Köln – Am 23. Dezember ist Schluss mit den meisten Weihnachtsmärkten in Köln. Die Pandemie macht alles kompliziert, auch der adventliche Budenzauber in der Stadt blieb davon nicht verschont. Natürlich nicht. 3G, 2G, wer kontrolliert wie die Regeln, wie viele Stände durften aufbauen, und ist es grundsätzlich verantwortbar, dass die Märkte bei zu erwartenden vielen Besuchern überhaupt aufbauen dürfen? Sie durften, auch wenn die Betreiber lange zittern mussten. In den letzten Tagen zog es noch einmal Tausende an die weihnachtlichen Buden. Ein Rundgang über die größten Weihnachtsmärkte im Stadtzentrum.
Rudolfplatz
Das „Nikolausdorf“ zeigt sich in ansprechender Besinnlichkeit. Am späten Nachmittag bei Einbruch der Dunkelheit ist nicht viel los in den Gängen zwischen den Buden. „Das wird auch nicht mehr, das war schon die letzten Wochen so“, resümiert ein Verkäufer an einem Glühweinstand. Wenn sich Menschentrauben bilden, dann an den Tischen vor den Fressbuden. Hier stehen mitunter sechs Personen Schulter an Schulter an einem Stehtisch – ohne Maske, die darf hier abgenommen werden. Ansonsten trägt hier so gut wie jeder und jede eine Gesichtsbedeckung.
Zwei Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes schlendern wie Besucher von Bude zu Bude. Als sie eine Touristin sehen, die den Mund-Nase-Schutz nur als Mundschutz trägt, machen sie die Frau mit einem dezenten Fingerzeig darauf aufmerksam, dass das so nicht geht. Überall hängen Schilder, auf denen in einem weiße Kreis in rot „2G“ steht. Impf- oder Genesenennachweise kontrolliert in dieser Stunde dennoch niemand. Die Polizei verfolgt das Treiben im Streifenwagen östlich des Hahnentors aus sicherer Entfernung. „Das Ordnungsamt habe ich hier noch nicht gesehen“, sagt eine Reibekuchenverkäuferin. Sie trägt in ihrem Stand Maske. „Doppelfunktion: Gegen Corona und gegen spritzendes Fett“, grinst sie.
Am Eingang des kleinen Weihnachtsmarkts gegenüber der Hahnentorburg steht ein Sicherheitsmann und kontrolliert konsequent jeden Impfnachweis, den er bekommen kann. Zwar gehen während einer Kontrolle einige Besucherinnen und Besucher an ihm vorbei, aber der Mann nimmt die Auflage, dass stichprobenartig geprüft werden soll, sehr ernst. Auch hier ist nicht viel los, maskenlose Gäste sind nicht unterwegs.
Auch auf dem Markt der Engel ist auf den ohnehin breiten Gängen viel Platz. Und auch hier knubbelt es sich an den Glühweinständen. Sobald die Tasse auf dem Tisch steht, nehmen die Gäste die Maske ab – was sie ja auch dürfen. Es herrscht ausgelassene Stimmung in abstandsloser Enge, auch in den Bereichen, die den Charakter von geschlossenen Räumen haben. „Fast wie früher“, freut sich ein Mann mit Glühwein mit Schuss unüberhörbar. Wenn in dieser Freiluftveranstaltung das Virus irgendwo verbreitet wird, dann ganz sicher hier.
In den übrigen Bereichen ist kaum jemand ohne Maske zu sehen. Zwei Frauen laufen ungeschützt an zwei Sicherheitsdienstangestellten vorbei, aber bleiben unbehelligt. Stattdessen unternehmen die beiden die ehrenwerte Aufgabe, ein verlorenes Smartphone, in dessen Hülle ein Personalausweis steckte, seinem Besitzer zurückzugeben. 2G-Stichproben sind hier nicht festzustellen, das Ordnungsamt ist in der Zeit nirgends präsent. Die Stimmung ist entspannt, von Hektik keine Spur, zwei Polizisten unterhalten sich mit einem kleinen Jungen über das jüngste Spiel des 1. FC Köln.
