Üppige BühnenshowPink versetzt Fans im Rhein-Energie-Stadion in Glückseligkeit
Köln – Dass sie am Ende sogar fliegt, mehrere Runden an Seilen durchs Stadion, war eigentlich klar. Nicht nur, weil sie das seit ein paar Jahren immer tut kurz vor den Zugaben. Nein. Pink gibt sich einfach nicht zufrieden mit dicker Hose. Sie will die ganz dicke. Vor einer Woche haben Muse an gleicher Stelle noch einen zehn Meter hohen Skelett-Cyborg aufgeblasen und nach sich, den Musikern, greifen und schnappen lassen. Das war schon abgehoben. Im übertragenen Sinne. Pink aber hebt im wörtlichen Sinne ab. Und sie tut es, weil sie es kann.
Das singt sie ja auch während des Fluges, ein wenig schnaufend wegen des ganzen Umherwirbelns: „So what? I’m still a rock star!“ Ja, was denn? Ich bin immer noch ein Rockstar! Singt diesen Song, der nur vordergründig ein kleiner hässlicher Seitenhieb gegen den letzten Herzensbrecher in ihrem Leben und eigentlich eine herrlich sarkastische Abrechnung mit allen ist, die immer an ihr herummäkeln: Sie habe keine Modelfigur. Sie habe nicht so eine tolle Stimme wie die anderen. Sie sei zu maskulin.
Gegen Rassismus, Homophobie und ekelige Präsidenten
Das ist alles großer Blödsinn. Und genau das zeigt dieses Abheben gen Stadiondach: Pink ist kein Pseudo-Model mit Workout-Body. Und sie ist kein Popsternchen. Pink ist – das muss und darf man bei ihr so sagen, weil es nicht schlimm ist und genauso rüberkommt in den zwei Stunden dieses umwerfenden Konzertes – eine Künstlerin mit Eiern.
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Eine, die dazu steht, vor allem eine Mutter zu sein und ihre Tochter zu lieben und die in jeder Show aus dem Familien-Nähkästchen plaudert, ohne dass es peinlich wird. Eine, die sich in Songs und Projekten und Appellen gegen Rassismus und Homophobie und ihr unliebsame US-Präsidenten einsetzt. Eine, die am Tag vor dem Konzert einfach so mit dem Fahrrad durch die Stadt radelt oder im Brauhaus ein Kölsch trinken geht. Und, nicht zu vergessen: Eine, die mit einer Bühnenshow um die Ecke kommt, dass selbst die Skelett-Cyborgs von Muse oder die jüngsten „Viva Colonia“-Anbiedereien von Metallica wie ein Witz erscheinen.
Ein Herz, größer als der Kölner Dom
Bei Pink tummeln sich – bis auf kurze Momente des Innehaltens, etwa beim rührselig-schönen Cindy-Lauper-Cover „Time after time“ – Horden von Tänzern auf der Bühne, die ihre Star-Chefin umschwirren. Beim offenen Schwingen an Bühnenkronleuchtern wird es akrobatisch. Bei Feuerwerkseinlagen und Flammenwerferei heiß. Beim Explodieren der Konfettikanonen bunt. Beim Gleiten über den ins Publikum reichenden Laufsteg per Rollband skurril.
Und wenn Pink dort draußen dann all die Teddybären und Briefe und Poesiealben und Blümchen aufhebt, die ihr die Menschen zuwerfen, dann wird es auch noch so richtig schön kitschig und es menschelt und führt dazu, dass sich die 39-Jährige jedes Mal artig bedankt und den Schenkenden zuwinkt. Das Herz dieser Künstlerin ist größer als der Dom.
Weniger Kostümwechsel, mehr Songs im Set
Ihr Lachen wiederum, das sie immer wieder ohne Scheu einfach so ins Mikrofon hustet, ist so aufrichtig dreckig, dass man ihr zwischendurch sogar die wirklich arg überkandidelte „Alice im Wunderland“-Nummer mit Tänzern in seltsamen Fantasykostümen verzeiht. Oder die Tatsache, dass sie wertvolle Bühnenzeit vergeudet, indem sie neun Mal die Garderobe wechselt. Das wären ein, zwei Songs mehr gewesen, die sie dafür hätte ins Set einbauen können.
Aber sei es drum: Es sind auch so schon 23, zwei Drittel davon sattsam bekannte Hits. Und die Fliegerei. Und die Raserei. Und die Regenbogenflagge, die ihr bei einem der beiden Konzerte am Ende gereicht wird und in die sie sich einwickelt. In Köln ist CSD. Das weiß Pink natürlich. Und man kann sicher sein: Müsste sie nicht weiter, zum nächsten Tourstop nach Hamburg – sie würde sich der Parade anschließen und mitfeiern.