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Kulturgut und Wirtschaftsfaktor

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Daniel Budimann (von links), Peter Smits und Florian Mundt moderierten die Wahlkampf-Arena, in der sich unter anderem Peter Tauber und Hubertus Heil stritten.

"Die Gamescom ist in diesem Jahr so politisch wie nie zuvor", ist eine der Botschaften zur weltgrößten Spielemesse, die seit Wochen von den Veranstaltern wiederholt wird. Ein Beispiel: Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnete am Dienstag erstmals die Veranstaltung und hatte Parteifreund und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet im Gepäck. Ein weiteres Beispiel: Die Wahlkampf-Arena, die am Mittwoch den Gamescom Congress eröffnete, der auch in diesem Jahr versuchte, die gesellschaftliche Dimension der Branche zu erfassen.

Die Generalsekretäre und Bundesgeschäftsführer von CDU, SPD, Linke, FDP und Grünen stritten im Konrad-Adenauer-Saal der Kölner Messe darum, wer denn nun die besseren Ideen für die Branche hat. Zwei herausragende Themen der Diskussion: die Förderung der deutschen Entwickler und die Integration des Leitmediums der Jugend in den Schulunterricht, für den die Bundespolitik ja gar nicht verantwortlich ist, was aber in Zeiten des Wahlkampfes nur eine kleine Rolle zu spielen scheint. Ebenso wie die Tatsache, dass Merkel und ihre Berliner Kollegen natürlich auch bereits in den vergangenen acht Jahren die Möglichkeit gehabt hätten, der Gamescom einen Besuch abzustatten, es aber nicht getan haben.

Parteiübergreifend war man sich nun einig: "Ja, Videospiele sind ein Kulturgut und ein Wirtschaftsfaktor", sagte etwa Peter Tauber (CDU). Hubertus Heil (SPD) ergänzte, Deutschland sei ein Riesenmarkt, "aber der Anteil deutscher Unternehmen in dem Bereich ist massiv steigerungsfähig." Michael Kellner für die Grünen und Nicola Beer für die FDP stimmten in die Forderungen Taubers und Heils nach mehr auf die Spielebranche zugeschnittenen Fördermöglichkeiten ein und stellten dabei neben kleinen Spiele-Entwicklern auch bereits erfolgreichen Firmen in Aussicht, ihre Produktionen künftig finanziell unterstützen zu wollen.

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Die Fördermodelle sollen dabei denen ähneln, wie sie in der deutschen Filmindustrie seit Jahren üblich sind, in der auch Til-Schweiger-Filme mit Erfolgsgarantie finanziell unterstützt werden. Die Linkspartei in Person von Matthias Höhn übte sich in Realpolitik: "Ich habe nichts dagegen, den einen oder anderen Blockbuster zu fördern, aber Fördermittel sind endlich." Der Schwerpunkt solle auf Start-Ups und jungen Kreativen liegen, die versuchen, einen Fuß in den Markt zu bekommen.

Michael Kellner störte sich an der Entscheidung, den Deutschen Computerspielpreis im Verkehrsministerium unter Alexander Dobrindt (CSU) anzusiedeln: Die Beauftragte für Kultur und Medien im Bundeskanzleramt solle sich um den Förderpreis kümmern.

In der Diskussion über digitale Bildung in der Schule forderte Matthias Höhn: "Wir brauchen einen Wechsel in der Philosophie: Es kann nicht automatisch wie früher heißen: Bücher raus." Die modernen Medien müssten ein ebenso selbstverständliches Unterrichtsmittel werden. Nicola Beer sagte, ein Schulfach "Games" mache nur dann Sinn, wenn es darum gehe, Programmiersprachen zu lernen, Algorithmen und deren Wirkungsweise kennenzulernen und zu verstehen: "Wir müssen Schülern zeigen, Spiele nicht nur als Verbraucher zu nutzen, sondern auch als Schaffende unterwegs zu sein."

Dass das nur funktionieren kann, wenn die Lehrenden an Schulen und Universitäten selber auf dem neuesten Stand digitalen Wissens sind, war allen klar. Peter Tauber stellte sogar alte Weisheiten in Frage: "Dass die Jungen von den Alten lernen, stimmt so nicht mehr. Die Alten können heute auch viel von den Jungen lernen." Eine konkrete Lösung für das Ausbildungs-Dilemma gab es von keinem der Diskutanten.

Pluspunkte sammelte Tauber immerhin, als er die Frage, ob E-Sports - Wettbewerbe in Computerspielen - zukünftig eine olympische Disziplin sein sollten, klar bejahte. Die Reaktion eines jugendlichen Zuhörers: "Geil!"