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Originalklangensemble in der PhilharmonieGewohnte Klänge neu erlebt

Lesezeit 3 Minuten
Olga Pashchenko

Die Pianistin Olga Pashchenko

Die Pianistin Olga Pashchenko und das Concerto Köln spürten in der Kölner Philharmonie dem Originalklang von Mendelssohn und Co. auf.

Barockmusik bekommt man heutzutage mehr oder weniger ausschließlich von Alte-Musik-Ensembles zu hören. In der Klassik und, mehr noch, im romantischen Repertoire konkurrieren die Originalklang-Formationen aber nach wie vor mit den sinfonischen Traditionsorchestern. Dem Zuhörer eröffnet sich damit eine willkommene Vergleichsmöglichkeit – er wird immer wieder, erfreut oder befremdet, feststellen, dass ein Schumann oder Mendelssohn im Originalklang anders tönt, als man es gewohnheitshalber im Ohr hat.

Aufführung mit historischer Orchesteraufstellung aus der Mitte des 19. Jahrhunderts

Beim jüngsten Konzert von Concerto Köln unter dem Dirigat des Briten Harry Ogg in der Philharmonie mit Musik der „Leipziger Wunderkinder“ (Clara und Robert Schumann, Fanny Hensel und Felix Mendelssohn Bartholdy) konnte man diese Erfahrung sehr intensiv machen. Bereits die historische Orchesteraufstellung aus der Mitte des 19. Jahrhunderts mit ersten Violinen rechts vom Dirigenten sowie Bratschen, Celli und Kontrabässen in einem Rechts/Mitte-Block verändert den Grundsound: Die dunklen Register kommen stärker heraus, als man es kennt.

Wer, andererseits, den registerverschmelzenden Mischklang für typisch romantisch hält, wurde im Fall von Mendelssohns Hebriden-Ouvertüre und seiner „Italienischen Sinfonie“ am Schluss eines Besseren belehrt. Den Streicherstimmen etwa wuchs hier jeweils eine Schärfe und Deutlichkeit des Figurativen zu, die man vielleicht nicht für möglich gehalten hätte. Und im Tarantella-Finale warteten dazu die Holzbläser mit einer bestechenden Solistenbrillanz auf. Der Eindruck des Knackigen, gut Belüfteten, Temperamentvollen, Beweglichen ging indes nicht nur auf das Konto der guten Spielleistung, sondern auch des dirigentischen Inputs: Ogg ist halt eine hochenergetisch-inspirierende Kraftquelle, die Gefahr von Spannungsabfall oder Langeweile lässt er keinen Augenblick lang aufkommen.

Dirigent Harry Ogg als hochenergetisch-inspirierende Kraftquelle

Historisch inspiriert war auch die Anlage des Programms: Seinerzeit war es in den Leipziger Gewandhauskonzerten üblich, zwischen kompletten Werken auch – heute wäre das nahezu ein Sakrileg – Rumpfversionen, Auszüge aus größeren Satzzyklen, zu spielen. Dieses Schicksal ereilte jetzt Kammermusik beider Schumanns und Fanny Hensels mit einem auch interpretatorisch nicht übermäßig eindrucksvollen Ergebnis sowie Chopins erstes Klavierkonzert, aus dem nur der letzte Satz erklang. Schade, von der Solistin Olga Pashchenko an einem Érard-Flügel von 1837 hätte man gern das komplette Werk gehört. Sie handhabt das Instrument, das bei weitem nicht so durchsetzungsfähig wie ein moderner Flügel, dafür aber außerordentlich klangfarben- und obertonreich ist, mit einer souverän-gewinnenden Noblesse des Anschlags und Appeals. Diese Tugenden ließ sie auch im Fall eines unvollendeten (von fremder Hand vervollständigten) Konzertsatzes von Clara Schumann walten, der allerdings musikalisch einen vergleichsweise blassen Eindruck machte.

Insgesamt eine allemal interessante, abwechslungsreiche und musikgeschichtlich informative Agenda, der Concerto Köln mit dem als Zugabe drastisch herausgespielten Rüpeltanz aus Mendelssohns „Sommernachtstraum“-Musik noch ein veritables Krönchen aufsetzte.