- Roth ist seit 2015 Gürzenich-Kapellmeister und Generalmusikdirektor der Stadt Köln.
- Im Interview äußert sich Roth auch zu seinem Verhältnis zu Opernintendantin Birgit Meyer.
Herr Roth, ist Ihr Verhältnis zu Opernintendantin Birgit Meyer tatsächlich so schlecht, wie es mitunter dargestellt wird?
Es gibt im Moment eine sehr konstruktive Arbeitsbeziehung zwischen Birgit Meyer und mir. Den Erfolg und die Fruchtbarkeit der Zusammenarbeit sieht man beispielhaft an unserer aktuellen Premiere, „Written on Skin“!
Gibt es Spannungen zwischen Ihnen und Frau Meyer?
Spannungen ist das falsche Wort: Es gibt Meinungsverschiedenheiten in der Leitung an allen Opernhäusern, und das ist im künstlerischen Prozess konstruktiv! Wir haben einen regelmäßigen Jour fixe, der auf Initiative von Oberbürgermeisterin Henriette Reker etabliert wurde, bei dem wir in einer sehr kooperativen Stimmung miteinander umgehen. Ich arbeite mit meiner ganzen Energie mit dem Team der Oper an der Musik, wie bei den „Soldaten“, wie bei Berlioz – wir haben so vieles miteinander geschafft, auf das ich stolz bin.
Sie hatten also keinen Einfluss auf Frau Rekers Ankündigung, Birgit Meyers Vertrag nicht zu verlängern?
Wer bin ich, dass ich so etwas bestimmen könnte? Ich bin ein Künstler, ich bin Dirigent – ich bin kein Machtmensch. Wenn wir über Vertragsangelegenheiten sprechen: Es ist wie überall, es gibt keine Beziehung zwischen den beiden Vertragsverhältnissen. Die Oberbürgermeisterin entscheidet über Verträge, wie sie es für richtig hält.
Sie haben den Jour fixe als Beispiel Ihrer Zusammenarbeit genannt – welche weiteren Anknüpfungspunkte gibt es, oder anders gefragt: Wie verteilen sich die Kompetenzen?
Wir haben beide bestimmte Aufgaben von der Stadt Köln anvertraut bekommen. Gemeinsam arbeiten wir an der Realisierung unserer künstlerischen Projekte. Ich arbeite mit allen sehr gerne zusammen, dem Orchester, dem Opernhaus, der Intendantin.
Ihr neuer Vertrag scheint allerdings mehr Kompetenzen zu umfassen als der alte.
Das ist nicht der Fall: Mein Titel ist Generalmusikdirektor der Stadt Köln, was bedeutet, dass ich nicht allein mit meinem Orchester arbeite, sondern eine Rolle einnehme, in der ich frage, was mit all unseren musikalischen Institutionen zu tun ist. Orchester und Opernensemble, beides befindet sich in meiner musikalischen Verantwortung.
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Also keine neuen, keine größeren Kompetenzen für Ihren Aufgabenbereich?
Es wird so dargestellt, als wäre das im neuen Vertrag exzessiv ausgeweitet worden, letztendlich handelt es sich aber um eine Konkretisierung dessen, was schon vorher in den Verträgen stand. In den Verträgen meiner Vorgänger war das sogar stärker ausgeprägt. Es steht sehr deutlich in meinem Vertrag, dass ich alle Entscheidungen gemeinsam mit der Intendanz treffe. Sänger, Musiker – all das liegt in unserer gemeinsamen Verantwortung.
Im neu formulierten Vertrag wird Ihnen eine Mitsprache bei der Außenwirkung der Oper eingeräumt.
Auch das war bereits im Ursprungsvertrag enthalten. Da steht, dass alle Marketingmaßnahmen abgestimmt sein sollen.Aber was antworten Sie auf die Kritik zum Beispiel von Bernd Loebe, dem Intendanten der Frankfurter Oper und Vorsitzenden der Opernkonferenz, dass eine mögliche neue Intendantin oder ein Intendant abgeschreckt werden könnten, weil sie einen
Kompetenzzuwachs des Generalmusikdirektors oder umgekehrt eine Beschneidung der eigenen Rechte befürchten müssten?
Die Kritik von Herr Loebe kann ich nicht nachvollziehen. Ich glaube, seine Analyse beruht auf einer mangelhaften Kenntnis der spezifischen Situation an der Oper Köln.
Wo sehen Sie die Oper Köln gegenwärtig, und wo muss sie hin?
Wir haben gezeigt, dass ein Interim ein kreativer Ort sein kann. Wir haben hier gemeinsam Besonderes geschaffen, und daran möchte ich auch in der Zukunft anknüpfen. Natürlich, wir sind ein internationales Haus, an dem die Kunst an erster Stelle stehen sollte. Und wenn Sie fragen, wohin die Oper gehen muss, dann betrifft das aktuell vor allem Corona. Hier finde ich, dass wir uns durch die Premieren von „Written on Skin“ und „Die tote Stadt“ im Internet in sehr guter Form präsentieren.
Nun geistert der Begriff der Generalintendanz herum – nach allem, was Sie gesagt haben, sind Sie kein Freund davon?
Das ist erst einmal eine Entscheidung der Stadt. Ich finde es keine gute Idee. Wir sind eine Stadt mit internationaler Ausstrahlung. Da braucht jedes Haus und jede Institution eine eigene Intendanz.