwassersaison. „Der jetzige Wasserstand ist aber auch für diese Jahreszeit nicht ungewöhnlich“, so Willkomm.
Wie bereitet sich die Kölner Hochwasserschutzzentrale vor?
„Wir bereiten momentan alles für einen Pegel von sieben Metern vor“, sagt Hochwasserexpertin Willkomm. Die ersten Stufen am Rheinboulevard sind bereits überspült, manche Campingplätze lassen ihr Areal räumen. Die Stege in Rodenkirchen werden voraussichtlich morgen aufgebaut.
Ab einem Pegel von 6,20 Metern dürfen Schiffe nur noch in der Flussmitte fahren, ab 6,30 Meter ist der Parkplatz an der Bastei unter Wasser. Ab 6,80 bis sieben Meter werden das Hubtor und mobile Wände in Rodenkirchen aufgebaut und die Groov in Porz-Zündorf überflutet.
Warum wurde im Rhein-Sieg-Kreis bereits evakuiert?
Das angekündigte Hochwasser sorgte schon am Montag für regen Betrieb im traditionsreichen Ausflugslokal „Zur Siegfähre“. Pächter Alexander Adscheid räumte das Lokal leer. Auch am Dienstag und Mittwoch sollen teilweise mehr als 100 Liter Wasser pro Quadratmeter Regen fallen.
Etwa 20 Lkw-Ladungen mit Inventar und Ware müssen aus dem Lokal geschafft werden. Im Sommer 2013 stand das Wasser der angrenzenden Sieg das letzte Mal während des laufenden Betriebs hüfthoch im Biergarten und den Räumen der „Siegfähre“. „Wir sind nur 500 Meter von der Rheinmündung entfernt. Alles hängt hier vom Hochwasserpegel des Rheins ab“, erklärt Alexander Adscheid, der seit 32 Jahren Pächter der „Siegfähre“ ist.
Wie bereiten sich die Kommunen im Kölner Umland vor?
„Jede Feuerwehr in den 13 oberbergischen Kommunen und damit rund 2700 ehrenamtliche Einsatzkräfte stehen parat“, sagt Kreisbrandmeister Wilfried Fischer aus dem Oberbergischen. „Eine Art Generalprobe“ habe es in der vergangenen Woche bereits gegeben, als Starkregen einzelne Gebiete beispielsweise in Gummersbach oder Marienheide überfluteten. Auch in Rhein-Berg wurden die Teams in den Einsatzbereitschaften verstärkt.
Martin Wagner von der Gewässerverwaltung appelliert an die Anwohner von Bächen, alle losen Gegenstände aus der Nähe der Flussläufe zu entfernen. Wenn sich ein Bachnetz zugesetzt habe, sei es nur eine Frage von Minuten, bis zum Beispiel eine Straße überflutet werde. Trotz aller Anstrengungen gebe es keinen hundertprozentigen Schutz vor den Folgen des Starkregens, heißt es in Bonn.
„Überall, also auch fernab von Gewässern, kann es durch urbane Sturzfluten zu erheblichen Schäden kommen, ausgelöst durch eindringendes Oberflächenwasser oder Rückstau aus dem städtischen Kanalnetz in die privaten Entwässerungsanlagen“, betont Peter Esch, Leiter des Bonner Tiefbauamts. Gegen diese Gefahren müssten sich die Immobilienbesitzer selber schützen, beispielsweise durch Wasserschutzschläuche, die Türen und Garageneinfahrten abdichten.
Laufen die Talsperren in NRW über?
Wie sehr sich die Regenmengen auf die Füllstände der Talsperren auswirken, ist noch unklar. Die acht Sperren des Ruhrverbands jedenfalls könnten noch Wasser aufnehmen, sagt Verbandssprecher Markus Rüdel. Die Wehre seien derzeit zu 95,7 Prozent gefüllt, normal für diese Jahreszeit aber seien etwa 84 Prozent. In den kommenden Tagen werde sich zeigen, ob die derzeit noch zur Verfügung stehenden Füllmenge von 18,9 Millionen Kubikmeter ausreicht, so Rüdel. Das Wasser werde dann im Zweifel in die Ruhr abgelassen. Auf den Rheinpegel jedoch hätten alle nordrhein-westfälischen Talsperren „so gut wie keinen Einfluss“.