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Mozart-Experte Adam Fischer in der PhilharmonieSpannung bis zur letzten Note

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Adam Fischer, Dirigent

Adam Fischer, Dirigent

Der Dirigent überzeugt in der Philharmonie mit dem WDR Sinfonieorchester.

Mozarts letzte Sinfonien im Dreierpack an einem Konzertabend – dieser Aufführungsmodus scheint sich durchzusetzen. Unter anderem hat das Simon Rattle im vergangenen Frühjahr so mit dem Mahler Chamber Orchestra praktiziert, und soeben folgte ihm Adam Fischer mit dem WDR Sinfonieorchester in der Kölner Philharmonie. Von der Sache her ist das triftig: Die finale sinfonische Trias vom Sommer 1788 stellt sich als Zyklus mit komplementären Gegensätzen und zugleich einer Tendenz zur Vereinheitlichung dar: Das berühmte Viernoten-Motiv ist latent in allen drei Werken präsent, um dann am Schluss, im Jupiter-Finale, triumphal in die Erscheinung zu treten.

In kompakter Darbietung sind diese allerdings auch eine Menge Holz, um es einmal so zu sagen. Da droht ob der Informationsüberfülle am Ende die rezeptive Erschlaffung – auch bei denen, die die Stücke gut zu kennen glauben. Nun könnte der Dirigent sich selbst und dem Publikum die Sache erleichtern, indem er einfach ein paar Wiederholungen streicht. Der Principal Conductor der Düsseldorfer Symphoniker tat das jetzt demonstrativ nicht – selbst die zweiten Teile der Schlusssätze wurden, wie vorgeschrieben, durchgehend repetiert, und das bei nur unwesentlich angezogenen Tempi.

Darauf, dass sich dennoch kein Überdruss am Außerordentlichen einstellte, darf sich Fischer viel zugutehalten. Sein energisches, druckvolles und differenziertes Dirigat hielt die Spannung bis zur letzten Note so hoch, dass man gar nicht anders konnte, als teilweise gebannt zuzuhören.

Gut aufgelegtes Orchester

Fischer realisierte diese Wunderwerke – mit dem gut aufgelegten Orchester, dessen Grundsound durch Naturhörner und -trompeten in Richtung Historische Aufführungspraxis angeschärft war – als instrumentale Opern: Die einzelnen Themen bekamen, oft angekündigt durch leicht überdehnte Pausen, regelrechte Bühnenauftritte, dynamische und rhythmische Wechsel waren als solche wahrnehmbare Ereignisse, immer wieder passierte etwas Neues in den Kulissen.

Das Motiv-Pingpong im Finale von KV 543 wurde solchermaßen ein einziger großer Spaß. Dabei überrollte den Hörer auch keine Dampfwalze, vielmehr sorgte kammermusikalische Reduktion für größte Beweglichkeit und Transparenz. Stets aufs Neue justierte Fischer die Verhältnisse zwischen ersten und zweiten Violinen bzw. Bratschen/Bässen, da gingen die koordinierenden Kopf- und Oberkörperbewegungen des Gastes mit wieselhafter Agilität hin und her. Zum Beispiel das zweite Thema im ersten Satz der Jupitersinfonie: Der Themenkopf sinkt bei der Beantwortung von den ersten Violinen in die tiefen Streicher, während sie, die Violinen, darüber einen die Linie weiterführenden Kontrapunkt setzen. Das muss man aber genauso spielen, wie es hier geschah, dieser geniale Kunstgriff darf nicht in einem Meer diffusen Wohlgefallens ertrinken.

Gab es auch etwas zu „meckern“? Ja, vielleicht. Sicher schuf Fischer immer wieder auch Raum für entspannte, idyllische Momente, etwa in den Menuetten (im Trio der Es-Dur-Sinfonie wurde der reduzierte Apparat auf einmal zur Ländler-Kapelle). Aber Feuer, Temperament und Energie waren aufs Ganze gesehen dann doch etwas „too much“. Das merkte man zum Beispiel an einigen überdrückten Einsätzen der Geigen. Zu Fischers Metiersicherheit und eindrucksvoller Mozart-Vertrautheit gehört halt auch eine Portion zappeliger Nervosität und extrovertierter Selbstdarstellung. Aber man muss ja nicht immer hinschauen, Ohren aufsperren reicht.