Verkaufsoffener SonntagEin Tag des Veedels in schwierigen Zeiten
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Köln – Vor dem Secondhand Laden Ti Amo auf der Dürener Straße hält ein Seniorenpaar an, sie wirft einen Blick ins Schaufenster, er geht langsam weiter. Obwohl Sonntag ist, hat der Laden auf, denn Lindenthal sowie 21 andere Veedel feierten am Sonntag den „Tag des Veedels“. Eigentlich hätte es auch Veranstaltungen und Bühnenprogramm gegeben – die aber fielen wegen der verschärften Corona-Bestimmungen aus. Immerhin: Der Tag blieb ein verkaufsoffener Sonntag.
Um Punkt 13 Uhr hat Sabine Friesdorf, Inhaberin von Ti Amo, schon Kleiderständer auf die Straße gestellt. „Ich bin heilfroh, heute öffnen zu dürfen“, sagt sie, „an Sonntagen sind Kunden meist entspannter.“ Im Laden sind coronabedingt nur zwei Kunden erlaubt, drei Schilder weisen am Eingang darauf hin. Michaela Tschimmel und Gabriele Basler betreten das Geschäft, ihre Männer warten draußen. Die beiden Paare kommen aus Porz. „Als Programm an einem Sonntag finden wir es toll, Läden anderer Viertel kennenzulernen“, sagt Basler.
Tschimmel probiert einen Mantel an, Inhabern Friesdorf fordert sie auf, ihn ihrem Mann vor dem Laden zu präsentieren. „In einem großen Laden in der Innenstadt könnten Kunden das nicht so machen. Kleine Läden im Veedel sind eine wichtige Alternative für alle, denen die Stadt zu voll ist“, sagt sie.
Die Innenstadt ist im Vergleich zur Dürener Straße tatsächlich voll, auf der Schildergasse können aber die Abstände eingehalten werden. Das Ordnungsamt kontrolliert auf der Hohe Straße, aber kaum eine Nase guckt aus einer Maske hervor. Die meisten Menschen sind in Zweiergruppen unterwegs.
„Wir sind hier, weil ich in einem Geschäft ein anderes Kauferlebnis habe als online“, sagt Julian H., der vor einem großen Elektronikgeschäft Schlange steht. Seine Begleiterin befürwortet auch den verkaufsoffenen Sonntag: „Ich wohne nicht weit von hier und an Samstagen ist es noch voller als heute.“ Sie könnte sich verkaufsoffene Sonntage viel häufiger vorstellen, um das Einkaufen zu entzerren.
Hans-Günter Grawe, Handelskümmerer der Kölner Werbe- und Interessengemeinschaft, sieht den Tag des Veedels auch gerade deswegen als Chance. Er hat den Tag mitorganisiert und ist zufrieden mit dem Verlauf. An die Regeln würde sich nach seiner Beobachtung überall gehalten: „Wir dürfen unsere Einzelhändler nicht im Stich lassen; sie erhalten die Vielfalt unserer Veedel. Umsätze sind dabei aber nun einmal wichtig.“
Ganze Familie macht mit
Das gilt auch für Franz König, der an der Ehrenstraße die Buchhandlung seines Vaters, Walther König, leitet. Er ist auf Kunstbücher spezialisiert, weswegen viele seiner Kunden normalerweise von weit her kommen, zum Beispiel aus den Benelux-Staaten. „Wir haben nicht immer an verkaufsoffenen Sonntagen mitgemacht, weil Laufkundschaft wegen unseres speziellen Angebots nur einen Teil unserer Kunden ausmacht“, sagt König. „Die Möglichkeit heute nehmen wir aber gerne wahr.“
Weil Sonntage auch dazu da sind, Zeit mit der Familie zu nutzen, sind seine drei Kinder, seine Lebensgefährtin sowie sein Vater heute auch anwesend. Walther König fügt hinzu: „Uns würde ein fixer Sonntag im Monat eher helfen, damit unsere Kunden besser planen könnten.“ Ein Buch, dass seit Corona häufig nachgefragt wird, beschäftigt sich mit Glück: „Die Leute lesen mehr, und wenn wir sie dabei unterstützen können, freuen wir uns natürlich“, sagt der 81-Jährige. Deswegen wollen sie online, an Wochentagen und auch an weiteren Sonntagen für ihre Kunden da sein.
Ob das an den Adventssonntagen möglich sein wird, ist noch unklar. Handelskümmerer Grawe warb nach einer positiven Bilanz des Tages für die Erlaubnis des Landes, öffnen zu dürfen. Die Gewerkschaft Verdi hat vor dem Oberverwaltungsgericht gegen das Land mit dem Hinweis auf steigende Corona-Infektionszahlen geklagt.