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„Hart aber fair“Baulöwe gibt sich im Enteignungs-Talk ungewohnt zahm

Lesezeit 4 Minuten
haf Gröner

Christoph Gröner (l.) und Sina Trinkwalder

  1. „Arm durch Arbeit, reich durch Immobilien: Keine Chance auf sozialen Aufstieg?“ lautete das Thema bei Frank Plasberg.
  2. Zu Gast waren Hubertus Heil (Arbeitsminister, SPD), Christoph Gröner (Bauunternehmer), Sina Trinkwalder(Sozialunternehmerin), Oskar Lafontaine (Die Linke) und Alexander Graf Lambsdorff (FDP).

Köln – Frank Plasberg diskutiert am Montagabend über das Thema sozialer Aufstieg – und lässt dabei auch die Debatte um Kevin Kühnert nicht aus.

Das Thema:

„Arm durch Arbeit, reich durch Immobilien: Keine Chance auf sozialen Aufstieg?“ Klar, kann man in diesen Tagen machen. Auch wenn Kevin Kühnert nicht unter den Gästen war, schwebte der Geist des Juso-Vorsitzenden über den Diskutanten. Die K- Frage wurde erstmals nach neun Minuten offen gestellt. Wie er es denn mit Kühnerts Ideen zu Enteignung und Vergesellschaftung halte, wurde Hubertus Heil (SPD) von Moderator Frank Plasberg gefragt.

Die Gäste

Hubertus Heil zeigte sich wenig überrascht von der Frage. „Meine Meinung ist das nicht“, sagte er, „ich bin nicht für Enteignung.“ Es sei auch nicht die Position der SPD. Heil schob dann noch leicht gönnerhaft hinterher, er sei ja auch mal bei den Jusos gewesen. Sollte wohl heißen: Da schießt man gelegentlich übers Ziel hinaus. Ansonsten sei Kühnert „ein intelligenter junger Mann“.

Alles zum Thema Hart aber fair

Alexander Graf Lambsdorff (FDP), stellvertretender Vorsitzender seiner Bundestagsfraktion, sieht den Kühnert-Vorstoß weniger entspannt. Seine Befürchtung: Die Investoren bleiben weg. Ansonsten empfahl er allen, die es sich leisten können, in Immobilien zu investieren. Das lohne sich immer noch. Solche Tipps bekommt man doch sonst doch nur vom Bank-Angestellten oder in einer sogenannten Verbraucher-Sendung.

Haf Runde sozialer Aufstieg

Frank Plasberg ließ zum Thema sozialer Aufstieg diskutieren.

Christoph Gröner, Vorstandsvorsitzender des Immobilienentwicklers CG-Gruppe, konnte die Klima-Krise bestätigen: Die Verunsicherung bei Investoren sei da, selbst wenn keiner davon ausgehe, dass es tatsächlich zu Enteignungen in Deutschland komme.

Wer Gröner vorab als Bad Guy der Runde erwartet hatte, einer, der die Klassenkeile abbekommt, wurde überrascht. Denn der Unternehmer führte Wortmeldung für Wortmeldung aus, wie sozial er seine Geschäfte abwickelt. Dafür gab es sogar Szenen-Applaus von Hubertus Heil. Gröners Einschätzung: Wir haben genügend Wohnraum für alle – ein Problem sei nur, dass zu viele in den Innenstädten wohnen wollten.

Oskar Lafontaine (Die Linke) nutzte die Talkrunde, um zu beteuern, wie „verrückt“ und „irre“ es sei, dass extrem wenige Menschen extrem viel mehr verdienen als extrem viele andere Menschen. Da fiel ihm dann (wie Kevin Kühnert) das Beispiel BMW ein. Dann wieder grundsätzlich gesprochen: „Es gibt eine massenhafte Enteignung der Arbeitnehmer, die tägliche Enteignung der armen Leute“.

Sina Trinkwalder, Unternehmerin, kam als einzige Frau und als letzte am Pult erst nach 17 Minuten zu Wort. Von ihr heißt es, dass sie 2010 eine Textilfirma gegründet habe, die hauptsächlich benachteiligte Menschen beschäftige, und dass sie 2017 ein Unternehmen hinzugefügt habe, das Rucksäcke aus Stoffresten herstelle und aus dem Verkaufserlös Artikel für Obdachlose finanziere. Da konnte sie sich des Zuspruchs sicher sein. Sie plädierte für einen sozialen Mietspiegel und kam erst gegen Ende der Sendung so recht in Fahrt.

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Was tun?

Das war schon immer eine gute Frage. Gerade dann, wenn es um die Gerechtigkeit geht. Heils Parole: „Bauen, Bauen, Bauen.“ Mehr sozialer Wohnraum müsse her. Da war dann keiner zu vernehmen, der Einspruch hätte erheben wollen. Lambsdorff bekannte seine Verwunderung: Das klinge ja ganz nach FDP. Heil reklamierte für sich, die „Stimme der Vernunft“ in dieser Runde zu sein. Diese Stimme formulierte ins allgemeine Getöse hinein: „Wir brauchen keine neuen Systemdebatten.“ Denn wir haben ja die soziale Marktwirtschaft.

Der Faktencheck

Der Faktencheck ist ein Markenzeichen der Sendung. Hubertus Heil forderte ihn sogar einmal leise säuselnd ein, als ihm eine Einlassung überprüfenswert erschien. Kam sie von Lafontaine, der so lustvoll mit den Zahlen jonglierte, kam sie von einem anderen? Egal. Es wird noch so weit kommen, dass ein solcher Faktencheck live erfolgt – wie neuerdings der Video-Beweis auf dem Fußballplatz.

Der Verlauf

Der Verlauf war so munter wie mäandernd! Von der Wohnungsnot über die Vergesellschaftung und den Mindestlohn gelangte die Sendung sogar noch zur boomenden Paketzustellung mit ihren schlechten Arbeitsverhältnissen. Ein wilder Ritt. Die Gemüter erregten sich allerdings durchaus kontrolliert. So musste der Moderator nur einmal eingreifen mit einem seiner Sätze für diese Fälle: „Die Zuschauer bekommen mehr mit, wenn man hintereinander redet.“