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StudieFür Kölner und Düsseldorfer schmecken Kölsch und Alt gleich

Lesezeit 4 Minuten
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Symbolbild

  1. Wirtschaftsprofessor Helmut Quack von der Hochschule in Düsseldorf hat Kölner und Düsseldorfer Kölsch und Alt blind verkosten lassen.
  2. Ergebnis der Studie: Die Laien können die beiden Biersorten kaum auseinanderhalten.

Köln – Mein lieber Professor Helmut Quack! Uns Kölnern ist egal, dass Sie nach 15 Jahren Forschung herausgefunden haben wollen, zwischen Kölsch und Alt gebe keinen Unterschied im Geschmack. Das kann nur jemand behaupten, der als Wirtschaftsprofessor an der Hochschule Düsseldorf arbeitet.

Wir werden dem Kölsch die Stange halten. Uns tun nur die vielen Probanden leid, die im Laufe der Jahre zu Ihren Forschungsobjekten wurden: Ihr privater Freundeskreis, Ihre Studenten aus Marketingvorlesungen, schließlich die Teilnehmer von Marketing-Seminaren in Unternehmen. Haben Sie überhaupt noch Freunde?

Kardinal Rainer Woelki mal mit Alt...

Kölsch? Alt? Alles schmeckt gleich, alles ist Alsch. Oder Költ? Aber jetzt mal im Ernst. Wie hat der Professor das herausgefunden? „Ich habe das selbst nicht geglaubt, als ich vor mehr als 15 Jahren an zwei Brauerei-Besichtigungen in Düsseldorf und Köln teilgenommen habe und mir beide Braumeister bestätigt haben, dass Kölsch und Alt nahezu identisch schmecken.“

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... mal mit Kölsch.

Deshalb hat Quack sich 50 Kölner und 50 Düsseldorfer gesucht, ausnahmslos Männer zwischen 35 und 65, Männer im trinkfreudigsten Alter, Männer, die sich als „echte Kölner“ oder „echte Düsseldorfer“ bezeichnen, in ihrer Stadt geboren sind und mindestens seit 20 Jahren dort leben. Frauen spielten für den Versuch keine Rolle. „80 Prozent aller Männer trinken Bier, nur 40 Prozent der Frauen“, sagt der Professor. „Außerdem trinken Männer fast die siebenfache Menge. Deshalb sind sie als Zielgruppe besonders gut geeignet.“ Aber wie findet „echte Kölner“ und „echte Düsseldorfer“. Durch einen Mehrfachfilter, der dem Wissenschaftler besonders wichtig war. „Ich hatte bei vorherigen Versuchen mit Studenten mal einen Kölner, der in Düsseldorf studiert hat. Was soll der zu Kölsch sagen? Der findet das großartig.“ Deshalb wurden die Interviewer handverlesen. „Alles Studenten, die keine Beziehung zu Düsseldorf und Köln haben.“

Das Ergebnis der Blindverkostung

...sowie Fritz Schramma (Köln) und der inzwischen verstorbene Joachim Erwin (Düsseldorf).

Na dann Prost. Die Probier-Banden mussten Früh-Kölsch und Schlüssel-Alt – zwei Sorten, die als typische Vertreter ihrer Gattung gelten – bei der Blindverkostung aus neutralen Gläsern trinken und bewerten. „Schmeckt mir“, „schmeckt frisch“, „schmeckt mild“, „schmeckt würzig“.

Das Ergebnis des Blindflugs macht schlagartig nüchtern: 55,5 Prozent der Düsseldorfer erkannten ihr Alt, 54,4 Prozent der Kölner ihr Kölsch. „Das sind Unterschiede auf Zufallsniveau. Objektiv lassen sich Kölsch und Alt nicht unterscheiden.“ Die Ergebnisse des Blindtests seien „insofern erstaunlich, „da man meinen könnte, dass sich durch das dunklere Malz im Alt Nuancen gegenüber dem Kölsch ergeben und diese auch zu schmecken sind“, sagt Quack.

Denkste: Am Ende steht die ernüchternde Erkenntnis, dass sich die beiden Biersorten nur durch ihre Farbe unterscheiden. Das Auge trinkt mit und führt zu einer Sinnestäuschung: Die dunkle Farbe des Alt suggeriert, dass der Geschmack kräftiger sein, die helle Farbe des Kölsch lässt die Vermutung zu, dass das Bier mild sein muss. Tatsächlich kommt Schlüssel-Alt auf 30 Bitter-Einheiten, Früh-Kölsch nur auf 22. Herausschmecken lässt sich das nicht.Was nun gar nicht mehr überrascht: Bei der offenen Verkostung ohne Augenklappen, tranken die Männer in Treue fest zu ihrem Heimatbier. 78 Prozent der Düsseldorfer pro Alt, 78 Prozent der Kölner pro Kölsch.

Professor Helmut Quack.

Und was bedeutet das? „Wenn die Leute nicht erkennen können, was sie trinken, ist die Markenführung extrem wichtig“, sagt Quack. „Das Marketing ist eine Inszenierung bis in kleinste Detail.“ Flaschenfarbe, Etikett, Werbung, alles werde im Gehirn abgespeichert. „Im Grunde“, sagt der Professor, „trinken wir ein Lebensgefühl“.

Da ist Kölsch dem Alt weit überlegen. Weil es die einzige Sprache, die man auch trinken kann. Und noch was spricht gegen Düsseldorf. Professor Detlef Fetchenhauer und sein Forscherteam vom Institut für Wirtschafts- und Sozialpsychologie der Uni Köln haben das Phänomen schon 2006 untersucht und sind zu vergleichbaren Ergebnissen gekommen. So leid es uns tut, Professor Quack. Ihre Studie ist leider – Alt.

Was Kölner mit Alt und Düsseldorfer mit Kölsch verbinden

Das verbinden Kölner mit Kölsch: Heimat, Vertrautheit, Fußball, Gemütlichkeit, Geselligkeit, Lebensart, Karneval, sozialer Klebstoff, Geschmack von Köln und die einzige Sprache, die man auch trinken kann.

Das verbinden Kölner mit Alt: So gut wie gar nichts außer wenigen negativen Dingen: Düsseldorf als die verbotene Stadt und eine allgemeine Düsseldorf-Antipathie.

Das verbinden Düsseldorfer mit Alt: Heimat, Fußball, Altstadt, gemütliche Atmosphäre, am Rhein sitzen, die längste Theke der Welt und die vielen Hausbrauereien.

Das verbinden Düsseldorfer mit Kölsch: Es werden vor allem generische Begriffe genannt wie Köln oder obergärig. Selten gibt es Assoziationen wie Fußball, Dom, Kölsch-Stange oder Tradition.

Hier zwei kurze Kostenproben aus den unendlich vielen Witzen und Sprüchen über Kölsch und Alt, die Professor Helmut Quack bei der Erstellung seiner Studie begegnet sind: „Lieber Alt als geschmacklos“, sagt der Düsseldorfer über das Kölsch. „Alt ist so dunkel, weil es sich schwarz ärgert, kein Kölsch zu sein“, kontert der Kölner. Letzterer fasst es auch so zusammen: „Ich muss schnell mein Kölsch trinken, bevor es Alt wird.“