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Fragen und AntwortenWarum der Bau des Radschnellwegs nach 13 Jahren Planung auf Eis liegt

Lesezeit 5 Minuten
Visualisierung des Radschnellwegs Köln-Frechen am Militärring

So könnte der Radschnellweg Köln-Frechen am Militärring aussehen.

Die 8,4 Kilometer lange Trasse soll vom Frechener Bahnhof zur Kölner Universität führen und den Autoverkehr in dem Bereich reduzieren.

Der 8,4 Kilometer lange Radschnellweg zwischen Köln und Frechen sollte ursprünglich zu den ersten Radschnellwegen überhaupt in Nordrhein-Westfalen gehören. Doch 13 Jahre nach dem Beginn der Planungen liegt das einstige Prestige-Projekt wie berichtet erst einmal auf Eis, zuvor kam es zu immer wieder neuen Verzögerungen. Ob der Bau des Radschnellwegs, der beim Land die Nummer 6 trägt, trotzdem noch irgendwann beginnen wird, ist völlig unklar. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Was ist eigentlich ein Radschnellweg?

Ein Radschnellweg verbindet in der Regel attraktive Start- und Zielpunkte auf einem direkten Weg miteinander. Die Radfahrerinnen und Radfahrer sollen auf den eigens dafür ausgebauten Trassen mit hoher Geschwindigkeit vorankommen und möglichst selten oder nur sehr kurz anhalten müssen. Die Radschnellwege sind vier Meter breit, sodass zwei Radfahrer in entgegengesetzten Richtungen problemlos aneinander vorbeifahren könne.

Wie sinnvoll sind Radschnellwege?

Insbesondere beim Einsatz von E-Bikes gelten Radschnellwege als attraktive Alternative für Autofahrer. Die Städte sollen davon profitieren, dass sich die Staugefahr auf den beliebten Streckenabschnitten reduziert, wenn parallel ein Radschnellweg existiert. Überwiegend sollen dort Pendler unterwegs sein, um das Straßennetz zu entlasten. Erfahrungen aus den Niederlanden belegen, dass nach dem Bau eines solchen Radschnellweges bis zu 15 Prozent der Autofahrer in dem betroffenen Bereich auf das Fahrrad umsteigen.

Wo genau soll der Köln-Frechener Radschnellweg entstehen?

Die Trasse soll am Bahnhof Frechen beginnen, über die Toyota-Allee durch Marsdorf führen, über die Bachemer Landstraße führen und den Äußeren Grüngürtel sowie den Militärring queren und über die Bachemer Straße weiter durch Deckstein und Lindenthal bis zur Universität führen.

Der Verlauf des geplanten Radschnellwegs Köln-Frechen

Die 8,4 Kilometer lange Trasse des geplanten Radschnellwegs Köln-Frechen

Wie viel schneller wären Radfahrer auf dem Schnellweg?

Die Stadt rechnet für die Radfahrerinnen und Radfahrer mit einer Steigerung der Durchschnittsgeschwindigkeit von bislang 16 Kilometer pro Stunde auf 23. Die Radfahrgeschwindigkeit werde sich um 40 Prozent erhöhen, so die Stadt. Auf der gesamten Strecke des Radschnellweges ist demnach ein Zeitgewinn von neun Minuten erreichbar. Man bräuchte für die gesamte Strecke statt 32 Minuten nur noch 23 Minuten.

Wann und wie hat das Projekt begonnen?

Das Projekt gehörte im November 2013 zu den fünf Gewinnern eines Landeswettbewerbs für Radschnellwege, den der damalige Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) initiiert hatte. Klaus Harzendorf, der damalige Leiter des Amts für Straßen und Verkehrstechnik, versprach sich von dem Radschnellweg einen deutlichen Rückgang des Autoverkehrs. Damals waren auf der Strecke pro Tag 1000 Radfahrer unterwegs, die Stadt Köln rechnete damit, dass nach dem Bau der Trasse dort fünfmal so viele Radfahrer unterwegs sein würden.

Was ist bislang passiert?

