Günther Jauch ließ einen historischen Bierdeckel fallen, den ihm das Haus der Geschichte vertrauensvoll überlassen hatte.
Slapstick-EinlageJauch ist ungeschickt – Wie ein Bierdeckel zum Star des TV-„Quadrells“ wurde
data:image/s3,"s3://crabby-images/731e2/731e268702bdf08e4d3e3700f154f9d81bff0eee" alt="V.l.: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Moderatorin Pinar Atalay, Vizekanzler Robert Habeck (Bündnis 90/die Grünen), Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU), Moderator Günther Jauch, Kanzlerkandidatin Alice Weidel (AfD).
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Moderator Günther Jauch zwischen Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) und Kanzlerkandidatin Alice Weidel (AfD)
Copyright: Foto: RTL / Joerg Carstensen
Eine Woche vor der Bundestagswahl hat RTL/ntv die vier Kanzlerkandidaten zur Live-Diskussion eingeladen. Amtsinhaber Olaf Scholz (SPD), Unions-Herausforderer Friedrich Merz, Grünen-Kandidat Robert Habeck und AfD-Chefin Alice Weidel stellten sich am Sonntagabend (16. Februar) im „Quadrell“ den Fragen von Pinar Atalay und Günther Jauch. Dabei ging es phasenweise hitzig zu, allerdings hatte die Sendung auch einige lustige bis seltsame Momente.
Weil es beim Privatsender RTL lief, sollte sich trotz eines parallel beim „Stern“ ablaufenden Faktenchecks die Atmosphäre offenbar etwas von den sehr ernsten Formaten bei ARD und ZDF abheben. So gingen Jauch und Atalay in zwischengeschobenen Kurzfragerunden auch auf überraschende Themen ein, die die Politikerin und die Politiker teilweise etwas ratlos zurückließen. „Was ist schlimmer für Sie, Opposition oder Dschungelcamp?“, wollten Jauch und Atalay wissen. Auf überraschte Nachfragen hieß es dann, man sei schließlich bei RTL.
Olaf Scholz verrät, dass er das Dschungelcamp schon gesehen hat
Weidel antwortete: „Definitiv Dschungelcamp.“ Die Frage rang der sonst sehr streng auftretenden Rechtspopulistin ein Lachen ab. Merz sagte zunächst: „Ich wundere mich über die Frage.“ Dann: „Lieber Jahrzehnte in der Opposition als zehn Tage im Dschungelcamp.“ Dem schloss sich Habeck an. Scholz sagte: „Ich will auch nicht ins Dschungelcamp.“ Er habe die Sendung aber schon einmal gesehen, verriet der Kanzler, der sich in diesem Format insgesamt lockerer gab als bei vorherigen TV-Diskussionen.
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Eine weitere für eine politische Sendung leicht seltsam anmutende Frage war später an Richtung Friedrich Merz gerichtet. „Was ärgert Sie mehr: Dass Olaf Scholz immer sagt, Sie lügen? Oder dass sogar der Bundeskanzler besser bei jungen Frauen ankommt als Sie?“. Merz ließ dies ratlos zurück. Weidel fragte ungläubig und erneut lachend: „Der Bundeskanzler kommt besser bei jungen Frauen an? Echt?“ Dazu brauche man in jedem Fall einen Faktencheck. Merz war ebenfalls verwundert: „Das höre ich heute Abend auch das erste Mal.“
Günther Jauch und der Bierdeckel
Für viele Zuschauerinnen und Zuschauer der Höhepunkt und gleichzeitig Sinnbild einer insgesamt etwas zerfahren wirkenden Sendung war sicherlich die Bierdeckel-Einlage von Günther Jauch. Dieser hatte den originalen Bierdeckel aus dem Haus der Geschichte in Bonn ausgeliehen, auf dem Friedrich Merz 2003 seine Ideen für eine Vereinfachung des Steuersystems aufschrieb. Legendär wurde sein Ausspruch, dass jeder Bürger seine Einkommensteuer auf einem Bierdeckel solle ausrechnen können. Dazu kam es nie, aber der Bierdeckel wurde ein Exponat.
Günther Jauch nutze das Pappteil, das Platz auf einem transparenten Ständer fand, um nun erneut nach der Finanzpolitik zu fragen. Merz sagte, mit Bierdeckeln würde er heute nicht mehr operieren. Für die von der Union geplante Vereinfachung des Systems sei eine App geplant. Im Übrigen habe er kein Bier intus gehabt, als er die Skizze auf den Bierdeckel kritzelte.
Jauch betonte, als er den Bierdeckel zeigte: „Ich muss hier sehr vorsichtig sein“. Ihm sei gesagt worden, er dürfe den Pappteller „selber nicht anfassen, weil es eben ein Museumsstück ist.“ Kurze Zeit später rutschte der historische Bierdeckel dem 68-Jährigen, der insgesamt etwas fahrig wirkte, dann aus den Händen. Jauch musste ihn vom Boden aufheben – natürlich ohne Handschuhe.
Diese Slapstick-Einlage, die die Zuschauerinnen und Zuschauer im Hintergrund sehen konnten und die Atalay mit hochgezogenen Augenbrauen kommentierte, sorgte für ein kurzes, aber deutlich hörbares Gelächter in der Runde.
Auch auf der Kurznachrichtenplattform X, ehemals Twitter, wurde der mies behandelte Bierdeckel zum Thema. Die meisten Userinnen und User finden die Szene einfach nur lustig.
Andere fanden die Bierdeckel-Einlage insgesamt überflüssig und am Thema vorbei. Diese stehe symptomatisch für das Niveau der deutschen Debatte. Wenn ein Bierdeckel mehr Aufmerksamkeit bekomme als der komplette Inhalt, sei alles gesagt, lautet ein weiterer Kommentar.
Günther Jauch wird seine Ungeschicklichkeit wohl nicht zum Verhängnis werden. „Der Kollege vom Museum war nachsichtig“, sagte der „Wer wird Millionär“-Moderator laut ntv nach der Wahl-Sendung. Er habe ihn ja auch sehr vorsichtig angefasst. Der Bierdeckel sei wieder in Sicherheit und laufe nicht Gefahr, unter einem frisch gezapften Pils zu landen. (mit dpa)