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„Anne Will“ zur WahlSpahn verhöhnt SPD – Journalistin bemängelt Scholz' „Arroganz“

Lesezeit 4 Minuten
Anne Will DPA 160522

Die Talk-Runde zur NRW-Landtagswahl bei „Anne Will“.

Köln – Vertauschte Rollen bei „Anne Will“: In Der ARD-Talkshow am Sonntagabend zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen war es neun Monate nach der Bundestagswahl die CDU in Person von Jens Spahn, die die Wahlergebnisse auf ihrer Seite hatte und die Konkurrenz attackieren konnte. Die SPD um den eingeladenen Vorsitzenden Lars Klingbeil musste dagegen in die Defensive gehen.

Spahn, merklich von den 35,7 Prozent seiner Partei in seinem Heimatland Nordrhein-Westfalen beflügelt, nutzte jede Gelegenheit, um den Sozialdemokraten und auch der Ampel-Koalition ihre Fehler in den vergangenen Monaten und im Wahlkampf vor die Füße zu werfen.

„Das ist ein wahnsinnig toller Abend für mich als Nordrhein-Westfale“, sagte der im Münsterland geborene Spahn in der ARD-Talkshow. Überraschend sei das Ergebnis nicht, denn „die SPD hat schon Tage vorher Versuche unternommen, aus der zweiten Position heraus eine Regierung zu bilden“, so Spahn.

Klingbeil kontert süffisanten Spahn – Verantwortung bei Hendrik Wüst

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil konterte, man habe durchaus die Möglichkeit in Nordrhein-Westfalen zu regieren, die Verantwortung liege nun aber bei Hendrik Wüst und der CDU: „Wir haben im Gegensatz zur CDU vor neun Monaten schon anerkannt, dass Herr Wüst gewonnen hat. Das hat bei der CDU nach der Bundestagswahl sehr lange gedauert. Herr Wüst führt nun die Gespräche und dann werden wir sehen, ob er eine Regierung bilden kann.“

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Spahn konterte süffisant: „Das war damals für die CDU das historisch schlechteste Ergebnis bei der Bundestagswahl. Wir hätten es früher anders intonieren müssen, das war am Wahlabend nicht demütig genug. Umso mehr hätte die SPD daraus lernen können und es heute nicht wieder so versuchen sollen.“ Der CDU-Politiker fiel im Sendungsverlauf immer wieder damit auf, anderen ins Wort zu fallen.

Gleichzeitig wollte sich der ehemalige Gesundheitsminister nicht auf eine schwarz-grüne Koalition in Nordrhein-Westfalen festlegen: „Es gibt noch andere Optionen, wir sprechen mit allen demokratischen Parteien und schauen uns alles genau an“, sagte Spahn.

Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang betont Fokus auf Klimaneutralität

Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang betonte, dass man bei den Sondierungsgesprächen ganz genau hinschaue: „Für uns wird am Ende eine Sache entscheidend sein: Wer ist mit dabei, beim Thema Klimaneutralität und wer ist dabei beim Thema soziale Gerechtigkeit?“, erklärte die Grünen-Vorsitzende. Man wolle in Nordrhein-Westfalen nun eine Zukunftsregierung bilden, die Herausforderungen anpackt.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr dagegen versuchte, das schlechte Wahlergebnis seiner Partei auch mit dem fehlenden prominenten Spitzenkandidaten zu erklären: „Es ist verdammt schwer, wenn man zum ersten Mal Spitzenkandidat ist und nicht so bekannt ist. Das ist eine Erklärung von vielen“, so Dürr. Vor fünf Jahren war Bundesfinanzminister Christian Lindner Spitzenkandidat der Freien Demokraten in NRW.

Spahn nutzte die Gelegenheit erneut, um gegen die SPD und die Ampel-Koalition zu schießen: „Die SPD hat einen ganzen Kübel Häme für den Ampel-Partner FDP parat. Es gab heute sogar Sozialdemokraten, die sich gewünscht haben, dass die FDP unter die Fünf-Prozent-Hürde fällt.“ In diesem Fall wäre es der SPD möglich, eine Mehrheit für eine rot-grüne Koalition zu bekommen.

Ausgerechnet Spahns ehemaliger Koalitionspartner, die FDP, ließ diese Aussage so nicht gelten. „Als Häme nehme ich das ehrlich gesagt nicht wahr.“ Dürr mahnte Spahn auch, bei seinen „Pressemitteilungen wichtige Details nicht zu unterschlagen“.

Journalistin wirft Olaf Scholz Arroganz und Intransparenz vor

Die „Zeit“-Journalistin Mariam Lau sieht in der deutlichen Niederlage der SPD, die ihr historisch schlechtestes Ergebnis in Nordrhein-Westfalen eingefahren hatte, auch einen „Denkzettel für die Ampel“. „Das ist auch eine Ansage an Olaf Scholz. Er spricht im Wahlkampf immer von Respekt, legt aber eine Arroganz und Intransparenz an den Tag, mit der man am Ende zahlreiche Wähler verloren hat“, so Lau weiter.

Die Sendung war geprägt von Zwischenrufen und einem Streit zwischen Spahn und den Gästen der drei Ampel-Parteien um die Zukunft Deutschlands. Spahn zeigte sich unzufrieden mit der Arbeit der Ampel-Koalition und sagte flapsig: „Nach wenigen Monaten sehe ich: Das Einzige, bei dem man sich einig ist, ist die Cannabis-Legalisierung.“

Spahn bemängelte, man habe keine Antwort auf die Ukraine-Krise gefunden, die derzeitigen Maßnahmen würden nur kurzfristig helfen. „Inflation ist derzeit das Thema. Und davon habe ich vom Bundeskanzler bisher noch keine Aussage bekommen, wie er damit umgehen möchte.“ (shh)