Der Stifterrat des Wallraf-Richartz-Museums lud am Montag zu Debatte über die Zukunft der Museen. In Köln scheint diese golden zu sein, und auch andernorts stehen dramatische Veränderungen an.
Symposium zur Zukunft der MuseenReker denkt Köln groß, und mit dem Wallraf geht es voran
Beim ersten Kölner Symposium zur „Zukunft der Museen“ hatte die ungewisse Zukunft des Wallraf-Erweiterungsbaus die Stimmung noch merklich getrübt. Sechs Monate später war Peter Jungen, Vorsitzender des veranstaltenden Wallraf-Stifterrats, deutlich milder gestimmt. „Ich werde Sie loben müssen“, warnte er Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker und hielt tatsächlich Wort: „In ihrer Amtszeit“, so Jungen, „ist Bewegung in den Erweiterungsbau gekommen“ – das dürfte auch die anwesende Stifterin Marisol Corboud gerne gehört haben.
Und die guten Nachrichten hörten nicht auf: Jungen verkündete, dass der lange geforderte Projektmanager für den Erweiterungsbau gefunden sei -es handelt sich um Jürgen M. Volm - und dieser seine Arbeit bereits begonnen habe. Außerdem könne die weitgehend privat finanzierte Restaurierung der Bibliothek von Ferdinand Franz Wallraf in diesem Jahr und damit rechtzeitig zum 200. Todestag des 1824 verstorbenen Museumsgründers abgeschlossen werden.
Ähnlich beschwingt begrüßte Henriette Reker am Montagabend das Publikum im Stiftersaal des Kölner Wallraf-Richartz-Museums. Sie lud die Anwesenden ein, sich ins Jahr 2030 zu träumen, also in eine Zeit, in der die Stadt zum „Sprung auf eine neue kulturelle Höhe“ ansetze. „Ich möchte Köln groß denken“, so Reker, auf „europäischem Spitzenniveau“, eine Vision, die mit der bis 2030 fertiggestellten Historischen Mitte und der Via Culturalis Wirklichkeit werden soll. Neben dieser räumlichen Vernetzung der Museen plant Reker auch mit Synergien auf der Verwaltungsebene. „Aus den hervorragenden Solisten der städtischen Museen soll ein Klangkörper werden mit unverwechselbarem Kölner Sound.“
Momentan knirscht es im Bauklangkörper der städtischen Museen noch gewaltig, aber Zukunftsmusik tönte in Köln schon immer süßer als andernorts. Aus Dresden war Marion Ackermann, Direktorin der Staatlichen Kunstsammlungen, angereist, um ihre Konzepte für ein Museum mit Zukunft zu skizzieren. Im Idealfall, so Ackermann, kümmere sich dieses intensiv um die jüngsten und die ältesten Besucher (etwa mit einer „Kinderbiennale“, Mitmach-Aktionen oder einem frei zugänglichen Kulturzentrum) und es nehme die eigene „regionale Verortung“ ernst.
In Dresden spiele die Ost-West-Thematik weiterhin eine zentrale Rolle, zudem versucht Ackermann, mit Ausstellungen und Ankäufen die kulturellen Welten Osteuropas zu erschließen. Den wachsenden Anteil der migrantischen Bevölkerung anzusprechen, sei ebenfalls eine entscheidende Zukunftsfrage. In diesem Jahr plant Ackermann daher mehrere Ausstellungen zum Jubiläum der türkischen Republik.
Die alten Sammlungskonzepte würden durch ein „globalisiertes“ Publikum radikal infrage gestellt
Auch für Klaus Albrecht Schröder, Generaldirektor der Wiener Albertina, ist die Diversifizierung der Museen ein entscheidender Faktor für deren Zukunftsfähigkeit. Derzeit, so Schröder, erlebe man einen „Epochenwechsel“, die alten, europäisch und christlich geprägten Sammlungskonzepte würden durch ein „globalisiertes“ Publikum radikal infrage gestellt. „Wir stehen vor einer Umwertung unserer Sammlungen“, prophezeite er. Museen seien zwar Überlebenskünstler, müssten auf den Wandel der Besucherstruktur aber viel stärker reagieren.
In Wien hat Schröder diese Diversifizierung erfolgreich eingeleitet. Aus der maroden Graphischen Sammlung wurde dank privater Stiftungen ein Publikumsmagnet, den Schröder zusehends mit zeitgenössischen Werken anderer Kunstgattungen sowie Arbeiten aus bislang „übersehenen“ Gemeinschaften und Weltgegenden bestückt. Manches könne man zudem aus guten Gründen nicht mehr zeigen, so Schröder, etwa die „missbräuchlichen“ Mädchenakte eines Egon Schiele. Wie sehr sich die Zeiten gewandelt haben, zeigte sich, als der Albertina-Direktor die von ihm vorgenommene Umbenennung eines Werks von Georg Baselitz verteidigte und das gestrichene N-Wort im Titel gleich mehrfach aussprach – nicht wenige im Saal dürften darüber erschrocken gewesen sein.
Zu diesem Zeitpunkt war die Veranstaltung bereits in den Gesprächsteil übergegangen, der im zweiten Akt von NRW-Kulturministerin Ina Brandes moderiert wurde. Bei dieser Gelegenheit berichtete Brandes, dass die nicht ganz unumstrittene Reise mehrerer Museumsdirektoren nach New York auf eine Anregung des ersten Kölner Symposiums zurückgegangen sei. Man habe von den New Yorker Angeboten an Minderheiten lernen wollen, so die Ministerin, denn Deutschland sei ein Einwanderungsland und die Kultur müsse ein Motor der Integration werden.
Stefan Charles, Kölns Kulturdezernent, blieb es zum Abschluss vorbehalten, die Fragen des Publikums zu moderieren. Woran man wieder einmal sah: Dem Lockruf des Stifterrats können wenige widerstehen.