8650 Personen wegen Missachtung von 2G von Weihnachtsmärkten verwiesen
Während des Rundgangs des „Kölner Stadt-Anzeiger“ über die Weihnachtsmärkte im Stadtzentrum wurden Mitarbeitende von Sicherheitsdiensten und Polizisten angetroffen – jedoch niemand vom Ordnungsdienst der Stadt. Die Stadtverwaltung weist nun darauf hin, dass in erster Linie die Betreiber der Weihnachtsmärkte für die Einhaltung der 2G-Regeln – nur Geimpfte und Genesene dürfen die Areale besuchen – zuständig sind. „Der Ordnungsdienst kontrolliert stichprobenartig die Einhaltung der Verpflichtung der Betreiber und dabei auch die 2G-Regel“, heißt es.
Seit Eröffnung der Weihnachtsmärkte Ende November haben Mitarbeitende des Ordnungsdiensts bis vorigen Montag 22.471 Besucher auf den 2G-Status kontrolliert und gegen 95 von ihnen Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet, erklärt die Stadt. Zudem wurde bei 1185 Personen, die auf den Märkten arbeiten, der für die geltende 3G-Status überprüft. 24 Beschäftigte hatten gegen die Regel verstoßen. 33 Mal beanstandete die Stadt Märkte, weil sie die stichprobenartigen Kontrollen offenbar nicht durchführten, sagt die Verwaltung weiter. In drei Fällen wurden deswegen Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet.
Nach Auskunft der Stadt haben die Weihnachtsmarktbetreiber dem Ordnungsamt mitgeteilt, dass sie mehr als 900.000 Besucherinnen und Besucher überprüft und fast 8650 Personen der Veranstaltungsflächen verwiesen hätten, „weil sie keinen 2G-Status vorlegen konnten oder wollten“, sagt die Stadt weiter.
Die meisten Weihnachtsmärkte sind noch am Donnerstag, 23. Dezember geöffnet. (og)
Heumarkt/Alter Markt
Ein deutlich anderes Bild bietet sich an „Heinzels Wintermärchen“ auf dem Heumarkt und Alter Markt. Hier ist es richtig voll. Vor der Eisbahn gibt es eine lange Schlange, das Gedränge erinnert schon fast wieder an Vor-Corona-Zeiten. Kurz vor den Feiertagen ist der Besucherstrom deutlich dichter als in den Wochen zuvor. Zum einen mögen bereits viele in den Weihnachtsurlaub gestartet sein und die freien Tage nutzen, zum anderen sind auffällig viele Touristinnen und Touristen zu hören.
Dem Sprachwirrwarr zufolge machen den größten Teil US-Amerikanerinnen und -Amerikaner sowie Menschen aus den Niederlanden aus. So auch Juliana Smulders, die in der Nähe von Eindhoven lebt, gebürtig aber aus New York City stammt. „In den Niederlanden ist es gerade total langweilig“, sagt sie auf Englisch und lacht. Das Land befindet sich wegen der steigenden Fallzahlen und der Omikron-Variante seit Sonntag wieder im Lockdown. Die Geschäfte sind geschlossen - viele Niederländer kaufen ihre letzten Geschenke daher jetzt in Deutschland.
„Ich bin geimpft und auch schon geboostert“, sagt Touristin Smulders. „Ich fühle mich sicher.“ In den Staaten sei Weihnachten ein viel größeres Ding als in den Niederlanden. Auf dem Weihnachtsmarkt wolle man nun nochmal die Stimmung genießen.
Roncalliplatz
Von Besinnlichkeit ist auf dem kleinen, mit Rindenmulch ausgelegten Platz unterhalb des Domes nichts zu spüren. Rund um die Glühweinbude in der Holzpyramide ist es so gedrängt wie nirgends sonst. Mitarbeitende kontrollieren zwar alle sowohl aus Richtung Alter Markt als auch aus Richtung Dom kommenden Besucherinnen und Besucher auf ihren 2G-Nachweis. Vom Ordnungsamt ist allerdings auch hier keine Spur. „Lass' mal gehen, mir ist das hier zu voll“, sagt ein Gast zu seiner Begleitung.
Auf dem Roncalliplatz selbst sieht es da schon ein wenig entspannter aus. Wie schon am „Heinzels Wintermärchen“ sind auch hier die Überprüfungen der Standbetreiberinnen und -betreiber am präsentesten. Wer nicht selbst am Glühweinstand ansteht, wird meist auch nicht gefragt. Im Selbsttest des Reportergespanns wurden beide innerhalb einer Stunde am Stehtisch nicht einmal kontrolliert. Strengere Maßnahmen drohen den Weihnachtsmärkten aber sowieso nicht mehr: Trotz aller zwischenzeitlichen Befürchtungen konnten sie den ganzen Advent über geöffnet bleiben.