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Wo steht Köln?Neue Serie analysiert Fehler und Erfolge

Lesezeit 5 Minuten
Das Bild zeigt den Sonnenuntergang über der Skyline von Köln.

Was funktioniert in Köln und was nicht? Das will der „Kölner Stadt-Anzeiger“ herausfinden.

Wo steht Köln? Das will der „Kölner Stadt-Anzeiger“ in einer mehrteiligen Serie herausfinden. Dazu sprechen wir mit Experten, wie es besser laufen könnte, schauen, wo Fehler passieren, aber auch, wo Erfolge zu sehen sind.

Wer wissen will, was in Köln schiefläuft, muss zum Ebertplatz und dort zu den Rolltreppen. Seit fast 20 Jahren sind sie außer Betrieb, eine Reparatur lohne sich nicht, der Platz werde ja ohnehin umgebaut, heißt es seit Jahren. Doch es passiert nichts, also gammeln die Treppen vor sich hin, in Stadtrat und Verwaltung stört das offenbar keinen.

Es ist angesichts der Verzögerungen bei der Umgestaltung des Platzes zumindest wahrscheinlich, dass die Treppen ein Vierteljahrhundert außer Betrieb sein werden. Statt sie zu reparieren, gestalteten Künstlerinnen und Künstler einige der Treppen, beispielsweise bauten sie eine Rutsche darauf. Eine kölsche Lösung, wie so oft.

Das Bild zeigt ein Mädchen, das am Ebertplatz eine Rutsche auf einer kaputten Rolltreppe hinunter rutscht.

Für Groß und Klein: Die neue Kunstinstellation „Silver Surfer“ soll die seit Jahren defekte Rolltreppe kaschieren.

Trotzdem: 25 Jahre stillstehende Treppen. Ein Vierteljahrhundert. Damit stehen die Rolltreppen exemplarisch für eine Haltung und eine Gemächlichkeit, die diese Stadt teils prägen.

Deshalb stellen wir in den nächsten Wochen die Frage: Wo steht Köln? In der neuen Serie analysiert der „Kölner Stadt-Anzeiger“ bis zum Jahresende, was gut läuft und was schlecht läuft in Köln. Zweimal in der Woche, jeden Donnerstag und Samstag, beschäftigen wir uns jeweils mit einem der großen Themen, unter anderem der Verkehrswende, dem Klimaschutz, der Sicherheit, dem Wohnbau oder den Schulplätzen.

Experten analysieren, wie es besser ginge

Wie ist der aktuelle Sachstand in dem jeweiligen Feld? Was hat sich verbessert, was hat sich verschlechtert? Wie sehen die nächsten Jahre aus? Neben diesen Themen überprüfen wir die handelnden Personen und Gremien. Wer ist verantwortlich bei Problemen: die Verwaltung? Oder der Stadtrat? Oder doch beide zusammen? Müsste die Verwaltung ihre Rolle nicht aktiver interpretieren? Und wie arbeiten eigentlich die Dezernenten: Taugen sie für diesen Job?

Es geht um die Fehler und Erfolge von Stadtrat und Verwaltung, aber es wird eben auch darum gehen, wie es besser gehen könnte: Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ spricht deshalb mit Experten, will von ihnen erfahren, was Köln anders machen kann, wie Köln nicht nur ein „Jeföhl“ sein kann, sondern eine Stadt, die ihre Probleme bewältigt – und zwar in einem Tempo, dass Veränderungen nicht so „unglaublich lange“ dauern, wie Oberbürgermeisterin Henriette Reker Anfang des Jahres selbst gesagt hatte.

Es knarzt im Bündnis beim Verkehr

Gerade im Mehrheitsbündnis aus Grünen, CDU und Volt knarzt es, vor allem in der Verkehrspolitik. Das selbst ernannte Gestaltungsbündnis wirkt mehr wie ein Verwaltungsbündnis. Aber wir schauen auch auf die SPD, die seit Jahren nicht vom Fleck kommt und nach vergangener Größe lechzt.

Im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ verteidigt sich Reker. Aus dem Rathaus ist ohnehin oft zu hören, man solle nicht alles schlecht reden. Und ja, in Köln ist nicht alles schlecht, und ja, Köln ist nicht alleine mit seinen Problemen, dafür reicht ein Blick nach Berlin, wo nicht mal mehr ordnungsgemäße Wahlen selbstverständlich sind. Oder der Blick nach Bonn, das die Sanierung der Beethovenhalle ähnlich an die Wand gefahren hat wie Köln seine Bühnen-Sanierung.

