Lutz van der Horst und Fabian Köster arbeiten als Autoren und Außenreporter bei der ZDF-Nachrichtensatire „heute-show“.
Im Interview erzählen sie, dass ihre Arbeit eine Gratwanderung zwischen Humor und Information ist.
Herr van der Horst, Herr Köster, man kennt Sie aus der ZDF-Nachrichtensatire „heute-show“. Diesen Sommer sind Sie wieder im „heute-show spezial“ zu sehen. Wenn Sie Politiker wären, würden Sie mit der „heute-show“ reden?
Lutz van der Horst: Wir waren vor kurzem im Bundestag, da kamen zwei Podcaster auf uns zu, die wir auch kennen. Die haben uns genauso aus dem Hinterhalt überfallen, wie wir das bei Politikern machen. Wir dachten im ersten Moment: Was wollt ihr? Wie unangenehm. Bis uns dann irgendwann auffiel, wir machen ja genau das Gleiche. Da sind wir nachher nochmal hingegangen und haben denen O-Töne gegeben.
Zur Sendung
Die „heute-show“ ist eine von Oliver Welke moderierte Nachrichtensatire. Sie erscheint immer freitags ab 22.30 Uhr beim ZDF.
Lutz van der Horst und Fabian Köster arbeiten dabei als Autoren und sind als Außenreporter vor den Kameras zu sehen. Die Sendung, die seit 2009 ausgestrahlt wird, wurde unter anderem mit dem Grimme-Preis und dem Bambi ausgezeichnet.
Fabian Köster: Ich glaube, unser Ruf ist gar nicht so schlecht, wie viele denken. Ich zumindest habe das Gefühl, dass viele Politiker inzwischen, gerade auch durch die Spezials, gesehen haben, dass sie auch mal eine Minute zu Wort kommen bis zum nächsten Gag. Wir schneiden ja nicht knallhart alle Informationen weg. Wenn man Lust auf einen schönen Schlagabtausch hat, ist es nicht so, dass man bei der „heute-show“ nur verlieren kann.
Lutz van der Horst: Das ist oft eine Gratwanderung, es gibt ja auch die Situation, wo man Politiker wirklich mag. Dann muss man trotzdem kritische Fragen stellen. Einen netten Plausch will niemand sehen.
Fairness im Umgang mit Politikern
Im „heute-spezial“ über die CDU interviewen Sie auch Philipp Amthor. Der ist natürlich an sich schon speziell. Ist da die Gefahr nicht groß, ihn lächerlich zu machen? Es kann ja nicht darum gehen, Politiker vorzuführen, oder?
Lutz van der Horst: Es geht nicht darum, Leute fertig zu machen. Das wäre auch sehr dumm, denn wenn wir Leute vorführen, werden sie nicht mehr mit uns reden. Die „heute-show“ gibt es jetzt über zwölf Jahre, es wäre nicht klug, sein Pulver sozusagen einmalig zu verschießen, aber das ist auch nicht unser Anspruch.
Fabian Köster: Natürlich wollen wir Informationen unterhaltsamen präsentieren, und da überspitzt man auch. Da Humor subjektiv ist, geht dem einen oder anderen vielleicht mal zu weit, was andere noch lustig finden. Aber wir versuchen eigentlich immer diese Gratwanderung zu schaffen. Ich habe nicht das Gefühl, dass wir Politiker vorführen. Das ist auch deshalb nicht unser Anspruch, weil wir beide großen Respekt vor dem Beruf haben. Jeder Politiker ist zwar Berufspolitiker, aber hinter jedem Anfang einer Politiker-Karriere steht ja erstmal, sich für die Gesellschaft einzusetzen. Ich finde, das sollte man sich bewusst machen, bevor man sagt „Die da oben haben doch nichts Gutes vor“.
Köster über „heute-show" zu Politik gekommen
Aber Kritiker werfen der „heute-show“ vor, durch die Art, wie Politiker gezeigt werden, Ressentiments zu bedienen.
Lutz van der Horst: Ich glaube, Ressentiments haben gewisse Leute ohnehin. Es kommen auch viele junge Leute auf mich zu, und da rede ich über Zwölf- oder Dreizehnjährige, die sich durch uns für Politik interessieren. Das ist doch super.
Ein Format wie die „heute-show“ kann ein Türöffner sein, um sich intensiver mit Politik zu befassen?
Fabian Köster: Also bei mir war es genauso. Die „heute-show“ gibt es seit 2009, ich habe 2014 Abitur gemacht und habe während der Schulzeit schon „heute-show “ geguckt. Ich habe nicht gedacht „Die da oben...“, sondern mein Interesse für Politik wurde geweckt.
Lutz van der Horst: Türöffner finde ich ein gutes Stichwort. Wenn mir Leute sagen, ich gucke gar nicht mehr die Nachrichten, ich guck nur noch die „heute-show“, finde ich das auch nicht gut. Man muss sich natürlich neutral informieren. Und sich diese Themen dann satirisch aufbereitet anzugucken, ist doch eine gute Sache. Aber man sollte beides tun.
Van der Horst redet auch mit der AfD
Wie gelingt es Ihnen, Politiker gleich zu behandeln, auch wenn Sie manchen politisch näherstehen als anderen?
Fabian Köster: Es kommt natürlich darauf an, wir gehen ja nicht unvorbereitet in den Bundestag, sondern wir haben immer ein Thema, über das wir sprechen. Und dazu verhalten sich die Parteien. Wir versuchen, die Leute unvoreingenommen und hart anzugehen in der Sache.
