In der ARD ging es um Konservatismus, Islam und Leitkultur. Letztere machte sich mal wieder am Essen fest.
„Hart aber fair“ zur LeitkulturWurst, Aufback-Döner und Wagenknechts Verteidigung des Aldi-Schnitzels
Bei „Hart aber fair“ stellte Louis Klamroth am Montagabend die Frage: „Rechtsruck oder Kurs der Mitte: Soll Deutschland konservativer werden?“ Konkreter Anlass: Die Doku über CDU-Chef Friedrich Merz, die zuvor in der ARD lief. Es ging über den Neuaufbau der Partei nach der Wahlniederlage und auch das neue Grundsatzprogramm der CDU, in dem auch das Bekenntnis zur deutschen „Leitkultur“ verankert werden soll. Diese halte Deutschland im Kern zusammen, so hatte es der CDU-Chef betont.
Was nun diese Leitkultur ausmacht, scheint nicht immer ganz klar umrissen zu sein. Für Merz selber gehört in jedem Fall der Weihnachtsbaum dazu, wie der Sauerländer bei einer „Homestory“ kurz vor Weihnachten preisgab.
„Hart aber fair“: Robin Alexander hält Kanzlerkandidatur Markus Söders noch nicht für ausgeschlossen
Über die Frage nach dem Konservatismus diskutierten Mario Voigt (CDU-Chef in Thüringen), Sahra Wagenknecht (BSW), Philipp Türmer (Juso-Chef), Enissa Aman (Künstlerin), Robin Alexander („Welt“) und Khola Maryam Hübsch (Journalistin). Zuvor wurde ein Gespräch Klamroths mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) gezeigt. Dieser betonte die harmonische Zusammenarbeit mit Merz und sagte zur Frage nach einer Kanzlerkandidatur: „Der CDU-Vorsitzende ist normalerweise der klare Favorit“.
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In der Diskussionsrunde schenkte Robin Alexander den Beteuerungen Söders aber nur begrenzt Glauben: „Im Moment glaubt er, dass Merz die Nase vorn hat, aber sobald Merz einen schweren Fehler machen würde und es eine reale Chance gäbe, wäre er wieder da. Und zwar in genau drei Sekunden“, sagt der Journalist unter dem Gelächter des Publikums.
Söder schloss eine Zusammenarbeit mit der AfD kategorisch aus – bei der Frage nach dem „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) sei er aber „nicht aufgestanden und weggerannt“, so Klamroth. Wagenknecht sagte dazu abgeklärt: „Länder sind Länder“. Die Ampel-Koalition sei die schlechteste Regierung überhaupt, aber mit Merz in einer möglichen Koalition mit den Grünen ginge es sicher noch schlechter. Eine kategorische Ablehnung einer Zusammenarbeit mit der Union war das allerdings nicht.
Khola Maryam Hübsch relativiert bei „Hart aber fair“ die Kalifats-Demo
Mario Voigt fand, das Grundsatzprogramm der CDU setzte auf ein „positives Weltbild“. Klamroth machte zunächst die Islam-Debatte auf, denn derzeit ringt die Partei noch um eine Formulierung. Neu eingefügt werden soll der Satz: „Ein Islam, der unsere Werte nicht teilt und unsere freiheitliche Gesellschaft ablehnt, gehört nicht zu Deutschland.“ Daran entzündet sich Kritik von muslimischer Seite. Voigt verwies bei „Hart aber fair“ auf die Kalifats-Demo von Hamburg, die die Notwendigkeit von klarer Kante zeigen würde.
Khola Maryam Hübsch relativierte die Demonstration und sagte, der Widerspruch zwischen Scharia und Staat sei „konstruiert“. Wenn es heiße, die Scharia gehöre nicht zu Deutschland, sei das „Populismus“. Scharia und Kalifat seien zu Kampfbegriffen worden. Von den anderen Gästen kam heftiger Widerspruch: Die Hamburger Demo sei „wie Pegida, nur auf islamisch“, meinte Alexander.
Als Klamroth schließlich auf das Thema Leitkultur zu sprechen kam, ging ein leichtes Aufstöhnen durch die Runde. Voigt verstand darunter Verfassungspatriotismus, aber auch „Werte und Normen“, die in einem Land gelten. „Leitkultur bedeutet etwas Einladendes und etwas Forderndes“, so Voigt. Enissa Amani sah darin vor allem etwas Ausgrenzendes gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund.
Robin Alexander verwies auf die Offenheit als ursprüngliche Bedeutung des Begriffs Leitkultur, weil man sich nicht mehr an Ethnien orientieren wollte. Es gehe um eine „Hausordnung“ der Gesellschaft, das Wort sei eigentlich nicht rechts geprägt. Dessen ungeachtet kritisierte Türmer die „rechten Kulturkämpfe um Leitkultur“ der CDU. Dies führe zu Spaltung.
„Hart aber fair“. Sahra Wagenknecht spricht über Aldi-Schnitzel
Klamroth wollte, dass Voigt den Begriff Leitkultur präzisiert. Es gehe ja laut Programmentwurf auch um „Bräuche“. Der Thüringer CDU-Chef meinte, es könne sich auch um ein Lied oder die Nationalhymne handeln. „Bräuche sind manchmal auch sehr landsmannschaftlich“, sagte Voigt, entfernte sich damit vom Staatstragenden und tappte in die Gastro-Falle: Er als Thüringer nannte die Bratwurst als Brauch.
Er selbst kenne einen Türken, der einen Döner zum Aufbacken entwickelt habe. Das sei „gelebte Integration in Thüringen“, so Voigt. Die Bratwurst sei also „Brauchtum“, das erweitert worden sei, so der CDU-Politiker unter dem Grinsen Klamroths und der anderen Gäste.
Wagenknecht schlug die Brücke von der Leitkultur über die angeblich arrogante grüne Großstadt-Kultur. Am Ende ihrer Ausführungen schaffte sie es, doch wieder beim Kulinarischen anzukommen und sagte, dass es okay sei, sein Schnitzel bei Aldi zu kaufen, weil man sich den Bioladen nicht leisten könne.