Der 23-jährige Geiger gastierte mit Schumanns Violinkonzert beim WDR Sinfonieorchester in der Kölner Philharmonie.
Daniel Lozakovich in KölnMit gesunder Virtuosen-Attitüde durch einen unbequemen Solopart

Der Violinist Daniel Lozakovich war in der Kölner Philharmonie zu Gast.
Copyright: Martin Raphaël Martiq
Ganze 15 Jahre alt war der Geiger Daniel Lozakovich, als er seinen Exklusivvertrag bei der Deutschen Grammophon unterschrieb. Das hatten vor ihm nur Anne-Sophie Mutter und David Garrett geschafft. Nach vier Alben war die Zeit beim renommierten „Gelbetikett“ zwar schon wieder vorbei, aber die Karriere des mittlerweile 23-Jährigen schreitet weiter voran.
Beim WDR Sinfonieorchester hatte der Schwede mit kirgisisch-belarussischen Wurzeln schon 2021 debütiert; nun kehrte er mit dem späten Violinkonzert von Robert Schumann zurück. Dieses eindrucksvolle, aber mühsame, zwanghaft an Gesten und Floskeln klebende Stück steht in der Gunst junger Solisten üblicherweise nicht sehr hoch. Bei Lozakovich trat diese „neurotische“ Seite der Musik aber deutlich in den Hintergrund; er navigierte mit ganz unbefangener, gesunder Virtuosen-Attitüde durch den unbequemen Solopart.
Cristian Măcelaru hielt dem jungen Solisten den Rücken frei
Chefdirigent Cristian Măcelaru, der selbst von der Geige her kommt, hielt dem jungen Solisten dabei den Rücken frei. Trotz eher langsamer Tempi in den Rahmensätzen klang die Musik nie massiv, fuhr sich nicht fest, blieb überall frei und offen. Der schlanke, gebündelte Ton des Geigers drang gut durch den Raum; sein nachdrücklich formulierendes, emotional eher zurückhaltendes Spiel gab dem langsamen Mittelsatz eine innige, unmittelbar berührende Qualität.
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Sehr passend gewählt war die Zugabe, Eugène Ysaÿes dritte Solo-Sonate („Ballade“): Auch hier zeigt sich die Romantik von ihrer Nachtseite, auch hier bildet sich in der äußeren Virtuosität viel innere Seelenbewegung ab - Daniel Lozakovich machte das spannend hörbar.
Mit Johannes Brahms’ erster Sinfonie bewegten sich das Orchester und sein scheidender Chef auf sicherem Terrain; trotzdem war die Interpretation ohne alle Routine. Die Kette lag durchgehend auf dem großen Zahnrad: Schon die langsame Einleitung hatte mehr Sog als Schwere; und wo der Komponist im Finale ein diskretes „animato“ in die Noten schreibt, zog Măcelaru das Tempo noch einmal deutlich an. Alles griff mit größter Natürlichkeit ineinander, die metrischen Verschiebungen der Partitur sorgten für sanfte Unwuchten, der Klang war von den satten Bässen bis zur strahlenden Holzbläser-Krone sorgfältig aufgebaut - es war eine reine Freude.
Begonnen hatte der Abend mit der Ouvertüre C-Dur von Fanny Mendelssohn-Hensel, einem straff gebauten Stück, dessen lyrisches Seitenthema unverkennbar von Bruder Felix’ „Sommernachtstraum“-Ouvertüre inspiriert ist. Zum Ausklang stand Brahms’ Ungarischer Tanz Nr. 6 auf den Pulten, bei dem Cristian Măcelaru den großen Klangkörper so wendig und flexibel bewegte wie ein Stehgeiger seine Tanzkapelle.
Mit diesem Programm verabschiedete sich Michael Faust, der langjährige Solo-Flötist des Orchesters, in den Ruhestand, von den Kollegen mit Blumen und herzlichen Ovationen bedacht. Im Finale der Brahms-Sinfonie hatte er das weihevolle Synkopen-Thema in jubelnde Höhen geschwungen, groß und leuchtend im Ton, wie das sein Markenzeichen ist. Man wird ihn vermissen.