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Millionenschaden in Kölner Museum„Dieser Einbruch wurde mit massiver Gewalteinwirkung vollzogen“

Lesezeit 6 Minuten
Blick in den Innenhof des Museums

Trügerische Ruhe: Ins Kölner Museum für Ostasiatische Kunst wurde eingebrochen

Nach dem Einbruch im Museum für Ostasiatische Kunst äußern sich Kölns Kulturdezernent und die Museumsdirektorin.

Herr Charles, der Einbruch im Kölner Museum für Ostasiatische Kunst (MOK) liegt jetzt rund eine Woche zurück. Wie ist der Stand der polizeilichen Ermittlungen?

Stefan Charles: Zu den laufenden Ermittlungen der Polizei kann ich nichts sagen – außer, dass wir die Ermittlungsarbeit natürlich nach besten Kräften unterstützen.

Frau Hertel, wir kennen wohl alle die sprichwörtliche Ming-Vase, die im Bildwitz zu Bruch geht. Aber worin liegt genau die kulturhistorische Bedeutung der chinesischen Porzellankunst?

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Shao-Lan Hertel: Sie gehört zum gemeinsamen Kulturerbe der Menschheit. Porzellan hat nicht nur in China, sondern weltweit einen hohen Stellenwert. Bei den in unserem Haus gestohlenen Objekten handelt es sich um kaiserliches Porzellan des 16. bis 19. Jahrhunderts, welches in den entsprechenden Ären seiner Manufaktur eine technische und stilistische Hochblüte erfuhr. Die Stücke wurden in der Regel seriell produziert, heute sind diese oftmals nur noch sehr rar vorhanden. Alle der neun entwendeten Beispiele tragen auf eigene Weise ikonischen Charakter. Der Großteil gehört zum Gründungsbestand des Museums. Die Objekte und deren einzigartige Sammlungsgeschichte sind mit der Identität des Hauses verwachsen, darin liegt ein großer Verlust.

Unsere Maßnahmen waren natürlich mit dem Versicherer und allen relevanten Beteiligten abgesprochen
Stefan Charles, Kulturdezernent

Lässt sich der entstandene finanzielle Schaden mittlerweile genauer beziffern?

Stefan Charles: Den Schaden zu beziffern, ist schwierig. Auf solchen Werken klebt ja kein Preisschild, da braucht es einen Austausch mit Expertinnen und Experten, um den Versicherungswert zu ermitteln.

Shao-Lan Hertel: Werte unterliegen einem stetigen Wandel und sind zu einem gewissen Grad nie abschließend bestimmbar, gerade in der Kunst. Dass die Ankäufe größtenteils vor mehr als einhundert Jahren vollzogen wurden, erschwert die exakte Bestimmung des Wertes entsprechend.

Ein bekannter Kölner Kunstversicherer hat bereits öffentlich gemutmaßt, die beteiligte Versicherung werde die Umstände des Einbruchs sehr genau prüfen. Rechnen sie damit, den vollen Schaden ersetzt zu bekommen?

Stefan Charles: Ich gehe davon aus, ja.

Einige Einbruchsdetails erscheinen von außen betrachtet beinahe kurios. Eine zerstörte Fensterscheibe wurde über Monate hinweg durch eine Holzverkleidung ersetzt.

Stefan Charles: Unsere Maßnahmen waren natürlich mit dem Versicherer und allen relevanten Beteiligten abgesprochen. Ich kann hier nicht ins Detail gehen, weil ich kein Täterwissen preisgeben möchte. Aber ich kann sagen, Aber ich kann sagen, dass dieser Einbruch mit großem Aufwand und massiver Gewalteinwirkung vollzogen worden ist.. Wir haben ja nach dem ersten Einbruchsversuch aus dem Januar die Sicherheit massiv verstärkt, sowohl baulich wie mit Sicherheitssystemen und auch personell. Also auf allen drei Ebenen, die einem Museum überhaupt zur Verfügung stehen.

Shao-Lan Hertel: Es war ja auch nicht so, wie es zuweilen anklingt, dass das Fenster nur schnell mit Hammer und Sperrholz ‚aus dem Keller‘ zugenagelt wurde. Die Maßnahme wurde von der Firma durchgeführt, die auch für die Sicherheitsverglasung zuständig ist. Dass das dann bestellte maßgeschneiderte Sicherheitsglas eine lange Lieferzeit hat, ist nichts, was wir beeinflussen können.

Kulturdezernent Stefan Charles und Museumsdirektorin Shao-Lan Hertel im Museum für Ostasiatische Kunst

Kulturdezernent Stefan Charles und Museumsdirektorin Shao-Lan Hertel im Museum für Ostasiatische Kunst

Der Sanierungsstau beim MOK wird seit Jahren beklagt. Betraf dies auch die Sicherheitstechnik?