Lutz van der Horst: Ich glaube erstmal an das Gute im Menschen. Ich bin naiv, ich rede auch mit der AfD.
Fabian Köster: Du bist wirklich naiv.
Aber das ist ja eine interessante Frage. Die AfD ist im Bundestag, man kann nicht so tun, als gäbe es Sie nicht. Aber wie viel Aufmerksamkeit soll man ihr schenken?
Lutz van der Horst: Das ist schwierig. Wir haben ja am Anfang relativ viel über die AfD gemacht. Das haben wir nachher tatsächlich ein bisschen eingeschränkt. Genau aus dem Grund, weil man sich fragen muss, ob man den Leuten dauerhaft so eine große Aufmerksamkeit schenken will.
Fabian Köster: Vor allem ist es ja auch so, dass unsere Gags funktionieren, weil alle eine gemeinsame Fakten-Grundlage haben. Wenn aber die eine Seite diese Faktengrundlage verlässt, bringt es auch nichts, Gags zu machen.
Berichte zu Corona-Demos frustrierend, aber wichtig
Bringt es dann überhaupt etwas, zu Coronaleugner-Demos zu gehen?
Fabian Köster: Der Erkenntnisgewinn bei Coronaleugner-Demos ist natürlich niedrig.
Lutz van der Horst: Es ist tatsächlich frustrierend, dass es da keine Erkenntnis gibt und trotzdem finde ich es wichtig, dass man solche Filme macht und darauf hinweist.
Fabian Köster: Und gleichzeitig ist diesen Beiträgen ein gewisser Unterhaltungswert nicht abzusprechen. Man guckt sich das mit einer Mischung aus Verzweiflung und Lachen an.
Lutz van der Horst: Und es ist leider gefährlicher geworden. Als wir angefangen haben, war ich auf allen möglichen Demos. Da gab es nie die Idee, dass es zu körperlichen Angriffen kommen könnte. Ich war mal auf einer Nazi-Demo in Meißen, wo ich im Nachhinein schon denke, dass das bescheuert war. Man würde heute, wenn man auf eine Querdenker-Demo oder auf eine rechte Demo geht etwas achtsamer sein. Die Stimmung ist insgesamt gewalttätiger geworden.
Wie hat sich Ihre Arbeit sonst noch verändert im Laufe der Jahre? Am Anfang dachten Politiker, Sie kämen von “heute“ oder einer anderenNachrichtensendung. Heute erkennt Sie doch vermutlich jeder. Laufen die dann eher weg oder versuchen Sie, vor Ihre Kamera zu kommen?
Lutz van der Horst: Es gibt das Lager, das hat Lust - und das merkt man auch. Die gehen teilweise auf uns zu. Und es gibt das Lager, wo man weiß, da besteht keine Chance, dass sie mit uns reden. Man hört immer wieder von WhatsApp-Gruppen, die im Bundestag vor uns warnen.
Fabian Köster: Aber ich glaube, das ist nicht fraktionsübergreifend.
Lutz van der Horst: Es wäre doch schön, wenn die Politiker zusammenrücken in der Angst vor uns. So kann die Gesellschaft wieder gekittet werden.
Die Comedy-Branche wird politischer, oder? Carolin Kebekus ist sehr politisch, Jan Böhmermann natürlich auch.
Lutz van der Horst: Ich glaube, dass Comedy definitiv politischer wird, weil einfach die Welt viel politischer ist. Als wir mit der “heute-show“ angefangen haben, gab es Momente, wo man nicht genau wusste, was man jetzt eigentlich macht oder welches Thema man auf dem Parteitag bespricht. Und heute weiß man gar nicht, wo man anfangen soll. Man kann ja überhaupt nicht mehr unpolitisch sein - oder man muss mit großen Scheuklappen durch die Welt gehen.
Zum Wert von Comedy und zu Köln
Was kann Comedy denn leisten in dieser Zeit? Oder geht es vor allem um Unterhaltung?
Lutz van der Horst: Man muss das Ganze satirisch aufbereiten, um damit überhaupt leben zu können. Ich finde es so schlimm, man wacht jeden Morgen auf, guckt aufs Handy und hofft, dass nicht wieder irgendeine Katastrophe passiert ist. Da finde ich es wichtig, dass es diese Formate gibt, dass man versucht, leichter an diese Themen ranzugehen, um zu verarbeiten, was da passiert.
Weichen die Grenzen zwischen Comedy und Kabarett auf?
Fabian Köster: Ich finde diese Aufteilungen total albern. Ich glaube, es ist eine deutsche Sache, das zuordnen zu müssen.
Lutz van der Horst: Kabarett ist ja nicht der klügere Humor, er bedient andere Felder, wo man vielleicht mehr Politikwissen haben muss, aber der Humor an sich, die Mechanismen, sind nicht klüger.
War es für Ihre Berufswahl hilfreich, dass Sie in Köln leben?
Lutz van der Horst: Das war auf jeden Fall großes Glück, dafür bin ich sehr dankbar. Ich weiß nicht, wie es gewesen wäre, wenn ich auf dem Dorf aufgewachsen wäre. Wobei man uns beiden zugutehalten muss, dass wir überhaupt keine Kontakte in die Medien hatten. Das berühmte Vitamin B gab es bei uns nicht. Es war ein steiniger Weg, da reinzukommen. Da muss man hart und konsequent bleiben, sonst schafft man es nicht.