Im November 2016, also drei Jahre nach dem Wettbewerb, gaben das Land als Fördergeber sowie die Städte Köln und Frechen eine Machbarkeitsstudie in Auftrag. Im Dezember 2019 fasste der Verkehrsausschuss des Stadtrates den Beschluss, die von den Planern entworfene Vorzugsvariante umzusetzen. Zuvor kamen noch verschiedene Änderungswünsche, unter anderem aus der Bezirksvertretung. Im Juli 2021 beauftragten der Landesbetrieb Straßen NRW, der die Planung außerhalb Kölns übernimmt, und die Stadt Köln einen Gutachter, um den Baugrund zu untersuchen. Im April 2025 wird schließlich bekannt, dass es keinen positiven Wirtschaftlichkeitsnachweis für den Bau des Radschnellwegs gibt. Den will das Land aber haben, um sich als Fördergeber an den Kosten zu beteiligen. Das Projekt ruht bis auf Weiteres.

Was soll der Radschnellweg voraussichtlich kosten?

Im Jahr 2019 lag die Kostenprognose für den Bau bei rund 38,2 Millionen Euro und für die Planung bei weiteren rund 1,4 Millionen Euro. Das Land NRW soll sich über eine Förderung mit bis zu 80 Prozent der Summe beteiligen. Aufgrund der nach der Corona-Pandemie deutlich gestiegenen Baukosten hat sich das Projekt inzwischen noch einmal verteuert. Hinzu kommt, dass seit dem Jahr 2019 ein neuer Leitfaden der Bundesanstalt für Straßenwesen zur Nutzen-Kosten-Analyse von Radschnellverbindungen existiert. Die Berechnung aus der Machbarkeitsstudie wurde damit ungültig. Trotz mehrfacher Reduzierung der Ausbau- und Qualitätsstandards sei eine Wirtschaftlichkeit nun nicht mehr nachweisbar, sagt Kölns Verkehrsdezernent Ascan Egerer.

Warum muss ein Radschnellweg überhaupt wirtschaftlich sein und wie berechnet sich das?

Da ein Radschnellweg keine direkten Erlöse erbringt, ist eine Berechnung der Wirtschaftlichkeit schwierig. Es wird daher zum Beispiel geprüft, wie sich aufgrund des Projekts die Unfallzahlen entwickeln werden, welche Treibhausgasemissionen während des Baus entstehen, welche Schadstoffemissionen eingespart werden, wie sehr die Straßen vom Autoverkehr entlastet werden und wie gut die Innenstadt angeschlossen wird. Der Nutzen des Radschnellwegs wird anschließend in einen fiktiven Geldwert umgerechnet. Ist er größer als die Kosten, ist das Projekt wirtschaftlich von Vorteil und somit auch förderfähig. Die Berechnung der Wirtschaftlichkeit wurde auf diese Weise vereinheitlicht, damit grundsätzlich alle Verkehrsprojekte miteinander vergleichbar sind.

Gibt es noch andere Radschnellwege in Nordrhein-Westfalen?

Es gibt Planungen für insgesamt acht Radschnellwege in Nordrhein-Westfalen: den Radschnellweg (RS) 1 im Ruhrgebiet, den RS2 im Westmünsterland, den RS3 in Ostwestfalen-Lippe, den RS4 in der Euregio bei Aachen, den RS5, der Neuss, Düsseldorf und Langenfeld verbinden soll, den RS6 Köln-Frechen, den RS7 im mittleren Ruhrgebiet (Essen, Bottrop, Gladbeck) sowie den Radschnellweg in Monheim als Ergänzung für den RS5. Tatsächlich befahrbar sind bislang allerdings nur Teile des RS1 und des RS5, bei allen anderen Trassen handelt es sich derzeit noch um Planungen.

Wie geht es jetzt mit dem Radschnellweg Köln-Frechen weiter?

Kölns Verkehrsdezernent Ascan Egerer hat das NRW-Verkehrsministerium darum gebeten, auf einen Wirtschaftlichkeitsnachweis zu verzichten, damit der Radschnellweg doch noch eine Förderung erhalten kann. Alleine werden Köln und Frechen das knapp 40 Millionen Euro teure Projekt nicht finanzieren können. 13 Jahre der Planung wären vergebens gewesen. Den Nachweis fordert allerdings das Bundesverkehrsministerium. Das NRW-Verkehrsministerium teilte auf Anfrage mit, dass es derzeit anhand des Radschnellwegs Köln-Frechen prüfe, ob und wie die Methodik des Wirtschaftlichkeitsnachweises des Bundes angepasst werden könnte. Entscheiden muss am Ende aber der Bund, nicht das Land.