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Festival Frau Musica NovaKonzert wird zum multimedialen Spektakel

Lesezeit 3 Minuten
Ensemble Scope beim Festival Frau Musica Nova

Ensemble Scope beim Festival Frau Musica Nova

Ein Konzert kann auch ein wahres Medienfest sein. Das beweist das Freiburger Ensemble Scope bei ihrer Aufführung im Stadtgarten.

Beim Musikmachen gibt es immer auch etwas zu Sehen. Warum also nicht das Visuelle gleich mitkomponieren? Im Rahmen des Festivals Frau Musica Nova präsentierte das junge Freiburger Ensemble Scope im Stadtgarten ein inszeniertes Konzert. Die zehn Musikerinnen und Musiker erschienen mit silberblonden Doris Day-Perücken in aseptischer weißer Kunststoffkleidung als seien sie geklonte Doppelgänger oder die Personage eines multipel schizophrenen Geistes.

Während der Gitarrist am Tisch Tarot-Karten legt, wird er von anderen mit Gesten, Worten und Instrumenten bedrängt, als seien es lebendig gewordene Spiel- und Spukfiguren. Über Videokamera werden Szenen gefilmt und auf eine große Leinwand im Bühnenhintergrund projiziert. Das Geschehen wird medial überformt und manipuliert. Im Video flattern fallende Spielkarten plötzlich in die Hand zurück und fließt ausgeschenkter Wein wieder in die Flasche. Stumme Aktionen und Sprechbewegungen werden mit elektronischen Musikzuspielungen von Emilio Guim kombiniert. Es entsteht ein verirrendes Simulakrum aus teils realen, teils irrealen Klängen, Bildern, Aktionen.

Ensemble Scope vereint kreative Köpfe aus allen Bereichen

Scope vereint Musikschaffende mit Fachleuten für Bühne, Kostüme, Licht, Elektronik, Tanz und Dramaturgie. Geleitet wird das Kollektiv von Dirigentin Friederike Scheunchen, Komponist Clemens K. Thomas sowie der Komponistin und Klangregisseurin Lucia Kilger. Die 2019 gegründete Formation zielt bei ihrem Kölner Debüt unter dem Obertitel „Gl:tch“ auf Differenzen und Irritationen. Wie bei Funktions- und Codierungsfehlern von Audio- oder Videodateien geht es um Abweichungen von normierten Abläufen, Präsentations- und Wahrnehmungsweisen.

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Verstörend der Auftritt von Ria Rehfuß. In Katarina Gryvuls dystopisch verdüsterter Klanglandschaft bewegt sich die Tänzerin wie eine allegorische Figur allen Jammers und Wahnsinns unserer Zeit in zerrissener Kleidung mit Brandmalen, Dreck, Schweiß und Blut. Auf den Rücken verdreht greifen die Arme und Hände verzweifelt ins Leere. Wie unter Wahnvorstellungen, Angst und Schrecken geht der Körper panisch zitternd zu Boden. Im nächsten Moment überwältigt die Tänzerin konvulsivisches Zucken wie in Ekstase, schickt sie wie ein Dämon diabolische Blicke in den Saal, greift imaginäre Früchte oder klebrige Insekten aus der Luft, um sie genussvoll abzuschlecken und zu verschlingen: Ein Tanz gewordenes Grauen!

Zu Kelley Sheehans „Brainzaps“ zeigt Martin Mallons rhythmisch koordiniertes Video, wie Pflanzen im Zeitraffer keimen, auf- und verblühen. Zu rockigen Beats, weichen Sphärenklängen und Gitarrenakkorden von Lucia Kilgers „Oscian“ sieht man eine menschliche Gestalt wie eine Raupe verpuppt im Seidenkokon hängen. Und bei Clemens K. Thomasʼ „Run!“ manövriert Dirigentin Friederike Scheunchen auf einem Laufband gehend und rennend sowohl das Ensemble als auch durch ein labyrinthisches Videospiel, bei dem Sterne gesammelt werden und anrollenden Feuerbällen durch Springen und Ducken auszuweichen ist. Eine eindrückliche Demonstration: Konzert geht auch anders!