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Sprungbrett ins KünstlerlebenWer die Förderstipendien der Stadt Köln bekommt

Lesezeit 3 Minuten

Henriette Reker mit den Stipendiaten

„Warum ist ein Baumarkt systemrelevant und eine Buchhandlung nicht? Wer entscheidet das?“ Oberbürgermeisterin Henriette Reker griff mit dieser Frage eine Steilvorlage auf, die ihr die Jazzsaxofonistin Theresia Philipp gegeben hatte. Die aktuelle Preisträgerin des Horst und Gretl Will-Stipendiums für Jazz und Improvisierte Musik hatte zuvor in ihrer Dankesrede die Musik ins Verhältnis zu Politik, Gesundheitssystem und Wirtschaft gesetzt. Sie sei ein „Seelenraum für alle Menschen, der zu verbinden vermag, statt zu spalten, und deswegen wichtig für die Gesellschaft ist“. Die vielseitige Musikerin ist eine feste Größe der deutschen und Kölner Jazzszene. Jetzt erhielt sie eines der fünf Förderstipendien der Stadt.

Ausgezeichnet werden jährlich fünf herausragende Nachwuchstalente in den Sparten Bildende Kunst, Medienkunst, Literatur, Musik und Jazz. Die Fachjurys hatten diesmal aus 149 Bewerbungen auszuwählen (78 von Frauen, 71 von Männern). Die mit insgesamt zwölftausend Euro dotierten Preise bezeichnete Oberbürgermeisterin Reker als „Anerkennung für bereits Geleistetes und Sprungbrett zu erfolgreichen künstlerischen Karieren“.

In die langen Reihen namhafter Künstlerinnen und Künstler gestellt zu werden, die früher dieselben Stipendien erhalten hatten, könne ein „Erfolgskatapult“ sein. Die fünf Ausgewählten des Jahres 2020 wurden bei einer gut besuchten Feier im Rathaus in kurzen Videos und Laudatien von Jurymitgliedern vorgestellt, erhielten Urkunden, trugen sich ins Gästebuch der Stadt ein und dankten mit kleinen Ansprachen.

Alles zum Thema Henriette Reker

Kamala Dubrovnik macht dem Namensgeber des Rolf-Dieter-Brinkmann-Stipendiums für Literatur alle Ehre. Die 1992 in Münster geborene Autorin persifliert in fiktiven Memoiren männliche Künstlertypen verschiedener Jahrhunderte. Das angst- und schamlos erzählende „Ich“ ihres Debütromans „Kunst hat mein Leben zerstört“ (Arbeitstitel) behauptet unter anderem von sich: „Ich habe Homer lektoriert, Dürer ein egozentrisches Arschloch genannt.“ Die politisch-feministische Schriftstellerin zeigte sich erstaunt und dankbar über ihre Auszeichnung. Live zu erleben ist sie am 29. September bei einer Lesung im Rathaus. Informationen zu allen Preisträgerkonzerten und Ausstellungen finden sich im „Veranstaltungskalender“ auf www.stadt-koeln.de.

Das Chargesheimer-Stipendium für Medienkunst erhielt Deren Ercenk. Die 1989 in Köln geborene deutsch-türkische Absolventin der Kunsthochschule für Medien thematisiert in Filmen, Videoinstallationen und Performances Situationen, bei denen Personen wegen verinnerlichter Geschlechter- und Rollenbilder in ohnmächtiges Gelähmt- und Überfordertsein geraten. Wie alle Preisträgerinnen dankte sie für die finanzielle Unterstützung und die ebenso wichtige Resonanz auf ihre Arbeit und die Ermutigung seitens Fachjury, Kulturamt der Stadt und Oberbürgermeisterin.

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Komponist Manos Tsangaris beschrieb die Musik der 1988 in Sankt Petersburg geborenen Dariya Maminova als „feine, kleine, freundliche Einladung, die uns, wenn wir ihr folgen, mit grundsätzlichen, bisweilen sogar monumentalen Erlebnissen beglücken kann.“ Die Bernd-Alois-Zimmermann-Stipendiatin thematisiert in ihren Stücken das essenzielle Phänomen Zeit, das sich durch Beschleunigungen, Überangebote, Medien, Informationsflut verändert.

Eine andere Zeitlichkeit des Arbeitens entdeckte der Bildende Künstler Camillo Grewe für sich im Häkeln. Er erhielt das Friedrich-Vordemberge-Stipendium für Skulpturen und Zeichnungen, deren Gesichter den Eindruck erwecken, als würden sie über sich selbst als Produkte des Künstlers nachdenken. So geben die Objekte Anstoß zu dem, was von aller Kunst ausgeht: Selbstreflexion.