Stefan Charles: Es liegen uns keine Informationen vor, die diese Vermutung bestätigen würden.

Wie sieht es bei anderen Kölner Museen, die teilweise ebenfalls in keinem guten baulichen Zustand sind, mit der Sicherheit aus?

Stefan Charles: Wir hatten zu dieser Frage im Januar eine Museumskonferenz einberufen und mit den Museumsdirektoren besprochen, wie aktuell die Sicherheitskonzepte in den Häusern sind. Wir waren uns darin einig, dass wir im Bereich der Sicherheitsmaßnahmen gut aufgestellt sind und durch einen Sicherheitsberater, der bei der Gebäudewirtschaft eigens für die Museen zuständig ist, auch gut unterstützt werden. Aber in den älteren Häusern kann es eben sein, dass die Sicherheitskonzepte schon ein paar Jahre alt sind. Deswegen haben wir uns entschlossen, einen Sicherheitsexperten nur für die Museen zu engagieren, der ständig alle Sicherheitskonzepte aktualisiert. Die Maßnahmen, die danach durch die Gebäudewirtschaft umgesetzt werden, werden dann von unserem Sicherheitsexperten kontrolliert. Dieses Verfahren ist noch in der Ausschreibung, aber wir haben es bereits lange vor dem Einbruch auf den Weg gebracht.

Lassen sich die gestohlenen Objekte adäquat ersetzen?

Shao-Lan Hertel: Im Prinzip ist es denkbar, die verlorenen Stücke durch nahezu identische zu ersetzen, etwa durch gezielte Recherche sowie Bereitschaft, unter Umständen eine große Summe an Geld zu investieren. Die Frage, die sich mir stellt, ist, ob man nicht auch anders mit diesem Verlust umgeht und dabei die Relevanz systematischen Kunstraubs als aktuell verbreitetes Phänomen sichtbarer macht: etwa durch eine gezielte Thematisierung der gestohlenen Objekte im Ausstellungsraum oder auf der Webseite des Museums.

Der aktuelle Einbruchsdiebstahl in unserem Haus sollte ein Weckruf sein, in Köln und weltweit
Shao-Lan Hertel, Museumsdirektorin

Der Einbruch als Chance?

Shao-Lan Hertel: Es ist wichtig, dass wir den Verlust öffentlich thematisieren und auf diese gezielte kriminelle Aktivität hinweisen, die sich in Europa in den letzten Jahren an vielen Orten durch Museumseinbrüche manifestiert hat. Der aktuelle Einbruchsdiebstahl in unserem Haus sollte ein Weckruf sein, in Köln und weltweit.

Ihre Vorgängerin fühlte sich von der Stadt oft allein gelassen. Wie geht es Ihnen nach zwei Monaten im Amt, fühlen Sie sich gut unterstützt?

Shao-Lan Hertel: Ich bin Teil der Stadt und habe bereits deutlich kommuniziert, was ich mir für das Museum wünsche, aber natürlich entwickle ich diese Ideen nicht im Alleingang, sondern im intensiven Austausch mit dem Museumsteam. Und ich habe bisher das Gefühl, dass unser ‚Fahrplan‘ für die nächsten fünf Jahre auf positive Resonanz stößt. Jetzt ist einfach so ein Moment, den sich niemand gewünscht hat, aus dem sich auch Chancen ergeben, die Dinge, die wir ohnehin auf der Agenda haben, stärker zu forcieren. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir diesen schrecklichen Vorfall für uns auch nachhaltig nutzbar machen könnten.

Worin besteht der Nutzen ihres Museums für die Stadt Köln? Ostasien ist ja relativ weit weg.

Shao-Lan Hertel: Wir sind das älteste Museum in Europa dieser Art und mit unserer Spezialisierung auf die Künste Ostasiens in Deutschland einzigartig. Zudem ist es wichtig, über die Grenzen von Wirtschaft und Handelspartnern hinaus zu signalisieren, welcher Wert im interkulturellen Austausch liegt. Durch die Kunst können wir Berührungspunkte auch für Menschen schaffen, die niemals in Ostasien waren. Das ist ein grundlegendes Anliegen des Museums und seines Gründerpaars Adolf und Frieda Fischer. Gerade durch unsere Kooperationspartner in aller Welt besitzt unser Museum besonderes Potenzial internationaler Strahlkraft. Die Präsenz dieses Museums wird für die Stadt Köln zu einem großen Gewinn in den kommenden Jahren. Dass wir am Kölner Standort diese Sammlungsstücke beherbergen, ist nicht zuletzt als Zeichen des großen Respekts gegenüber den Kulturen Ostasiens, darunter ja nicht nur China, sondern auch Japan und Korea, zu begreifen.