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„Hart aber fair“ zu ArbeitMehr Lohn, weniger Stunden – Kann die Vier-Tage-Woche funktionieren?

Lesezeit 4 Minuten
Louis Klamroth steht im Studio von „Hart aber fair“

Moderator Louis Klamroth führte durch die Sendung „Hart aber fair“

Mehr Geld für weniger Arbeit: Das fordern Gewerkschaften. Arbeitgebende blicken auf ihre Wirtschaftlichkeit.

Während die deutsche Wirtschaft schrumpft, suchen Beschäftigte in Deutschland nach Entlastung: Vier-Tage-Woche, mehr Lohn – oder beides. Passt das zusammen? Diese Frage stellte Moderator Louis Klamroth am Montagabend in seiner Sendung „Hart aber fair“.

Die Gäste bei „Hart aber fair“

  1. Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales
  2. Christiane Benner, Vorsitzende der IG Metall
  3. Ronja Ebeling, Journalistin und Autorin
  4. Hendrik Ambrus, Geschäftsführer eines Handwerksbetriebs
  5. Prof. Michael Hüther, Wirtschaftswissenschaftler, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln

„Lohnt sich Arbeit überhaupt noch?“ Diese Frage lässt sich kaum ohne eine Spur Populismus diskutieren. Hendrik Ambrus ist Geschäftsführer einer Dachdeckerfirma. Er stellt gleich zu Beginn der Sendung die Frage, wo bei der Erhöhung des Bürgergelds die Motivation bleibe, arbeiten zu gehen. Die arbeitende Bevölkerung komme sich „veräppelt“ vor.

Populismus lässt sich am besten mit Fakten begegnen. Das tut am Montagabend Michael Hüther. „Es ist immer günstiger, arbeiten zu gehen, als Bürgergeld zu beziehen“, stellt der Professor klar. Und die Sendung auf den richtigen Pfad, indem er fortfährt: „Die Frage muss sein: 'Lohnt sich der Unterschied?'“

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Bürgergeld statt Arbeit? Heil: „keine gute Idee“

Ronja Ebeling berät Unternehmen, wie sie junge Leute anwerben und an sich binden können. Sie habe in letzter Zeit durchaus die Beobachtung gemacht, dass Menschen gekündigt haben, um Bürgergeld zu beziehen. Als Heil das hört, setzt er sofort zur verbalen Grätsche an. Rustikal, aber fair: „Das ist keine gute Idee.“ Unter anderem, weil aus Hartz-IV-Zeiten bekannte Instrumente wie Leistungskürzungen nach wie vor greifen.

Wirklich aussprechen will es niemand in der Runde, doch das Gefühl wird man nicht los, dass der ein oder andere durchaus gerne mal die Erhöhung des Bürgergelds infrage stellen würde. Dieser Unterschwelligkeit zieht Heil aber schnell den Stecker: „Das Bürgergeld sichert das Existenzminimum – nicht mehr und nicht weniger.“ Das findet übrigens auch das Bundesverfassungsgericht.

Lohnabstand zwischen Bürgergeld und Mindestlohn: 2,48 pro Stunde

Aber zurück zu der Frage mit weniger Populismus: Lohnt sich der Unterschied? Louis Klamroth fährt einen Einspieler ab. Der rechnet knallhart vor: Das Bürgergeld steigt auf 563 Euro pro Monat. Der Mindestlohn auf 12,41 Euro. Berücksichtige man Hilfszahlungen wie zum Beispiel das Wohngeld, habe ein Verdienender mit Mindestlohn einen Mehrverdienst von 2,48 Euro pro Stunde gegenüber dem Bürgergeld. Bei höheren Verdiensten steigt dieser Lohnabstand, wie er genannt wird (Heil: „ein wichtiges Thema“), entsprechend.

Ohne zu tief in die Verdienststrukturen der Gäste einzutauchen, ist wohl klar, dass der Lohnabstand aller in der Runde eher größer als kleiner ist. Deshalb wirkt die Diskussion an manchen Stellen, wenn auch unbeabsichtigt, etwas von oben herab. Hier hat „Hart aber fair“ bei der Zusammenstellung der Runde etwas ausgelassen.

In der Dachdeckerfirma von Ambrus ist der Lohnabstand übrigens auch nicht am Minimum, wie er sagt. Er zahle seinen Mitarbeitenden mehr als den Mindestlohn. „Wenn ich Mindestlohn bezahlen würde, hätte ich keinen Mitarbeiter mehr.“

Schülerinnen und Schüler kennen einige Berufe gar nicht mehr

Es geht aber nicht nur um den Lohn. Es geht auch um Motivation. Einige Menschen haben oft den Eindruck, dass jüngere Menschen „keinen Bock“ mehr auf Arbeit haben. Hier öffnet Ronja Ebeling einen neuen Blickwinkel auf das Thema, indem sie die Berufsberatung an Schulen kritisiert. Die komme teilweise gar nicht mehr hinterher, weil sich Berufe durch die Digitalisierung derzeit so schnell ändern würden. Einige Berufe würden Schülerinnen und Schüler heute gar nicht mehr kennen.

Aber natürlich ist die Unkenntnis einiger Berufe nicht der einzige Grund, warum die Lust, zu arbeiten, allgemein zu schwinden scheint. Einen interessanten Punkt setzt Ronja Ebeling erst gegen Ende der Sendung, als die „tagesthemen“ schon an der Tür des „Hart aber fair“-Studios klingeln: Es werde keine Politik für junge Menschen gemacht, da sei der Arbeitsmarkt einer der wenigen Orten, an denen diese ihre Forderungen – auch wenn die manchmal unrealistisch seien – konkret stellen könnten.

Vier-Tage-Woche ist auch eine Frage der Branche

Eine dieser Forderungen: die Vier-Tage-Woche. Die wird auch schon vor den Schlussminuten der Sendung thematisiert. Ebeling erzählt, dass viele mittelständische Unternehmen, mit denen sie spricht, die Vier-Tage-Woche positiv bewerten. „Das wirkt natürlich auch attraktiv in einer Jobausschreibung.“ Ein Malermeister, sagt sie, habe die Beobachtung gemacht: Nach Einführung der Vier-Tage-Woche habe er deutlich weniger Krankentage zu verzeichnen gehabt.

Ambrus ist aus Sicht des Handwerks eher skeptisch: Er fürchtet viele Überstunden, denn an den vier Tagen müsse dann deutlich mehr gearbeitet werden. Andererseits wirft Christiane Benner von der IG Metall ein: Durch eine voranschreitende Digitalisierung würden Arbeitsschritte automatisiert, Arbeitskräfte an einigen Stellen überflüssig. Die Vier-Tage-Woche sichere dann Arbeitsplätze.

Was angesichts dieser Argumente auf der Hand liegt: Bei der Frage, ob eine Vier-Tage-Woche Sinn ergibt, muss man wohl isoliert von Branche zu Branche beobachten. Über „Flexibilitätspotenziale“ kommt die Runde auch zu diesem Schluss – wenn auch erst nach einem kleinen Umweg über die Stahlindustrie und Klimaneutralität.