Köln – Eine alte, verfallene Villa am See, Dunkelheit, Blutspuren auf dem Boden – der neue Kölner „Tatort“ beginnt wie ein Horrorfilm. Regisseur Felix Herzogenrath und Kameramann Gunnar Fuss haben sich für einen Auftakt mit Knall entschieden, nur um dann in den eher tristen Kölner Ermittleralltag von Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) zu wechseln.
Für „Tatort“-Fans
„Tatorte“ gibt es viele: klassisch, experimentell, spannend oder doch eher langweilig? In unserer Vorschau erfahren Sie immer bereits ab Samstag, wie der kommende „Tatort“ werden wird.
Direkt im Anschluss an jede Sendung am Sonntagabend folgt dann unsere „Tatort“-Kritik.
In dem verlassenen Haus wurde der 17 Jahre alte Abiturient Jan ermordet. Seine nackte und übel zugerichtete Leiche liegt am Seeufer. Sein Fahrrad wird in der Nähe gefunden. Wen wollte der junge Mann dort treffen? Seine Mitschüler scheint sein Tod nicht sonderlich zu berühren, nur Paul (Thomas Prenn) reagiert bestürzt.
Robin (Justus Johanssen) hingegen, der früher eng mit Jan befreundet war, hatte sich von ihm abgewandt, nachdem dieser sich zu seiner Homosexualität bekannt hatte. Für diese Offenheit wurde er offenbar von Robin und dessen Freunden Lennart (Moritz Jahn) und Nadine (Emma Drogunova) gemobbt.
Kölner Tatort: Freddy Schenk in Schwierigkeiten
Die Drei geben sich der Polizei gegenüber äußerst zugeknöpft und dann beschuldigt Nadine Freddy Schenk auch noch, sie bedrängt zu haben. Ein Video, auf dem zwar nichts zu sehen ist, das aber ihre Schreie aufgezeichnet hat, bringt den Kommissar in Schwierigkeiten. Plötzlich droht ihm ein Disziplinarverfahren, auch viele Kollegen beäugen ihn kritisch.
In einem weiteren Handlungsstrang nehmen Ballauf und Schenk den Rettungssanitäter Karim (Farid Slimani) unter die Lupe. Der junge Mann ist ebenfalls schwul, kannte Jan näher – und hat gelogen, was sein Alibi für den Tatzeitpunkt anging.
Drehbuchautor Johannes Rotter hat viel in diesen Krimi gepackt: Homophobie, Mobbing, Klassenunterschiede, die gefährliche Dynamik, die durch Vorwürfe in sozialen Medien entstehen kann. Leider sind ihm gerade die Schüler-Charaktere zu eindimensional geraten. Der ambitionierte Fußballer Robin, der seine Männlichkeit zur Schau stellt, der sensible Lennart, Sohn aus gutem Hause, der sich in schwierigen Momenten ans Klavier flüchtet. Und Nachwuchs-Lolita Nadine, die die Männer in ihrem Umfeld manipuliert.
Kölner Tatort: Kommissare wirken aus der Zeit gefallen
Die beiden Kommissare wirken hingegen völlig aus der Zeit gefallen. Den Folgen der Digitalisierung stehen sie staunend-ablehnend gegenüber. Das Rollengefüge unter Teenagern verstehen sie nicht.
Am Ende steht eine Auflösung, die vielleicht nicht durch den Täter überrascht, aber doch durch das Motiv. Und die den Zuschauern harte Bilder davon zumutet, wie Jan totgeprügelt wurde – ohne Ton. Nur der letzte Tritt ist zu hören. Und genau das macht es noch schlimmer.