Köln – „Klimaschutz im Bürger-Check: Welcher Partei kann man vertrauen?“ – Knapp einen Monat vor der Bundestagswahl meldet Frank Plasberg sich aus der Sommerpause zurück. „In fünf Wochen werden wir wissen, wen Deutschland gewählt hat“, doch so kurz vor der Wahl seien viele Menschen noch immer unentschlossen, bei welcher Partei sie ihr Kreuz setzen wollen. Plasberg will daher in den kommenden Sendungen Orientierungshilfe bieten und Woche für Woche die drängendsten Themen besprechen.
Auf Platz Eins steht für viele Deutsche die Klimakrise. Brigitte Büscher war daher in Naumburg, Neuburg und Aachen unterwegs und hat die Fragen der Menschen zum Thema Klima gesammelt: Wie teuer werden Sprit und Strom, wie gelingt die Energiewende und wie ist die Klimakrise so zu stoppen? Die Fragen der Bürger und Bürgerinnen beantworten Plasbergs Gäste in der Sendung:
- Svenja Schulze
- Markus Blume
- Cem Özdemir
- Pauline Brünger
- Michael Hüther
„Klimawandel und Katastrophen haben wir ja schon immer wahr genommen“, erklärt Plasberg zu Beginn der Sendung, „aber sonst war das immer ganz weit weg. Diesen Sommer war das anders.“ Ein Einspieler zeigt Bilder der verheerenden Flutkatastrophe Mitte Juli in Teilen Nordrhein-Westfalens und Rheinland-Pfalz: Zerstörte Ortschaften, Infrastruktur, sogar Menschenleben.
„Die Klimaveränderungen sind in Deutschland angekommen“, sagt Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) noch zu Beginn. Anstatt die großen Fragen zu beantworten, dreht sich die Debatte allerdings schon bald nur noch ums Klein-Klein.
Keine Antwort auf die wichtigen Fragen
Was, fragt Frank Plasberg die Umweltministerin, würde sie einer jungen Mutter sagen, die sich noch eine schöne Erde für ihr Kind wünsche. Eine bessere Antwort als: „Veränderung heißt nicht Verzicht“ und Telefonzellen seien immerhin durch bessere Mobiltelefone ersetzt worden, ebenso würden Verbrennungsmotoren durch E-Autos ersetzt werden, findet Schulze nicht. CSU-Generalsekretär Markus Blume knüpft an und meint: „Klimaschutz kann ja auch Spaß und großartige Innovationen bedeuten“.
Die „Fridays-for-Future“-Aktivistin Pauline Brünger wirft der Politik Unehrlichkeit vor: „Die Parteien sind nicht ehrlich darüber, wie groß die Krise ist, die da auf uns zukommt und auch nicht darüber, was nötig sein wird.“ Die wahren Kosten seien diejenigen, „die auf uns zukommen wenn wir nicht handeln“, so die 19-Jährige. „Wenn ich gerade diese Debatte hier beobachte, die orientiert sich so am Klein-Klein“, kritisiert sie. Das habe mit der Dramatik des Themas, um das es eigentlich gehe, nichts mehr zu tun.
Besagte Dramatik habe man in ihrem Heimatbundesland NRW erst letzten Monat bei der Flutkatastrophe gesehen. Auch der jüngste IPCC-Klimabericht habe verdeutlicht, dass das verbleibende Emissionsbudget erschreckend gering sei. „Kein Wahlprogramm keiner Partei entspricht dem“, bemängelt die Aktivistin. Und das Klimaschutzgesetz der Großen Koalition ebenso wenig, wie Brünger nicht müde wird anzumerken.
Deutschland muss mit positivem Beispiel vorangehen
Doch auch der Grünen-Politiker Cem Özdemir sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, das Programm seiner Partei sei zwar immerhin das Einzige, das überhaupt ein CO2-Budget vorsehe, das jedoch sei viel zu großzügig ausgelegt. Schließlich geht Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW Köln), dazu über zur Abwechslung auch mal die Klima-Aktivistin anzugreifen: Wenn sie mit allen Parteien so unzufrieden sei, warum habe sie dann keine eigene Partei gegründet, fragt er die 19-Jährige, die seit einem Jahr wahlberechtigt ist. „Ich frage mich nur, warum Sie nicht mehr Mut haben?“ fragt der Wirtschaftswissenschaftler die Studentin. „Ich frage mich, warum alle hier Anwesenden nicht mehr Mut gehabt haben?“ fragt Brünger zurück.
Hüther kritisiert, die Klima-Aktivisten würden eine unrealistische und überstürzte Klimapolitik fordern: „Die Menschen wollen es vernünftig gemacht haben und nicht kopfüber.“ Er plädiert für gezielte Investitionen in neue Technologien. „Wir brauchen den Innovationswettbewerb“, betont der Ökonom. Wenn Deutschland mit positivem Beispiel vorangehe, habe das auch Signalwirkung für andere Länder. Von grundlegender Bedeutung sei es zudem, die Menschen in Deutschland nicht zu verschrecken. Man müsse alle mitnehmen.
Die Menschen nicht verschrecken
Ein Punkt, den die „Fridays for Future“-Aktivistin teilt, allerdings dürfe die Politik, die Entscheidung, ob man sich klimafreundlich verhalte, nicht an die Bürger und Bürgerinnen abgeben. Vielmehr sei die Politik in der Verantwortung, die Veränderung so zu gestalten, dass die Menschen nicht darunter leiden würden. Die Veränderung werde ohnehin kommen, so Brünger, die Frage sei nur: „Kommt sie durch die Eskalation der Klimakrise“ oder durch ambitionierte, sozial-gerechte Klimapolitik?
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Özdemir beeilt sich, ihr beizupflichten: „Ein Klimaschutz, der nicht wirkt den braucht man nicht. Gleichzeitig darf man die Leute nicht überfordern“, so der Grünen-Politiker. Ständig heiße es in der Debatte nur: „Das geht nicht, das geht auch nicht“. Er würde jetzt mal gerne hören, wie man die Klimaziele bis 2030 denn erreichen könne.
So sind sich zwar alle in der Runde einig, dass es konsequenten, innovativen und sozial-gerechten Klimaschutz brauche. Doch grundlegende Antworten, wie etwa der soziale Ausgleich der CO2-Besteuerung aufs Heizen und Tanken konkret gestaltet werden soll, bleiben aus. Am Ende der Sendung bleibt vor allem das Bild einer Debatte, die die großen Fragen scheut - aus Angst die Wähler und Wählerinnen zu verschrecken.