Wir müssen uns gemeinsam mehr anstrengen, unser Köln nach vorne zu bringen.
Henriette Reker im Jahr 2018

Aber ist das der Anspruch einer Millionen-Stadt? Mit dem Finger anderswo hin zeigen und zu sagen: Schaut mal, da läuft es auch nicht besser. Oder sollte Köln nicht mehr wollen? Reker hatte vor vier Jahren ein anderes politisches Miteinander gefordert, sie sagte damals zu den Politikern: „Wir müssen uns gemeinsam mehr anstrengen, unser Köln nach vorne zu bringen.“

Die Realität ist bei den großen Linien eine andere, beispielsweise bei den Großbauprojekten: Da bemerkt die Verwaltung erst rund 20 Jahre nach dem Kauf des Grundstücks zur Erweiterung des Wallraf-Richartz-Museums, dass der Baugrund große Hohlräume hat. Der den Stiftern zur Jahrtausendwende versprochene Bau eröffnet frühestens 2028. Oder das neue Jüdische Museum samt Archäologischer Zone: Statt 2019 soll das „Museum im Quartier“ 2027 eröffnen. Oder die Bühnen: Statt 2015 und drei Jahren Sanierung werden es wohl mindestens zwölf Jahre.

Die Rettungshubschrauberstation auf dem Kalkberg: ein peinliches Millionengrab, Zukunft unklar. Das gilt auch für den Geißbockheim-Ausbau, bei dem die Stadt laut Gericht schlampig gearbeitet hat und nach Jahren immer noch keine Lösung vorliegt. In Summe sind das zu viele Negativbeispiele, um von Einzelfällen zu reden. Es sind strukturelle Probleme.

Ähnliches beim Wohnbau: Mehrfach hatte Reker von einer Trendwende gesprochen, nur geben die Zahlen das nicht her. Von den 2017 mittelfristig angestrebten 6000 neuen Wohnungen pro Jahr ist Köln weit weg, nicht mal 3000 neue Wohnungen im Jahr hat Köln zuletzt geschafft.

Das Bild zeigt den Barbarossaplatz mit Straßenbahn und Autos.

Eine Machbarkeitsstudie sollte klären, wie man den Barbarossaplatz umbauen könnte. Doch die Verwaltung gab sie mehr als zweieinhalb Jahre nicht in Auftrag.

Oder die Verkehrspolitik: Die Verwaltung sollte beispielsweise eine Machbarkeitsstudie zum Umbau des Barbarossaplatzes in Auftrag geben, damit Kölns Kuddelmuddel-Platz mal entheddert wird. Das Ergebnis: Nach zweieinhalb Jahren ist nicht mal der Auftrag raus. Von Rekers Reform der Verwaltung ist da nichts zu spüren, von ihrem Wunsch, wie ein verlässliches Unternehmen zu agieren, ist die Stadt häufig weit entfernt.

Und ob der Rat tatsächlich bis zur nächsten Wahl 2025 entscheidet, ob die Stadtbahn auf der Ost-West-Achse ober- oder unterirdisch fährt, bezweifeln mittlerweile einige Rathaus-Insider zumindest. Die Grünen sind gegen den Tunnel, die CDU ist dafür.

Neue Gleise lassen auf sich warten

Und dass in dieser Stadt mal wirklich viele neue Gleise gebaut werden, ist ein vergeblicher Wunsch. Trotzdem sollen die Menschen vom Auto auf den Öffentlichen Personennahverkehr umsteigen, irgendwie. Mutig ist das Bündnis vor allem, wenn es darum geht, das Auto zurückzudrängen.

Was nützt es angesichts dieser Mängelliste, wenn Reker davon spricht, Köln sei „ganz sicher die herzlichste“ Stadt Deutschlands? Herzlichkeit alleine reicht beim Schulbau nicht, selbst wenn die Stadt sich in den vergangenen Jahren neu aufgestellt hat, laut eigener Aussage Versäumnisse der Vergangenheit korrigiert, nur: Die Schulplatzvergabe ist ein jährliches Chaos, der Schulbau zwar mittlerweile professionalisiert, aber es reicht bislang nicht.

Gerade aus der Wirtschaft sind oft Kritiker zu hören, sie stören sich an der Politik des Bündnisses, sie kritisieren die Verwaltung, ihr Arbeitstempo sei zu langsam.

Und wir schauen darauf, wie sicher Köln ist, wo die Hotspots sind und was sich dort getan hat, beispielsweise am Ebertplatz oder am Neumarkt. Dort ist auch die Obdachlosigkeit ein Thema, seit Jahren nimmt die Anzahl der Obdachlosen zu. Warum eigentlich? Am Ende der Serie präsentiert der „Kölner Stadt-Anzeiger“ ein Barometer, also eine Übersicht, wo Köln steht, was besser laufen könnte.