Die Synagogen-Gemeinde leidet zunehmend unter Antisemitismus und dem Krieg in Israel: Der Polizeipräsident verteidigt ihre Zugehörigkeit zu Köln.
JahresempfangSynagogen-Gemeinde Köln: „Können wir noch sicher jüdisch leben?“
Der Jahresempfang der Synagogen-Gemeinde Köln war in diesem Jahr besonders politisch geprägt. Und besonders emotional. Der Krieg in Israel betrifft auch die jüdischen Kölnerinnen und Kölner stark. In der Synagoge flossen Tränen wegen der Geiseln, die die Hamas noch immer in ihrer Gewalt hält. Das Lied mit dem Video „Bring them Home“, von 1000 Musikern im Dezember in Israel aufgeführt, betrauert in einem gesungenen Gebet den Schmerz der Familien und Opfer. In der Roonstraße brannte sich der Hilferuf der Jüdinnen und Juden ins Gedächtnis der geladenen Gäste.
Und auch in Köln leidet die Gemeinde unter zunehmendem Antisemitismus. „Kippa tragen auf der Straße? Lieber nicht.“ So leiten die Gemeindevorstände Bettina Levy und Felix Schotland den Empfang ein. „Rabbiner in der Straßenbahn? Lieber nicht.“ Levy sagte, einige Gemeindemitglieder wollten ihre Kinder nicht mehr in jüdische Einrichtungen schicken, wiesen ihre Söhne und Töchter an, Ketten mit Davidstern-Anhängern nicht offen zu tragen.
Antisemitismus sieht Schotland besonders auf sozialen Netzwerken unter jungen Menschen verbreitet. „Wir müssen Jugendlichen beibringen, gut hinterfragen zu können“, sagt er und fordert mehr Bildungsarbeit über seine Religion.
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Überfall der Hamas auf Israel ist eine Zäsur auch für die Kölner Gemeinde
Im Schnitt vergehe in Köln kein Tag ohne antisemitischen Vorfall, wie die Zahlen zeigen, die die Vorstände vorlegten. Erhöht habe sich die Feindseligkeit und Bedrohung gegenüber Jüdinnen und Juden durch den Überfall der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel vor sechs Monaten. Der 7. Oktober markiere eine Zäsur. „Für uns gibt es nur noch ein Davor und ein Danach“, sagte Schotland.
Trotzdem schweige die gesellschaftliche Mitte, ebenso die Kultur, sagte Levy. „Bleiben Sie uns gewogen, auch wenn der Kampf in Israel hässlich wird“, richtete sie sich an die Kölner Politik und Bürgerinnen und Bürger. Levy fragte immer wieder: „Können wir noch sicher jüdisch leben?“
Polizeipräsident Johannes Hermanns antwortete in seiner Ansprache auf die Frage in Anbetracht der Beamten vor der Tür: „Es ist weit von dem entfernt, was wir unter einem friedlichen Zusammenleben verstehen.“ In die Synagoge kommen die Gemeindemitglieder nur durch eine Sicherheitsschleuse.
Polizeipräsident zeigt sich betroffen, dass Schutz von Synagoge durch Beamte nötig ist
Für sie sei das Alltag. Sie gingen an „zwar freundlichen, aber bewaffneten“ Polizistinnen und Polizisten vorbei, beschreibt Hermanns die harte Realität in Deutschland, wo die Gefährdungslage für Jüdinnen und Juden seit dem 7. Oktober weiterhin als hoch eingestuft wird.
Neben dem Krieg in Israel sorgen die pro-palästinensischen Demonstrationen in Köln für Unsicherheit in der Gemeinde. „Niemandem ist es erlaubt, unter dem Deckmantel der Versammlungsfreiheit das Existenzrecht Israels anzuzweifeln oder Gewalt zu feiern“, sagte Hermanns und versicherte, detailliert darauf zu achten, wann die Meinungsfreiheit bei den Veranstaltungen in Köln überschritten werde. „Die jüdische Gemeinde hat einen festen Platz in unserer Stadt.“
Ein dritter Faktor trug zum besorgniserregenden Tenor dieses Jahresempfangs bei. Das Treffen der Rechtsextremen in Potsdam und deren Fantastereien zur Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland. „Die Stadt duldet keinen Antisemitismus und keinen Rassismus“, sagte Bürgermeister Andreas Wolter. Er hob in seinem Grußwort den Widerstand gegen rechte Ideologien der vergangenen Monate in Köln hervor. „Nicht-Juden müssen ganz unmittelbar widersprechen.“