In der Kölner Philharmonie traten das Orchestre des Champs-Élysées und das Collegium Vocale Gent unter Philippe Herreweghe auf. Auf dem Programm stand Mozarts Requiem.
Kölner Philharmonie mit Mozarts RequiemDie Solisten singen harmonisch und stilsicher
Üblicherweise wird Mozarts Requiem – das mit einer Stunde Aufführungsdauer einen Konzertabend nicht füllt – von anderwärtiger musikalischer Düsternis präludiert: aus des Meisters Feder etwa von der Maurerischen Trauermusik KV 477 oder dem Kyrie KV 341.
Herreweghe lässt in Köln Mozarts Requiem aufführen
Philippe Herreweghe machte es jetzt, am Pult des Orchestre des Champs-Élysées und des Collegium Vocale Gent im Kölner philharmonischen Meisterkonzert, ganz anders: Er schickte den metaphysischen Schauern des unvollendeten letzten Werkes (in der Süßmayr-Fassung) die zehn Jahre früher entstandene Haffner-Sinfonie voraus, eine Äußerung strahlend-festlicher und sehr diesseitiger Heiterkeit. Zwischen beiden Kompositionen gibt es – bis auf den Grundton D (hier freilich in Dur, dort in Moll) – keine Gemeinsamkeiten. Die Pause als „Verwandlungszone“ war somit dringend angezeigt. Immerhin wurde solchermaßen die Weitläufigkeit des „Kosmos Mozart“ wieder einmal intensiv erfahrbar.
Und selbstverständlich verklammerte Herreweghes interpretatorischer Personalstil die gegensätzlichen Ausdruckscharaktere dann doch auf das Nachdrücklichste. Dieser gefeierte Doyen der Alte-Musik-Szene schlägt bekanntlich nicht über die Stränge – weder in der Dynamik noch in der Tempowahl oder der rhythmischen Anspitzung. Das Klanggewand bleibt, wenn man so will, unspektakulär, ist äußeren Effekten abhold, man sieht sich als Hörer auf die Innenseite, auf die Details der Darstellung verwiesen, wo es freilich eine Menge wahrzunehmen gilt (im ersten Satz der Sinfonie zum Beispiel die luzide Herausstellung des zentralen Oktaven-Motivs). Herreweghes Schlag ist bei reduziertem Ambitus leicht zittrig, so dass man über die Präzision, Homogenität und unangestrengte Schönheit des Orchesterklangs auf Anhieb erstaunen mag. Man kennt einander halt aus dem Effeff, weiß, was man voneinander will.
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Der Chor leistet in der Kölner Philharmonie den größten Beitrag
Wenn in der Totenmesse die ganz große Erschütterung ausblieb, mochte auch dies der grundsätzlichen Linie des Dirigenten geschuldet sein. Und wer das Werk in seinem Künstlerleben zigmal aufgeführt und dreimal eingespielt hat, wird vielleicht die Gewalt des unmittelbaren Hier und Jetzt nicht mehr so spontan entfesseln können, wie es im allergünstigsten Fall geschieht. So oder so ist über eine ausgefeilte, von großem Atem getragene Aufführung zu berichten, zu deren Qualität naheliegend der Chor den größten Beitrag leistete.
Alles gelang hier technisch wie musikalisch mustergültig: die koloraturengespickte Polyphonie der Kyrie-Doppelfuge, deren Steigerungsdramaturgie sich unforciert entfaltete; die Satzschlüsse des „Rex tremendae“ und „Confutatis“, die in ein substanzreiches Sotto voce geführt wurden, das „Agnus dei“ mit weichem, erfülltem Sound. Nicht nur Intonation und Klanggebung war über jeden Zweifel erhaben, viel Gutes geschah auch in Sachen Artikulation – der Text kam allemal, auch ohne dass gespuckt und gezischt wurde, eindringlich und prägnant herüber. Harmonisch und stilsicher – das heißt: ohne Anleihen von der Opernbühne – fügten sich die Vokalsolisten Mari Eriksmoen, Eva Zaicik, Ilker Arcayürek und Samuel Hasselhorn in das Gesamtgeschehen ein.