Die Junge Deutsche Philharmonie ist eine der Kaderschmieden für den orchestralen Spitzennachwuchs im Lande - unter ihrem ersten Dirigenten Jonathan Nott überzeugte sie mit Mahlers schwieriger Siebter in der Kölner Philharmonie.
Junge Deutsche Philharmonie in KölnDer Nachwuchs langt bei Mahler hart zu
Es „mahlert“ zurzeit stark in der Kölner Philharmonie: Im Gänsemarsch folgten jüngst Aufführungen der ersten, zweiten, fünften und siebten Sinfonie aufeinander. Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden, auch deshalb, weil jeweils völlig unterschiedliche Spielweisen und Auffassungen zur Anwendung kamen, ohne dass man in einem vordergründigen Sinn von „besser“ oder „schlechter“ sprechen könnte. Mahler in seiner Vieldeutigkeit gestattet – das ist ein Kriterium großer Kunst – viele Zugänge.
Den Reigen beschloss vorläufig soeben die Junge Deutsche Philharmonie, eine der Kaderschmieden für den orchestralen Spitzennachwuchs im Lande, unter ihrem ersten Dirigenten Jonathan Nott eben mit der Siebten. Mit ihr hatte man sich einen schweren Brocken ausgesucht, vielleicht den schwersten in Mahlers sinfonischem Kosmos. Weil viele Interpreten nicht genau wissen, was sie mit ihr anfangen sollen (was ist da echt, was Parodie, was ehrlich, was ironisch, welchen „Sinn“ transportiert das Werk?) ist sie auch nicht so richtig beliebt. Sie erscheint wie eine leicht gesichtslose Hochebene zwischen der eindeutig „tragischen“ Sechsten und der eindeutig „triumphalen“ Achten.
Den Laden fest im Griff
Diese Ambivalenzen konnte – oder wollte – auch Nott nicht auflösen. Was zum Beispiel signalisiert die Vortragsbezeichnung „Sehr feierlich“ kurz vor dem Repriseneintritt im ersten Satz – in einem Umfeld, wo die überlieferte Tonalität an den Rand ihres Zerfalls geführt wird? Das Orchester spielte halt „feierlich“, nicht mehr und nicht weniger. Enthaltsamkeit in der weltanschaulichen Deutung kann nun zweifellos auch ihr Gutes haben: Nott ist ein Mann der Architektur und Struktur, da überzeugt er unstrittig auf weite Strecken. Zumal dann, sozusagen ex negativo, wenn die Struktur zerfällt und, wie manchmal im ersten und vierten Satz, nur noch Motivtrümmer in der Landschaft stehen.
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Und in der ersten „Nachtmusik“ reicht es, wenn Nott den Marschcharakter mit dem nötigen Nachdruck exekutieren lässt – der Hauptteil klingt dann ohne weiteres Zutun wie eines von Mahlers schaurigen Soldatenliedern. Nicht immer zeitigte die Aufführung diese Intensität, obwohl der Dirigent durchweg seinen Laden fest im Griff hatte: Gerade das – angesichts der Sinnfrage sicher besonders problematische – Finale drohte in ein Nacheinander von gekonnt absolvierten Stationen abzugleiten.
An der Spielqualität der Formation lag das kaum, die ist ausgezeichnet – wobei im Zusammenspiel die Homogenität lang etablierter Sinfonieorchester nicht ganz erreicht wird. Das darf man auch nicht erwarten. Die Klangentfaltung ist so oder so eindrucksvoll – wobei da oft genug hart zugelangt wird, ein Mahler der sentimentalen Weichzeichnung ist hörbar nicht die Sache der Jungen. Klar, dass die Potenz der Mitglieder auch den solistischen Leistungen zu entnehmen ist. Die Hörnerriege zum Beispiel – sie agierte magistral. Und die unbeirrte Prägnanz, mit der das Tenorhorn gespielt wurde (die Einleitung zum ersten Satz exponiert es gegen ein dissonantes Umfeld), durfte meisterlich genannt werden.