Ein Besuch beim deutschen Comedypreis lässt sich mit einem Abend in der Stammkneipe vergleichen: Wohin man auch blickt – überall bekannte Gesichter. Das 20-jährige Bestehen wäre ein Anlass für neue Impulse gewesen, doch die formalen Änderungen der live auf RTL ausgestrahlten Sendung blieben eher kosmetischer Natur.
Zwar gönnten sich die Macher von Brainpool TV in ihren Studios in Köln-Mülheim wechselnde Laudatoren statt eines durchgehenden Moderators, was den Abend in seiner Abfolge durchaus belebte. Auch wurde der Preis „Bester Komiker“ erstmals durch ein Zuschauervoting mitbestimmt. Doch wie viele Menschen an der Wahl ihres Comedy-Lieblings teilnahmen, blieb ebenso wie das Zustandekommen der Nominiertenliste ein Geheimnis. Aber auch das ist nichts Neues. Barth, Schmitz, Mockridge, Tall, Kebekus – exakt so las sich auch die Liste des Vorjahres, nur Martina Hill durfte sich als weitere weibliche Vertreterin des deutschen Humors zur Nominierten-Clique für die Kategorie „Beste/r Komiker/in“ dazugesellen.
Den diesjährigen Publikums- und Hauptpreis gewann schließlich Luke Mockridge, der daneben auch als „erfolgreichster Live-Act“ ausgezeichnet wurde. Carolin Kebekus brachte die begehrte Auszeichnung in Sachen Humor also nicht zum siebten Mal in Folge nach Hause, doch dafür wurde ihre Show PussyTerrorTV als „Beste Comedy Show“ preisgekrönt. Vergangenes Jahr war dieser Preis wiederum an Mockridges Show gegangen. Man dreht sich gern im TV-Comedy-Kreis.
Rückblickend erscheint der Eklat des 30 Jahre alten Bonners im ZDF-Fernsehgarten, wo er mit seinen Kinder-Witzen über Senioren Fremdscham, Buhrufe und kürzlich auch eine Anzeige wegen Beleidigung einkassierte, als ein dubios-genialer PR-Streich. Der sich, so scheint es, immer noch aufwärmen lässt. So tönte Mockridge bei der pompösen Eröffnung in Mülheim: „Ich weiß noch wie es früher war, Deutschland war lockerer und es war lustiger und wenn man telefoniert, wird sich überall beschwert und nur echauffiert“ und führte im selben Moment die Banane an sein Ohr, die im ZDF noch eine Peinlichkeitsfalle bedeutet hatte, hier aber die Geste zum Erfolg war. Dann hob Mockridge ab, nicht nur im übertragenen Sinne.
Da waren aber nicht nur die vorhersehbaren Gags über Körpergröße oder Geschlechtsteile, die der leer ausgegangene Chris Tall vortrug, der Abend bescherte dem Publikum auch interessantere Momente. Der erste Laudator war der sympathische Julius Weckauf. Sein erfrischendes Talent demonstrierte der Elfjährige in der Hauptrolle des Films „Der Junge muss an die frische Luft“. Caroline Links Film über die Kindheit von Hape Kerkeling, der 3,8 Millionen Menschen in die Kinos lockte, gewann den Preis für die Beste Filmkomödie. Jan Josef Liefers’ Ansage über die Untrennbarkeit von Lachen und Weinen, die sich in den separaten Film-Kategorien von Drama und Komödie nicht widerspiegele, die der Film über Kerkeling aber überwinde, gehörte zu den geistreicheren Auftritten.
Höhepunkt der Sendung aber war schließlich die Würdigung des Lebenswerks von Monty-Python-Legende John Cleese. Dessen Laudator Thomas Gottschalk empfand auf der Bühne zunächst das Bedürfnis, eine klare Trennlinie zwischen sich und der Comedy-Riege zu ziehen: Er verpasste Luke Mockridge erst einmal einen Seitenhieb – er habe ihn anfangs gar nicht erkannt. In diesem überlegenen, altväterlichen Gestus vermutete er dann weiter, mit Monty Python könnten die Anwesenden wohl nicht mehr viel anfangen, was einem Germanistikstudenten gleiche, der von Thomas Mann noch nie etwas gehört hätte.
Cleese, der barfuß und in einem Flamingo-Kostüm die Bühne betrat und die deutsche Kultur mit ihren wunderbaren Philosophen und Komponisten würdigte, wirkte dann auch angenehm deplatziert an diesem Abend. Der Altstar des britischen Humors bestach mit jenen dadaistischen Absurditäten, mit denen deutsche Zuschauer sonst nur durch Helge Schneider vertraut sind: „Ich kann mit einem Eierlöffel Fledermäuse töten.“
Auch Neu-SPD-Mitglied Jan Böhmermann, Gewinner der Kategorie „Beste Innovation“, sorgte für einen Aha-Moment am Ende. Live auf einem Tablet zugeschaltet, sprach der Satiriker zu den „Völkern der Welt“ und wunderte sich „über überraschende Preisträger und frische Comedy“. Da musste auch das Publikum lachen.