Edward Gardner und das Bergen Philharmonic Orchestra gastierten in Köln. Der Star des Abends war der Schlagzeuger Alexej Gerassimez.
Alexej Gerassimez in der PhilharmonieEin Hexenmeister im Duett mit dem Bergen Philharmonic Orchestra
Mit seinem Orchesterscherzo „L’apprenti sorcier“ nach Goethes klassischer Ballade vom Zauberlehrling landete der französische Komponist Paul Dukas 1897 einen Welterfolg. Sogar in Walt Disneys legendären „Fantasia“-Film hat es das Stück geschafft. Und wer jemals Micky Maus im blauroten Outfit beim Kampf gegen die entfesselten Wassermassen gesehen hat, kann die Musik kaum mehr ohne diese Bilder im Kopf hören.
Dabei lässt sich nicht gerade sagen, dass Edward Gardner und das Bergen Philharmonic Orchestra dem Stück viel visuelle Imagination abgewonnen hätten - beim Meisterkonzert in der Kölner Philharmonie hielten sie es vor allem kompakt und bündig zusammen. Der britische Dirigent traute den Selbstentfaltungskräften der brillant orchestrierten Partitur; die Musiker von Norwegens regenreicher Westküste trugen schöne instrumentale Details bei - allen voran natürlich das Fagott in der Rolle des diabolischen Besens.
Alexej Gerassimez fasste das Stück elegant, tänzerisch und leichtathletisch an
Nicht wie der hilflose Zauberlehrling, sondern wie der der allmächtige Hexenmeister selbst wirkte Alexej Gerassimez im Kreise seiner Stabspiele, Trommeln, Bongos und Becken. Auf dem Programm stand - schon zum wiederholten Male in Köln - das Schlagzeugkonzert „Sieidi“ von Kalevi Aho. Der finnische Komponist ließ sich darin von der Idee schamanistischer Rituale leiten; das 2010 komponierte Stück kultiviert einen archaisierenden Tonfall älterer Bauart, in den viel Orff und Strawinsky eingeflossen sind.
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Bei Martin Grubinger bewunderte man an gleicher Stelle vor fünf Jahren den vitalen Furor, die energetischen Entladungen; Alexej Gerassimez, der aus Essen stammende Münchner Hochschulprofessor, fasste das Stück ganz anders an: elegant, tänzerisch, leichtathletisch. Aus Impulsserien wurden Linien, die sich erstaunlich gut mit dem zuweilen etwas massiven Orchesterklang verbanden. Am stärksten wirkte der verhaltene Schluss, bei dem die Schlagzeug-Kollegen aus dem Orchester dem Solisten mit dem sanft tröpfelnden Klang dreier Rainsticks sekundierten. Die Zugabe, ein mit delikatem Swing ins Vibraphon gehauchtes „Somewhere Over the Rainbow“, passte da natürlich perfekt.
Nach so viel Zauberei und Ritual nahm sich Antonín Dvořáks Sinfonie Nr. 9 „Aus der Neuen Welt“ fast zahm aus - was aber weniger am Werk selbst lag als an der ausgesprochen unaufgeregten Lesart, die der Maestro ihm angedeihen ließ. Abgesehen von ein paar fransigen Bläser-Einsätzen war das alles gut und beherzt gespielt; die hitzige Triebkraft des Scherzos wirkte aber ebenso gedämpft wie die zielgerichtete Spannungs-Dramaturgie des Finales. Auch die Zugabe, Sibelius’ „Valse triste“, hat man hier in letzter Zeit mit deutlich mehr agogischer Freiheit gehört.